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17. November 2007, 15:21 Interview Music

Interview: Die Fantastischen Vier

Dominik Mösching - {de}Letzten Mittwoch, 14. November haben die Fantastischen Vier auf ihrer „Fornika für alle“-Tour in Zürich Halt gemacht. Die Hip-Hop-Pioniere begeisterten die Fans im Hallenstadion mit zwei Stunden Hits, vollem Einsatz und einer visuell atemberaubenden Show. Students.ch ha...

{de}Letzten Mittwoch, 14. November haben die Fantastischen Vier auf ihrer „Fornika für alle“-Tour in Zürich Halt gemacht. Die Hip-Hop-Pioniere begeisterten die Fans im Hallenstadion mit zwei Stunden Hits, vollem Einsatz und einer visuell atemberaubenden Show. Students.ch hatte die Gelegenheit, vor dem Konzert mit Thomas D. und And.Ypsilon über Anfangsschwierigkeiten beim Songschreiben und das, was einen guten Hit ausmacht, zu sprechen.

Students.ch: Zürich ist eure zweite Station auf der grossen Hallentour. Gestern war der Startschuss in Kempten – wie wars?

Thomas D.: Gestern war gut! Wir haben allerdings noch in einer etwas kleineren Halle gespielt. Da fehlten ein paar Effekte, denn die Show ist schon für grosse Locations konzipiert. Wir haben uns für diese Tour wahnsinnige Sachen einfallen lassen. Andy hat eine Art soundgesteuerte Grafik entwickelt, bei der die Bilder, die Effekte und die ganze Darstellung von der Musik oder von Teilen davon – Basedrum, Snare, Gesang – angetriggert werden. Das wirkt dann natürlich viel synchroner, als wenn einer steuernd am Lichtpult sitzt und versuchen würde, auf das Geschehen auf der Bühne zu reagieren. Das gab es so, wie es Andy programmiert hat, noch nie. Weltweit.

And.Ypsilon: Vermutlich. Weiss man natürlich nie genau, denn das Rad wird immer mehrfach erfunden...

Thomas D.: Na, auf jeden Fall hat dieser Mann hier in den letzten Wochen wahnsinnig daran gearbeitet. Währenddessen ging es natürlich auch darum, welche der neuen Lieder mitkommen, alte Lieder auszugraben, die wir schon lange nicht mehr gespielt haben und so weiter. Gestern hatten wir vier Stunden Soundcheck und Durchlaufprobe, und nachdem das Konzert dann noch einmal über zwei Stunden gedauert hat, sind wir sehr glücklich und zufrieden nach Hause gegangen, zusammen mit unseren Fans. Also alle in ihr Eigenes (lacht).

Dann seid ihr also sehr auf die Konzerte fokussiert und weniger auf das Drumherum, wie es von den Rock’n’Roll-Klischees transportiert wird.

Thomas D.: Ich fände es unfair den Fans gegenüber, wenn man sich aufs Feiern konzentriert und dann die Show nur abspult. Wir sind schliesslich wegen den Konzerten unterwegs, der Rest muss dementsprechend zurückstecken. Natürlich gibt es ab und zu eine Aftershow-Party hinterher. Aber vor allem zu Beginn einer Tour gibt es viel zu tun, auch organisatorisch, und man ist immer ein bisschen nervös.

And.Ypsilon: Ja, jetzt ist es noch ein bisschen chaotisch. (lacht)

Thomas D.: Später, wenn es sich eingegroovt hat, versucht man, die ganze Energie, die ganze Kraft, die ganze Konzentration auf die zwei Stunden am Abend zu richten. Und nach einem Konzert müssen wir das dann auch verarbeiten. Wir sitzen im Tourbus jeweils noch sehr lange zusammen. Manchmal gucken wir uns auch eine Konzertaufnahme an, um Sachen verbessern zu können. Und so sind wir den ganzen Tag auf Halbmast, ein bisschen müde vor sich hin trottend, um abends Vollgas zu geben und in der Nacht nicht schlafen zu können...

