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11. Dezember 2007, 10:20 Movie Music

Madrigal

Christina Ruloff - Es gibt sie noch: Die Filme, die man staunend und bewundernd betrachtet und sich gebannt fragt, was nun als nächstes passieren wird: Die Momente, in denen nicht die Handlung, sondern das Bild zählt - das Bild, an dem man sich nicht satt sehen kann; man möchte den Film anhalten...

Es gibt sie noch: Die Filme, die man staunend und bewundernd betrachtet und sich gebannt fragt, was nun als nächstes passieren wird: Die Momente, in denen nicht die Handlung, sondern das Bild zählt - das Bild, an dem man sich nicht satt sehen kann; man möchte den Film anhalten und in Musse das einzelne Bild betrachten!

Man spricht soviel über die Handlung eines Filmes, über die Schauspieler, über die (meist nicht vorhandene) Botschaft, so dass das eigentlich und spezifisch Filmische am Film – das Bild – verloren geht; Filme zu konsumieren, bedeutet meist nur noch eine Geschichte erzählt zu kriegen, ohne sich mit dem mühsamen Lesen und Sich - Vorstellen von Bildern herumschlagen zu müssen.

Was geschieht als nächstes? Das ist eigentlich völlig irrelevant. Man schaue und geniesse!

Fernando Pérez aus Kuba belehrt einen glücklicherweise mit seinem neuen Film Madrigal eines Besseren. Die Story ist alt und bekannt: Der Nachwuchsschauspieler und Schönling Javier steigt Luisita nach. Javiers Freundin Eva – eine Schönheit – betitelt die frömmelnde Luisita schnöde als „die Fette“ und tut Javiers Bemühung als ein Spiel ab; doch dieser erschleicht sich mit viel Lug und Trug Luisitas Vertrauen und entdeckt ihre „innere Schönheit“, sehr zum Ärger der Freundin („Der „kleine Prinz“ glaubte an die innere Schönheit, weil er ein Kind war!“, entrüstet sie sich).

Das Ganze läuft unweigerlich auf eine Katastrophe zu: „Nicht alles ist das, als was es uns erscheint“ – lautet das Credo von Madrigal, das sich leitmotivisch durch den Film zieht und bald können weder Zuschauer noch Charaktere zwischen Schein und Sein, Realität und Fantasie unterscheiden; nachdem die eigentliche Geschichte geendet hat, folgt der Roman Javiers (vordergründig eine Erotik-Trash-Story, in der die Menschen von einem giftigen Gas zur körperlichen Liebe gezwungen werden!), der die vorhergehenden Ereignisse reflektiert und am Ende ganz in Frage stellt. Wer hier noch den Überblick behalten und Wahrheit ausmachen kann, ist wahrlich zu bewundern!

Nichts ist wie es scheint! Theaterwelt, Filmwelt und Realität verschmelzen, Zeit spielt keine Rolle mehr.

Doch gerade die Vieldeutigkeit und das Spiel mit den Bildern machen den Charme von Madrigal aus – nebst den wunderbaren und einzigartigen Bildern, der schwülen und magischen Atmosphäre und den starken Farben. Immer wieder lässt sich der geniale Kameramann Raul Perez Ureta etwas Neues einfallen, spielt mit Formen und Schatten, doch nie schafft er ein beliebiges Bild: Alles steht im Dienst der stilisierten Liebesgeschichte, die, stammte sie aus Amerika, grauenvoll kritisch wäre, so aber in ihrer Intensität und Ernsthaftigkeit mitreisst.

Madrigal ist ein Kinoerlebnis der Extraklasse, eindrücklich, mitreissend, anders! Dank gilt dem Trigon-Filmverleih, der uns dieses Kunstwerk ermöglicht.

Bewertung: 5 von 5

  • Titel: Madrigal
  • Land: Kuba
  • Genre: Liebesdrama
  • Dauer: 110 Minuten
  • Regie: Fernando Pérez
  • Darsteller: Carlos Enrique Almirante, Liety Chaviano, Ana de Armas, Luis Alberto Garcia, Carla Sanchez
  • Verleih: Trigon

Wen liebt er wirklicht? Und wer liebt eigentlich in Madrigal? Was bedeutet lieben?

  • Ab 13. Dezember ist Madrigal in Zürich (Arthouse Nord-Süd) und Bern (Movie) zu geniessen,
  • Ab 20. Dezember in Basel, Biel, Luzern und Winterthur,
  • Ab 21. Dezember in Baden-Wettingen (Orient)
  • Sowie vom 3. bis 9. Januar in Brugg und vom 10. bis 16. Januar in Aarau.
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