City Walls
Christina Ruloff - Afsar Sonia Shafieerzählt die Geschichte ihrer persischen Familie. Die intime Dokumentation dreier Frauenschicksale gibt einen schonungslosen Einblick in die islamische Gesellschaft im Iran. Moderne Frauen im Iran: Mit Schleier und SonnenbrilleDie Dokumentarfilmerin Afsar Sonia ...
Moderne Frauen im Iran: Mit Schleier und Sonnenbrille
Die Dokumentarfilmerin Afsar Sonia Shafie kehrt nach fünf Jahren Studium in der Schweiz nach Teheran zurück. Sie will nicht nur endlich ihre Familie wieder sehen, sondern einen Dokumentarfilm über ihre Familie drehen, zusammen mit ihrem schweizerischen Ehemann und Kameramann Martin Frei. City Walls ist die Essenz dieser langen und schmerzhaften Reise in die Familiengeschichte und die eigene Vergangenheit.
Afsar Sonia Shafie geht chronologisch vor. Ihre Grossmutter erzählt, dass sie noch in ihrer Kindheit mit einem Mann verheiratet wurde, der sich als versoffen, opiumsüchtig und eher gewalttätig herausstellte. Um ihre gemeinsamen Kinder zu ernähren und aus dieser unglaublichen Armut und Obdachlosigkeit zu kommen, leistete diese Frau Unsägliches. Ihre Tochter ereilte ein ähnliches Schicksal, nur liess sich diese scheiden und wurde von der Familie trotz Obdachlosigkeit und zweier Kinder mehr oder weniger verstossen. Die grenzenlose Unterstützung ihrer Mutter und die iranische Revolution ermöglichten Afsar Sonia Shafies ein Studium. Auch sie wurde aber in ihrer ersten Ehe unglücklich und konnte sich nur nach vielen ermüdenden und demütigenden Gängen vors Gericht scheiden lassen.
Die Grossmutter
City Walls ist ein schwieriger Film. Wenn die Grossmutter von Vergewaltigungen durch ihren Ehemann erzählt, dieser fröhlich neben ihr sitzt, und die Geschichten spasseshalber abstreitet, dann fühlt man sich mehr als nur unbehaglich. Gehören solche Familietragödien ins Kino? Was soll man dazu sagen? Da hilft es wenig, dass die Grossmutter ihrem Mann demütigt, indem sie erklärt: „Du musst dich nicht schämen, die Ausländer verstehen kein Persisch!“, wo wir doch alles untertitelt haben.
Vor allem stellt sich auch die Frage nach der Botschaft, die die Regisseurin Afsar Sonia Shafies uns mitgeben will. Sie versucht uns zu zeigen, dass „die Frauen bei den Shafies – trotz Schleier – die Hosen anhaben.“ Natürlich gibt es irre witzige Szenen, so wenn die Frauen miteinander auf den Friedhof gehen und sich über Männer lustig machen oder zu Hause eine Party feiern. Aber das macht nicht die ständigen, selbstverständlichen Demütigungen wett, die die Frauen erleiden. Verdächtigerweise kommen auch kaum je Männer zu Wort.
Es scheint, dass gerade mal ein (kleiner) Teil der Gesellschaft die Missstände anprangert, der andere Teil jedoch nicht allzu viel gegen die vorherrschende Norm hat. Die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen werden denn auch ausgeklammert und man fragt sich, wie repräsentativ die Shafies sind.
City Walls ist ein eindrücklicher Film, er wird jedoch weder Vorurteile abbauen noch das Bild über die islamische Gesellschaft verbessern.
Bewertung: 3 von 5
Titel: City Walls – My own private Tehran
Land: Schweiz
Genre: Dokumentarfilm
Dauer: 92 Minuten
Regie: Afsar Sonia Shafie
Darsteller: Afsar Sonia Shafie, Sona Shafie, Shohre Shafie, Saeed Shafie, Hossein Shafie, Heydar Ali Shafie
Verleih: Frenetic Films
Kinostart: 1.3.2007