DVD der Woche: Breezy

Catherine Zeta-Jones erliegt dem Charme Sean Connerys, das ist selbstverständlich (Entrapment). Wenn aber Keanu Reeves sich in Diane Keaton verliebt, macht (auch) das (weibliche) Publikum ganz grosse Augen. Und dass sich Keaton in demselben Film (Something’s Gotta Give) für Jack Nicholson entscheidet, versteht sich von selbst. Ältere Männer sind interessanter, weiser, sexier, weltmännischer kurz attraktiver als jüngere Männer und wirken vor allem auf junge Frauen magisch anziehend. Das versucht einem zumindest die Filmindustrie schmackhaft zu machen; sie spiegelt und festigt damit nur die Grundhaltung in unserer Gesellschaft. Dabei schildert sie derartige Beziehungen nicht als einen Deal, von dem beide Seiten profitieren, sondern als Selbstverständlichkeit und Alltäglichkeit, als die ganz grosse Liebe. Clint Eastwoods Film Breezy aus dem Jahre 1973 hingegen geht alle Probleme in Beziehungen mit grossem Altersunterschied offen an, diskutiert, hinterfragt, wiegt ab. Wahrscheinlich ist der Film wegen seiner schonungslosen Ehrlichkeit beim Publikum in Ungnade gefallen, trotz dem romantischen und zugleich wahren Happy Ending:

Kay Lenz erklärt William Holden, wie man richtig lebt... und verliebt sich in ihn.

Als Breezy – jung, liebenswürdig, überzeugter Hippie und mit fast unerträglich sonnigem Gemüt – den Hausmakler Frank um eine Mitfahrgelegenheit bittet und ihm während der Fahrt alle möglichen grossen Fragen („Ist Gott tot? Sind nicht alle Menschen von Grund auf gut?“) auseinandersetzt, verliebt sie sich in ihn. Frank ist kein Misanthrop und auch kein schlechter Mensch (er rettet einen sich auf der Strasse tot stellenden Hund, was ihm die volle Sympathie des Publikums sichert!), nur ist er überzeugt, dass das Leben für ihn nur noch den ermüdenden Alltag oder gar böse Überraschungen bereithält. Schliesslich ist er alt, älter als seine Verehrerin. Viel älter: William Holden (der in seinen besseren Tagen nicht nur Persönlichkeit ausstrahlte, sondern durchaus ein gewinnendes Äusseres hatte: Sunset Blvd, Stalag 17, Sabrina sind seine grössten Film mit Billy Wilder) wurde nicht wie die üblichen Stars geschönt oder geschminkt, er wirkt sogar älter als seine gelebten 55 Jahre. Breezys Liebe hält nicht nur er, sondern auch die Gesellschaft, Passanten und Verkäuferinnen, aber sein Freundeskreis, für fragwürdig, abstossend, pervers oder bewundernswert, je nach Perspektive. Aber geht es bei der Liebe wirklich um Vernunft und Altersunterschiede?

Natürlich nicht. Und Breezy zeigt (gerade an miesepetrigen und sich öffentlich ankeifenden Ehepaaren) wie schwierig es ist, überhaupt zu lieben, sich für jemanden zu interessieren und Vertrauen zu haben; gerade im Alter, das oftmals als Vorwand für Unzufriedenheit, Isolation, Einsamkeit in der Zweisamkeit, mangelndes Engagement herhalten muss. Am Ende ist Frank ehrlich genug, sich einzugestehen, dass seine Ängste und seine Gewohnheiten ihn am Glück hindern, und nicht der Hohn seiner Bekannten.

Breezy umkreist all diese Fragen offen und thematisiert Alter, Altersunterschiede, Vergänglichkeit und Liebe in intelligenten Dialogen, die eine Ahnung vom wahren Leben vermitteln und sich nicht in ebenso zuckersüssen wie bitteren Klischees verlieren. Es ist ein Jammer, dass Drehbuchautor Jo Heims nicht mehr Filme geschrieben hat und es ist ebenso schade, dass Clint Eastwoods aktuellere Filme an falschem Pathos, vermeintlich überraschenden Wendungen und Filmmusik kranken. Breezy ist nämlich eine reife Leistung und ein ganz hervorragender und besonderer Film.

Bewertung: 5 von 5

• Originaltitel: Breezy
• Jahr: 1973
• Dauer: 102 Minuten
• Regie: Clint Eastwood
• Darsteller: William Holden, Kay Lenz
• Sprachen: Englisch, Deutsch
• Erscheinungstermin: 30. November 2007
• Verleih: Koch Media