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9. November 2007, 22:20 Music Kultur

Review: Biologie der Angst @ Schiffbau

Robert Salzer - Schorsch Kamerun therapiert das Publikum: „Wir alle brauchen einen Arzt“ heisst es in seiner Uraufführung Biologie der Angst.Links ein kleines Big-Brother-Kamerahäuschen mit verspiegeltem Glas, rechts ein hoher Wachturm und in der Mitte ein Meer aus grünen Bällen, die man...

Schorsch Kamerun therapiert das Publikum: „Wir alle brauchen einen Arzt“ heisst es in seiner Uraufführung Biologie der Angst.

Links ein kleines Big-Brother-Kamerahäuschen mit verspiegeltem Glas, rechts ein hoher Wachturm und in der Mitte ein Meer aus grünen Bällen, die man das letzte Mal im Kinderparadies gesehen hat. Inmitten der Bälle eine Insel und ein Vogelnest, verbunden durch mehrere Pflöcke. So ist die Anordnung der zweistündigen Therapie in der kleinen Schiffbauhalle.

Alles beginnt mit einer Massenhypnose: „Denken Sie an ein Ziel, das sie gerne realisieren möchten. Wenn es ihnen schwer fällt sich zu konzentrieren, weil Sie sich in einer Theatervorführung befinden, schliessen Sie bitte die Augen.“ Fabian Hinrichs spielt hervorragend einen Angsttherapeuten, der schon zu Beginn klarmacht, wer der Patient ist: das Publikum. Es folgen viele Einzelszenen zum Thema Angst ohne sichtbaren Zusammenhang. So berichten vier reale Angstpatienten viel zu kurz über ihre Therapie und die Selbsthilfegruppe im Internet. Anhand von André Meyer wird die Evolution der Angst vom Käfer bis zum Primaten erläutert. Ein anderer Patient, gespielt von Michael Ransburg, rappt von Entscheidungsproblemen im Supermarkt. Immer hektischer wird das Treiben auf der Bühne, leider aber auch immer unverständlicher die Aussagen der Akteure, die irgendwann einmal nichts mehr mit dem eigentlichen Thema zu tun haben. Dies ist schade, gäbe doch der Titel des Theaters noch einiges mehr her. Der Abend gipfelt darin, dass sich der Therapeut mit Ketchup, Nutella und Eiern einsaut, um dann durch das Publikum zu laufen. Zum einzigen Mal diesen Abend kommt hier beim Besucher selbst Angst auf, nämlich jene, sich vom beschmierten und tropfenden Schauspieler die eigenen Kleider ruinieren zu lassen.

Technisch gesehen ist Kameruns Uraufführung brillant. Das Bühnenbild von Constanze Kümmel passt genau zum Abend. Ausserdem erlauben verschiedene Kameras auf der Bühne und diverse Projektionen dem Zuschauer, die Vorstellung aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten.

Ein vergnüglicher Abend, der fulminant beginnt und sich dann leider totläuft. Auf jeden Fall unterhaltsamer und vor allem billiger als ein Besuch beim Psychiater.

Photos: Copyright Leonard Zubler, CH-8053 Zürich
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