DVD der Woche: Hände weg von Mississippi
Christina Ruloff - Ein Sommer auf dem Land! Erdbeeren futtern, die Polizei veräppeln und erst noch ein Pferd vor einem gemeinen Erbschleicher retten. Detlev Bucks liebevoll irrer Kinderfilm ist ein zweistündiger Urlaub in der heilen Welt! Endlich Sommerferien! Die hypernervöse Mutter und ihren g...
Endlich Sommerferien! Die hypernervöse Mutter und ihren greisen neuen Freund hat Emma (aufgeweckt und schön selbstbewusst: Zoë Charlotte Mannhardt) am Busbahnhof abgegeben und gegen die wohlverdienten Ferien bei Oma auf dem Lande eingetauscht. Der grossen Freude tun auch zwei zickige Zwillinge im Bus („Willste uns n’Gespräch aufzwingen?“) keinen Abbruch. In Mecklenburg-Vorpommern, wo sich Hund und Katz gut Nacht sagen und jeder jeden kennt und schätzt, hat sich auch nichts verändert, fast nichts: Der alte Klipperbusch, ein skurriler und tierlieber Südstaatenfan ist verstorben! Sein Neffe, der arrogante, mit Pomade beschmierte Kinderhasser Albert Gansmann (Christoph Maria Herbst immer in Anzug und Krokodilschuhen) ist schon dabei, sich das Erbe unter den Nagel zu reissen. Als erstes will er die Stute Mississippi loswerden, und engagiert hierzu die Schlachterei „Ruck Zuck“. Emma, ihr bester Freund Leo (dünn, etwas naiv aber gar nicht auf den Kopf gefallen: Karl Alexander Seidel) und dessen grosser Bruder Max kriegen Wind von der Sache und überreden Oma (schusselig und patent: Katharina Thalbach) rechtzeitig das Pferd zu kaufen. Von jetzt an kümmert sich Emma die Stute... bis Gansman aus unerfindlichen Gründen wieder vor der Tür steht und das Pferd um jeden Preis zurückhaben will. Da hilft auch Emmas energisches „Hände weg von Mississippi!“ nichts. Aber schliesslich spannt das ganze Dorf zusammen, um den schnöseligen Städter zum Teufel zu jagen und damit die drohende Globalisierung (Gansmann plant einen Supermarkt zu eröffnen!) noch ein paar Jahre aufzuhalten.
"Ihnen würde ich das Pferde auch nicht für eine Million verkaufen!" - "Rotznase, Du freche Göre Du!"
Detlev Buck (Knallhart) verfilmt Cornelia Funkes Kinderbuch Hände weg von Mississippi und das macht einfach Spass! Dabei ist es weniger die reichlich irre, für Kinderbücher aber nicht ungewöhnliche Story, die den Zuschauer mitreisst, als die vielen wunderschönen und absurden Episoden, die den Film ausmachen: Wenn die Kinder mit einem Schlagrahm-Spray im Erdbeerfeld liegen und verbotenerweise Erdbeeren futtern, sich wegen dem Dorfpolizisten (köstlich von Buck selbst verkörpert!) ducken, und dann aber kräftig empört sind, wenn dieser selbst Erdbeeren frisst, ist das herrlich. Gleiches gilt für das Schweine-Rodeo, die Klassik lauschenden Hunde, das Dorffest in Asterix- und Obelixmanier und natürlich das Kaffeekränzchen mit Oma und ihren Freundinnen, die nach einem Schnäpschen Lebensweisheiten noch und noch von sich geben: „Je früher man mit dem Kaffe anfängt, umso schneller gewöhnt man sich daran“, oder „Männer sterben früher und das ist gut so“ heisst es da. Und der Mann in der Runde, der tierliebe Tierarzt finde das „supi“.
Der durchschnittliche Zuschauer hat nie einen solchen Urlaub gekannt (Buck behauptet vieles in seiner Kindheit tatsächlich erlebt zu haben!) und schon gar nicht war die Kindheit ein einziger Kinderbuchtraum; aber ein zweistündiges Schwelgen in der heilen Welt, wo alles gut und irrwitzig ausgeht und coole Mädchen zu ihrem Recht kommen, tut der geplagten Städterseele gut, so gut, dass man durchaus auch ohne Alibikinder hingehen sollte. Denn auch uns hat Polizist mal angenörgelt, wir sollen „n’Licht ans Fahrrad machen“, nur haben wir es ihm wahrscheinlich nicht heimzahlen können und sind auch nicht in den Sonnenuntergang geritten.
Detlev Buck hat sich als depper Dorfpolizist eine schöne Rolle ausgesucht!
Bewertung: 4 von 5
- Originaltitel: Hände weg von Mississippi
- Land: D
- Genre: Kinderfilm
- Dauer: 98 Minuten
- Regie: Detlev Buck
- Darsteller: Zoë Charlotte Mannhardt, Katharina Thalbach, Christoph Maria Herbst, Hans Löw, Milan Peschel, Karl Alexander Seidel