Es stimmt, die Leute kommen natürlich wegen der Musik. Wenn wir da über das aktuelle Album Fornika sprechen, fällt auf, dass ihr nachdenklichere, fragmentiertere Texte gebracht habt als auch schon. Passieren solche inhaltlichen Veränderungen mit der Zeit eigentlich automatisch oder einigt man sich als Band explizit darauf, indem man quasi sagt: „Nein, das können wir jetzt nicht mehr machen“?

Thomas D.: Das kommt natürlich von den Erfahrungen, die man macht und gemacht hat. Und wenn man einmal einen Party-Text geschrieben hat, der ja auch durchaus gut geworden sein kann, muss man nicht unbedingt noch einen neuen Song über das Gleiche bringen. Irgendwann hat man sowieso das Gefühl, man habe alle Themen schon behandelt. Aber dann wird es erst richtig interessant: Denn dann muss man versuchen, einen neuen Zugang zu finden zum Songschreiben an sich. Manchmal ist es ein Instrument oder ein Instrumental-Thema, das dich inspiriert zu einem Gefühl, zu einem Satz oder zu einem Refrain, das also eine Stimmung hat, über die man schreibt. Eigentlich hat man nur bei der ersten Platte diese Freiheit, bei der noch jeder Song neu ist.

And.Ypsilon: Aber schon bei der zweiten Platte wird es schwierig!

Thomas D.: Und jetzt, nach sieben Platten, find ich’s echt geil, dass einem dann tatsächlich doch immer wieder etwas einfällt, von dem man selbst begeistert ist. So begeistert, dass man denkt: Ja, das möchte ich mit der Aussenwelt teilen. Ich glaube, das nennt man einen kreativen Prozess. Das kann man nicht erklären.

And.Ypsilon: Wobei es natürlich schon das Phänomen gibt, dass man da sitzt und eine riesige Negativliste hat mit allem, was nicht geht, was man schon gemacht hat, was man nicht wiederholen will. Genau das ist die Anfangsschwierigkeit, die bei jedem kreativen Prozess besteht und natürlich immer grösser wird. Die Auswahl wird halt schon enger, leichter wird es nicht. Aber wenn man den Anfangsfrust einmal überwunden hat – dann geht’s. Wenn du einmal ein Thema hast, das du bringen kannst, dann weisst du ja, was ungefähr zu tun ist. Dann geht es den üblichen Gang.

Thomas D.: Man wird im Handwerk natürlich immer besser. Aber den Kick muss man sich immer härter erarbeiten. Dieses wundervolle Gefühl, wenn man zum Beispiel zusammen mit der Band im Raum steht und es einfach funkt...diese magischen Momente, in denen alles zusammen schwingt und wirklich Musik rauskommt, sind unbezahlbar und wundervoll. Deswegen macht man den ganzen Scheiss.

Ihr kreiert eure Songs also vor allem in der Gruppe.

Thomas D.: Ja, wir haben vieles zusammen geschrieben. Da sitzt man an Computern, hat mit der Band ein paar Sachen eingespielt, gesampelt – hört sich also diese Rohschnitte an. Und plötzlich sagt einer: „Halt, Alter, lass das noch einmal laufen.“ Und dann, irgendwie, kommt einer auf einen Satz, die anderen lachen sich krumm...

And.Ypsilon:...und dann heisst es: „Der Satz, der war schon mal gut.“ (Beide lachen) Ein guter Anfang. Aber ab da beginnt die Schwierigkeit. Noch einen zweiten Satz hinzuzufügen.

Thomas D.: Ja, scheisse (lacht)

Dann ist es nicht so, dass And.Ypsilon als Mastermind im Hintergrund für die Musik zuständig ist und die anderen machen die Texte.

Thomas D.: Also, wir dachten uns für die nächste Platte: Andy schreibt die ganzen Texte, und wir spielen die Musik selber ein.

