Dialogue avec mon jardinier
Christina Ruloff - Das sitzen sie, gemeinsam im Boot, und werfen den Fisch, den sie eben mühevoll und nach stundenlangem Warten gefischt haben, zurück in den Teich: Daniel Auteuil alias der Maler, und Jean-Pierre Darroussin alias der Gärtner. Sie haben sich 100 Minuten blendend verstanden, über...
Und das, obwohl in Dialogue avec mon jardinier niemand erschossen wird oder schiesst, bislang noch niemand gestorben ist und auch sonst keine Naturkatastrophe den Menschen das Leben erschwert hat. Wer Action sucht, das tragische Drama oder die politische Erleuchtung, hat mit Dialogue avec mon jardinier den Film verfehlt: Ein Maler kehrt nach dem Tod seiner Mutter aus Paris aufs Land, ins Elternhaus, zurück und engagiert dort einen Gärtner, der ihm einen Gemüsegarten zum Malen anlegen soll. Der Gärtner ist niemand geringerer als der alte Jugendfreund und die beiden, Maler und Gärtner, werden wieder Freunde – trotz der unübersehbaren Unterschiede, der verschiedenen Interessen, Probleme und trotz des immer sichtbaren sozialen Unterschieds; vielleicht klappt es gerade deshalb so gut mit ihnen, weil sie anders sind und weil niemand auf die Idee kommen würde, den anderen zu bewundern oder gar zu beneiden. Gärtner und Maler unterhalten sich miteinander und lernen durch die Augen des anderen nochmals das Leben kennen, in all seiner Schönheit und den vielen Facetten, die man oftmals verdrängt oder nicht wahrnehmen will.
Der Maler malt die Welt so, wie er sie sieht (und nicht, wie sie tatsächlich ist): Daniel Auteuil in einer Paraderolle.
Der Film von Jean Becker (der den Roman von Henri Cueco adaptiert hat) ist so ungemein sympathisch, weil seine offensichtlichen, konzeptuellen Schwächen nicht zu kaschieren oder mit den üblichen Kniffs (Mehr Konflikte! Mehr Sex! Streit und Versöhnung!) zu übertünchen sucht. Dialogue avec mon jardinier ist tatsächlich ein bisschen wie das reale Leben – es passiert nicht allzu viel, man lebt vor sich hin, macht Fehler und bereut sie lange, anstatt sie aus der Welt zu schaffen – nur schöner. Das liegt an der ruhigen, beobachtenden Kamera und natürlich an den beiden Schauspielern, die man einfach lieben muss. Jean-Pierre Darroussin gibt den Gärtner mit so viel Würde und Intelligenz, dass man nie auf die Idee kommen würde, über ihn zu lachen, auch wenn einem der Maler näher ist. Daniel Auteuil schlägt sich in der weniger spektakulären Rolle des abgehobenen aber verlorenen Malers und Lebemanns wacker und hat auch seine grossen Momente. Als der Gärtner zufrieden erzählt, wie (monoton) er seine alljährlichen Ferien in Nizza gestaltet und der Maler lakonisch kommentiert: „Ca me donne envie d’y aller!“, muss man lachen; nicht über einen, sondern mit beiden.
Das ist der Trick, der Dialogue avec mon jardinier davor rettet, eine Art Rousseau-Film zu werden, in dem der einfache Mensch den entfremdeten Intellektuellen zurück zur Natur führt. Sie sind beide immer selbstironisch und liebevoll. Dialogue avec mon jardinier ist ein schöner, langsamer „Aufsteller“, der einen gutgelaunt und hoffnungsvoll in die Realität entlässt.
Bewertung: 4 von 5
Der Gärtner liebt die Welt, wie sie ist und lebt damit sehr viel leichter: Es ist Jean-Pierre Darroussins Film.
- Titel: Dialogue avec mon jardinier
- Land: Frankreich
- Länge: 109 Minuten
- Regie: Jean Becker
- Darsteller: Daniel Auteuil, Jean-Pierre Daroussin
- Verleih: Frenetic
- Kinostart: 13. Dezember 2007