Die Toten Hosen - das Interview
Christina Ruloff - Zum 25-jährigen Bandjubiläum sind 17 CDs der Toten Hosen ab sofort erhältlich, inklusive Bonusmaterial & Sonderausstattung! Students.ch sprach mit Breiti über all die ganzen Jahre.Students.ch: 25 Jahre „Die Toten Hosen“ – das ist ein ganzes Leben! Wenn Du zurückblickst...
Students.ch: 25 Jahre „Die Toten Hosen“ – das ist ein ganzes Leben! Wenn Du zurückblickst: Was berührt dich am meisten?
Breiti: Na ja, 25 Jahre ist eine lange Zeit. Früher war die Band unser ganzer Lebensinhalt. Da haben wir sehr, sehr viel Zeit miteinander verbracht. Jetzt haben manche von uns Kinder und wir haben uns stark verändert. Aber wir kommen nach alle den Jahren immer noch gut miteinander aus.
Woran liegt das?
Das ist schwierig zu sagen. Wir haben uns alle schon von der Schule oder von anderen Bands vor den „Toten Hosen“ gekannt und wir hatten den gleichen Musikgeschmack. Wir waren immer Freunde und nicht nur Leute, die zusammen Musik machen wollten. Bei uns gab’s auch nie die Streitereien, die andere Bands haben, weil mehr als eine Person im Mittelpunkt stehen will; weil jemand aus Eitelkeit sein Lied unbedingt auf einer Platte haben möchte, obwohl er vielleicht sogar selber findet, dass es nicht so gut ist. Natürlich gibt es bei uns auch Auseinandersetzungen, manchmal auch heftige, aber wir können über die Dinge reden und so Konflikte aus der Welt schaffen. Ich denke, das ist wichtig.
Natürlich gibt es Dinge, die Du heute anders machen würdest...
Man entwickelt sich ja durchs ganze Leben. Früher gab es nur die Band und dann hat sich der Fokus erweitert, der erste hat Kinder gekriegt und inzwischen haben viele von uns Familien. Da sieht man vieles anders und es werden auf einmal andere Dinge wichtig. Wir haben die Band mit 18 gegründet, da glaubt man noch, dass man mit Musik die Welt verändern kann, besonders wenn man sich als Teil einer Bewegung fühlt, wie es die Punk-Bewegung war. Aber schon mit Ende zwanzig sieht man, dass das leider doch nicht so einfach ist, und mit 40 ist man wieder in einer anderen Lebenssituation.
Die Alben sind ein Spiegel der Entwicklung der Band. Gibt’s Lieder von denen Du der Meinung bist, dass man sie heute nicht mehr spielen kann? Und Lieder, die im Nachhinein viel wichtiger geworden sind?
Das gibt’s schon. Die einzige Platte, die uns peinlich ist und die wir aus dem Handel nehmen wollten, heisst „The Battle of the Bands“ .Das ist der Soundtrack zu einem Film, in dem wir mitgemacht haben. Die Lieder sind leider genauso schlecht wie der Film. Wir wollten das Album mal aus dem Handel ziehen, aber letztendlich müssen wir dazu stehen. Auch das ist Teil unserer Geschichte.Meist sieht man erst, wie ein Lied wirkt, wenn man es live spielt. Auf dem letzten Album („Zurück zum Glück“) war es das Lied „Freunde“. Wir waren zuerst unsicher, wie es ankommen würde und waren da sehr überrascht, wie sehr die Leute das Lied gemocht haben. Andere Lieder funktionieren live gar nicht und man merkt dann mit ein bisschen Abstand, dass das Lied doch nicht so gut war und nicht aufs Album hätte müssen. Aber am Ende ist man immer schlauer.
Aber im Allgemeinen meint ihr noch immer, was ihr singt?
Im Allgemeinen schon (lacht). Und das ist das Zentrale.
Hat sich eure Musik deiner Ansicht nach in den Jahren stark verändert?