And.Ypsilon: Ja, viel Spass. Ich glaube, das würde ganz unterirdisch werden...

Thomas D.: Das wird dann auch unser letztes Album. (Gelächter) Weil das mit Sicherheit keiner wird hören wollen.

Denkt man denn beim Erarbeiten der Songs an die Leute, die das zuhause, unterwegs oder im Club hören werden? Oder interessiert man sich eher für sich selbst, für die eigene Innenwelt, die man ausdrücken möchte?

Thomas D.: Primär ist es Selbstreflektion. Aber als wir zum Beispiel fürs vorletzte Album Troy geschrieben haben, war ich schon auf dem Trip zu sagen: „Alter, das muss ein Refrain werden, der in einem Fussballstadion von den Fans einer Mannschaft gesungen wird, auch wenn der in die zweite Liga absteigt. Dieses Wahre-Fans-Ding muss in diesem Refrain einfach drin sein.“ Da dachte ich dann schon an andere, die den Song wie eine Hymne singen.

And.Ypsilon: Ich glaube, dass es bei eurer Arbeit an den Mikrophonen und bei meiner ganz genau das Gleiche ist: Man hat die Innenwelt, die man aber als Künstler irgendwie an die Aussenwelt vermitteln will. Sonst würde man nicht auf die Bühne gehen. Ich kann ganz abgefahrene Beats machen, die ich persönlich irre toll finde, aber sonst niemanden interessieren. Das ist ganz leicht. Aber etwas zu machen, das ich selber gut finde und das dennoch möglichst viele andere auch verstehen können...etwas, das nicht überfordert, aber dennoch etwas auslöst und reizvoll ist...

Thomas D.: Am besten ist, wenn es die Leute irgendwo abholt – und dann aber dorthin mitnimmt, wo deine Intention lag. Das ist ein Hit. Insofern ist also nichts gegen einen guten Hit einzuwenden, finde ich. Überhaupt nicht. Das ist keine Anbiederei, sondern einfach nur ein Gefühl, verpackt in einer verständlichen Art und Weise...

...das viele Leute anspricht, weil sie ihr eigenes Leben damit in Verbindung bringen können.

Thomas D.: Genau.

And.Ypsilon: Das ist der Sinn und Zweck von Popmusik. Ganz egal, was für ein Stil von Popmusik das ist: Ob Rock, ob Schnulze – alles Mögliche ist erlaubt, solange es diese kommunikative Wirkung hat.

Die Leute da draussen habt ihr auch für den Video zur neuen Single „Ichisichisichisich“ mit einbezogen. Ihr habt zusammen mit einem Video-Onlineportal einen Wettbewerb ausgeschrieben, bei dem Fans einen Video zum Song kreieren konnten, und der beste Beitrag – von einem Schweizer notabene – wird nun als offizielles Video auf den Musiksendern gespielt. Was war die Idee dahinter?

Thomas D.: Wir steckten mitten in den Tourvorbereitungen, und unsere dritte Single sollte ausgekoppelt werden. Da braucht es natürlich ein Video. Wir dachten schon früh an ein Animations- oder Zeichentrickvideo und wollten das eigentlich, zusammen mit dem Regisseur unseres Vertrauens, selber machen. Einerseits hatten wir aber zu wenig Zeit, und andererseits fanden wir, dass es einmal interessant wäre, eine komplette Sicht von aussen zu haben, ohne unsere ständige Nörgelei. Denn normalerweise haben wir bei allem, was wir herausgeben, sehr die Hand darauf. Aber diesmal wollten wir uns zurückhalten und waren gespannt, wie unsere Fans das Video bebildern würden. Es kamen wahnsinnig viele Einsendungen, von denen auch sehr viele echt gut waren. Wie haben die zwanzig besten ausgewählt, welche das Video fertig machen sollten, denn in der ersten Phase waren ja nur 30 Sekunden gefragt. In einer stundenlangen Konferenzschaltung haben wir uns dann auf den Gewinner geeinigt, so etwas dauert bei uns einfach immer sehr lange. Die besten zwanzig Videos werden wir aber komplett auf eine DVD packen. Wir finden, dass durch diese Aktion auch kleine Firmen oder kreative Privatleute einmal eine faire Chance auf etwas Grosses bekommen haben – und natürlich auf die 44 444 Euro Gewinn. Zusätzlich war es natürlich für unsere Medienarbeit eine gute Aktion. Mit der Internet-Appearance bei myvideo und den Schlagzeilen in den Medien haben wir schlussendlich wahrscheinlich mehr Leute erreicht, als wenn wir einfach ein normales Video gemacht hätten. Das gucken ja auch nicht so viele.

