Le fils de l'épicier
Christina Ruloff - Ein kurzer Hauch von französischer Wohlfühlidylle und viele präzise Beobachtungen. Eric Guirado öffnet einem die französische Campagne und nimmt sich Zeit für Mensch und Landschaften.Die Geschichte, sie ist eine alte und lieb gewonnene Bekannte des Kinos. Sie erzählt von e...
Die Geschichte, sie ist eine alte und lieb gewonnene Bekannte des Kinos. Sie erzählt von einem erfolglosen jungen Taugenichts, der unverhofft und gegen seinen Willen von den Umständen, dem Schicksal in die ungeliebte Heimat zurückgetrieben wird und dort seine Berufung und die Liebe findet. Dazwischen liegen natürlich verschiedene innere wie äussere Konflikte: der Kampf gegen den Vater, die Läuterung durch eine Frau, das Ringen um die gesellschaftliche Akzeptanz und so weiter.
Das ist er, mit seinem Wagen in der Landschaft, und merkt plötzlich, dass er eigentlich hierher gehört.
Was Le fils de l'épicier von dem üblichen Wohlfühlkitsch erfrischend wie überraschend abhebt, ist der Fokus des Regisseurs Eric Guirado. Er interessiert sich weniger für seine Hauptfigur Antoine (ein reichlich unsympathischer und schrecklich unsicherer Kotzbrocken, für den man sich nur mit Mühe erwärmen kann), als für das Milieu, in das er zurückkehrt: Es ist das, was unsereiner, der welterfahrene und mehrbessere Städter, etwas verächtlich mit „Pampa“ umschreibt. Es sind abgelegene winzige Bergdörfer, kleine Weiler, die nur aus ein, zwei Gehöften bestehen, in denen vorwiegend alte, verlassene Menschen leben; Persönlichkeiten, die einmal stark waren, jetzt aber hilflos von den äusseren Umständen, abhängig sind – unter anderem eben von dem Verkaufswägelchen, das Antoine mürrisch und wortkarg durch die Gegend kutschiert. Es sind die respektvollen, scharf gezeichneten Porträts dieser Menschen, die der Regisseur nach seinen Erfahrungen skizziert und geschaffen hat (stammt er doch vom französischen Land), die Le fils de l'épicier Konturen und ein Profil geben, gerade weil sie unspektakulär echt daherkommen. Bedrückend wahr ist ebenfalls das sorgfältig geschilderte Familienleben: Wie Antoines Vater seine Familie wortkarg terrorisiert, und die Familie, erwachsene Männer und Frauen, dieses Verhalten hinnimmt, weil es ja nie anders war und man sich gar nichts anderes mehr vorstellen kann, ist gerade in der Alltäglichkeit beeindruckend.
Handlung und Liebesgeschichte sind Durchschnittsware, die von den sehr soliden Schauspielern (Nicolas Cazalé als Antoine, Clotilde Hesme als starke Frau und vor allem Daniel Duval als Inbegriff einer Vaterfigur) getragen werden. Der Film hat mit 96 Minuten eindeutig Längen; er macht alle Mankos aber durch die schön altmodisch sorgfältige und liebevolle Herangehensweise an Mensch und Landschaft mehr als wett.
Der Vater (Daniel Duval) ist ein Ekel, aber eigentlich auch nur ein Mensch, und Antointe (Nicolas Cazalé) lernt, mit ihm umzugehen.
Bewertung: 3.5 von 5
- Originaltitel: Le fils de l'épicier
- Land: F
- Genre: Drama
- Dauer: 96 Minuten
- Regie: Eric Guirado
- Darsteller: Nicolas Cazalé, Clotilde Hesme, Daniel Duval
- Verleih: Xenix
- Kinostart: 25.10.2007