Ja, auf jeden Fall! In der Musik hat sich in den letzten 25 Jahren sehr viel getan. Am Anfang konnten wir alle noch nicht richtig spielen, aber es war überhaupt wichtig, dass wir zusammen eine Band sein wollten. Jetzt hören wir uns oft auch verschiedene Arten von Musik an und probieren, ob wir das auch machen oder übernehmen können. Ich denke, dass wir viel weniger begrenzt sind. Früher hielten wir alles, was nicht Punk war, für peinlich. Mit 18 braucht man ja auch einen Antrieb, etwas, womit man sich identifizieren kann.
Die Texte sind nicht wichtiger geworden?
Nein, die Texte waren schon immer wichtig. Natürlich gibt es verschiedene Arten von Lieder: Wir sorgen immer dafür, dass auf einem Album nicht nur ernsthafte Lieder sind, sondern auch Lieder mit einem hohen Spassfaktor.
Wo siehst Du euch im Vergleich mit den anderen grossen deutschen Bands?
Da kann ich nicht viel sagen, ich vergleiche kaum. Ich weiss wo wir herkommen und was wir machen. Die deutschen Bands, die uns interessieren, sind auch weniger die ganz bekannten. Die Band, die uns über die Jahre immer wieder begegnet ist und aus einer ähnlichen Szene entstammt, das sind Die Ärzte. Aber schon da sehe ich sehr grosse Unterschiede. Wenn ich mir ihr neues Album anhöre und schaue, was da für Texte drauf sind... die meisten Texte hätte wir so nicht geschrieben.
Musik: Macht es immer noch Spass oder ist es in erster Linie Arbeit?
Musik ist unser Antrieb. Ich war neulich auf einer Party und morgens um 6 haben wir zum einmillionsten Mal Ramones und AC/DC gehört. Und da habe ich Leute bedauert, die nichts Vergleichbares haben. Für uns ist diese Musik unsere Lebensgrundlage.
Ihr habt eure ersten 17 Alben remastered und bringt sie neu mit tollem Booklet, B-Side Songs und vielen Informationen auf der Markt: Welches Album ist dein Favorit?
Eines meiner drei liebsten Alben ist „Ein kleines bisschen Horrorschau“. Diese Lieder haben über die Jahre nicht nachgelassen und das Album ist einfach sehr komplett. Es hat mir überhaupt grossen Spass gemacht, all die Covers durchzublättern, weil da viele Texte drin sind, die versuchen, die damalige Zeit und die Musik zu beschreiben. Und es war auch eine grosse Freude alle Songs draufzuhaben. Oft haben es Lieder nicht aufs Album geschafft, weil sie nicht zum Konzept gepasst haben. Ihre Qualität haben sie aber trotzdem.
Und wie schaut es mit einem neuen Album aus? Wir warten jetzt ja doch zwei Jahre...
Dadurch, dass wir ausdrücklich letztes Jahr mit der Band mal nichts gemacht haben, und uns mal mit anderen Dingen beschäftigen und mit anderen Leuten Musik machen wollten, dauert es natürlich eine Weile, bis wir genügend gute Lieder zusammen haben. Nächstes Jahr wird sicherlich wieder was kommen.
Und dann kommt ihr auch wieder in die Schweiz?
Natürlich! In der Schweiz haben wir schon oft Auftritte gehabt, die uns auch lange in Erinnerung geblieben sind, in guter wie in schlechter Erinnerung. Einmal haben wir in Zürich die beiden letzten Konzerte einer Tournee gespielt, zwei Tage zuvor brachen alle Dämme: Wir haben alles an Drogen genommen, was nur irgendwie möglich war und sind dementsprechend aufgetreten. Bei dem ersten Konzert haben wir gerade mal eine Viertelstunde durchgehalten und mussten dann die Bühne verlassen. Das war ein schreckliches Gefühl und wir haben hinter dafür gesorgt, dass so was nie wieder vorgekommen ist. Ich weiss nicht, wie das Hallenstadion nach dem Umbau ist, aber dort hatten wir viele tolle Konzerte, genauso wie bei den größeren und kleineren Festivals in der Schweiz. Wir freuen uns jedenfalls auf die nächsten Auftritte dort!
Breiti, vielen Dank fürs Gespräch und hoffentlich auf bald!
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