Nun, Solche Interaktivität ist erst möglich geworden durch das Internet. Da erreicht man ja zum Beispiel als Band bei myspace mit einem kleinen finanziellen Aufwand potentiell viele Menschen. Wie seht ihr diese Entwicklungen? Und was könnt ihr solchen Bands empfehlen?

And.Ypsilon: So vielfältig das Internet ist, so zerklüftet ist es gleichzeitig. Es ist sehr schwierig für eine Band, nur durch Internet-Promotion aus ihrer Nische herauszukommen. Für die ersten Schritte ist es bestimmt eine tolle Chance und eine gute Möglichkeit, einen ersten Fan-Stamm zu schaffen. Das geht einfacher als früher. Aber wenn es an die breite Öffentlichkeit gehen soll, ist das Internet-Publikum zu zerfranst. Deshalb reicht das Internet nur für den Anfang. Natürlich: Solange du deinen eigenen Platten selbst produzierst und direkt an den Endkunden verkaufst, ist auch die Gewinnspanne sehr hoch. Da kann man mit recht wenig Erfolg schon ganz gut leben. Besser, als wenn man recht wenig Erfolg hat und bei einem Plattenlabel ist. Da kriegt man nämlich nicht so viel für die Platte.

Thomas D.: Aber man darf man natürlich den Aufwand trotzdem nicht unterschätzen. Man muss sich darum kümmern, die Fans betreuen. Und natürlich muss das Produkt stimmen. Denn wenn du einen beschissenen Song hast...

And.Ypsilon: Der Haken am Internet ist ja, dass jeder selber Redakteur ist. Deshalb auch die Zerfransung. Nichts erreicht alle, alles erreicht viele ein bisschen. Redaktionen, die quasi eine Best-Of-Compilation aus all dem, was sie mitkriegen, den Lesern geben, fehlen im Internet. Deshalb musst du dich als Band, die wachsen will, auch mit allen redaktionellen Seiten auseinandersetzen. Besonders eben mit den Printmedien.

Thomas D.: Was kann man den jungen Bands sonst mitgeben? Sicher das, was wir vorhin besprochen haben: Dass sich am ehesten eine Mischung aus Kunst und Massenkompatibilität durchsetzt. Wenn du originell bist und dein eigenes Ding machst – das aber nicht so komplett verstrahlt ist, dass es keiner versteht – dann wirst du immer Leute finden, die etwas darin hören, sehen und das deswegen gut finden. Nachmachen oder nur gut singen können, das reicht sicher für eine Casting-Show und für deine fünfzehn Minuten Ruhm. Aber wenn du Karriere machen, wenn du dein Leben lang dabei bleiben willst, dann solltest du mit Herzen dabei sein und etwas Eigenes bringen. Und dann: Schauen, was geht.

Thomas, Andy, ich danke euch vielmals für das interessante Gespräch!

http://www.diefantastischenvier.de/

Kommentare
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Roebis 18.11.2007 um 17:46
Fanta4 haben übrigens ein tolles Konzert geliefert im Hallenstadion! Von den alten Hits bis zu ihren neuen Liedern war alles dabei.