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7. April 2010, 00:00 Movie

Io sono l’amore

Gregor Schenker - Die Recchis, ansässig in Mailand, haben sich dank ihrer Fabriken zu einer stinkreichen grossbürgerlichen Familie gemausert. Während eines Geburtstagsfestes verkündet Grossvater Recchi (Gabriele Ferzetti), dass er die Führung der Geschäfte endlich an seinen Sohn Tancredi (Pi...

Die Recchis, ansässig in Mailand, haben sich dank ihrer Fabriken zu einer stinkreichen grossbürgerlichen Familie gemausert. Während eines Geburtstagsfestes verkündet Grossvater Recchi (Gabriele Ferzetti), dass er die Führung der Geschäfte endlich an seinen Sohn Tancredi (Pippo Delbono) übergibt – und an seinen Enkel Edoardo (Flavio Parenti). Letzterer ist aufgrund seiner Jugend durchaus noch idealistisch veranlagt, kann aber nicht verhindern, dass der Familienbetrieb an einen englischen Konzern verkauft wird. Stattdessen wendet er sich dem Restaurant zu, das er zusammen mit seinem Kumpel Antonio (Edoardo Gabbriellini), einem Koch aus einfachen Verhältnissen, in einer abgelegenen, aber wunderschönen Gegend eröffnen will.
In eben diesen Koch verliebt sich dann Emma Recchi (Tilda Swinton), die russischstämmige Mutter von Edoardo und Ehefrau von Tancredi. Selbst eine leidenschaftliche Köchin, beginnt sie eine Affäre. Als Edoardo den beiden auf die Schliche kommt, endet das in einer Katastrophe…

Der italienische Regisseur, Drehbuchautor und Produzent Luca Guadagnnino besetzte Tilda Swinton (Orlando, The Chronicles of Narnia) bereits in seinem Spielfilm-Debüt The Protagonists. Jetzt, zehn Jahre später, übernimmt sie die Hauptrolle in seinem neusten Werk als alternde Frau, deren Beziehung zu ihrem Mann eingeschlafen ist und deren Kinder ihr eigenes Leben führen – Antonio jedoch ermöglicht ihr den Ausbruch aus dem grossbürgerlichen Korsett. (Lustigerweise ist sie zu Anfang wie eine unauffällige italienische reiche Ehefrau zurechtgemacht, so dass man sie kaum erkennt, verwandelt sich im Film aber immer mehr zu der Swinton, wie man sie gewohnt ist.)

Guadagnnino zieht den Film als Melodrama nach klassischem Muster auf (bereits der Vorspann ist sympathisch altmodisch gestaltet), packt aber zuviel hinein: Mit Emmas Affäre einerseits und Edoardos desillusionierendem Eintritt in die Geschäftswelt andererseits gibt es zwei Storybögen, die sich gegenseitig ins Zeug flicken (kommt noch der Nebenschauplatz um die lesbische Tochter Emmas hinzu). Nämlich dahingehend, dass weder der eine noch der andere richtig ausgearbeitet wird und das Ergebnis ziemlich oberflächlich bleibt, grade auch, was die Charaktere angeht – grosse Gefühle können sich schwerlich einstellen, wenn einem die Protagonisten nicht nahe gebracht werden (das gilt auch für Swintons Rolle). Der Film wirkt schliesslich mehr wie eine lahme Ansammlung von Klichees, als dass er zu Tränen rühren würde. Und wenn „Io sono l’amore“ dann auf der Zielgerade eine denkbar alberne Wendung nimmt, ist endgültig nichts mehr zu retten.

Schade, denn die Inszenierung ist bemerkenswert, zum einen dank ihrer Detailversessenheit (viele Grossaufnahmen), welche das Geschehen richtiggehend greifbar machen. Zum anderen dank der ausgeklügelten Ausstattung, welche die luxuriös eingerichtete, aber starre grossbürgerliche Welt in Kontrast setzt mit der einfachen, aber vor Leben strotzenden Natur um das Anwesen von Antonios Familie. Und dann gibt’s noch Mailand, London oder San Remo, die ein paar wirklich herrliche Drehorte abgeben. Allerdings fordert das äusserst gemächliche Erzähltempo einiges an Geduld.

Fazit: Ein schön abgefilmtes und visuell beeindruckendes, aber oberflächliches und zähes Melodrama, das nicht mitreissen kann. Das hat man nun davon, dass man sich einen Film ansieht, bloss weil Tilda Swinton mitspielt…


Bewertung: 2.5 von 5


  • Titel: Io sono l’amore
  • Land: Italien
  • Regie: Luca Guadagnino
  • Darsteller: Tilda Swinton, Flavio Parenti, Edoardo Gabbriellini
  • Verleih: Pathé Films
  • Start: 8. April 2010
Fotos von Pathé Films
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