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16. April 2010, 21:21 Politik

Völkerrecht vor Landesrecht? Volksrechte in Gefahr!

Lukas Reimann - Sie können bei jeder Abstimmung frei entscheiden, noch. Waren Sie für die Minarettverbotsinitiative oder dagegen? Unterstützen Sie die Ausschaffungsinitiative oder nicht? Sind Sie für die lebenslange Verwahrung von nicht therapierbaren Sexual- oder Gewaltstraftätern oder da...

Sie können bei jeder Abstimmung frei entscheiden, noch. Waren Sie für die Minarettverbotsinitiative oder dagegen? Unterstützen Sie die Ausschaffungsinitiative oder nicht? Sind Sie für die lebenslange Verwahrung von nicht therapierbaren Sexual- oder Gewaltstraftätern oder dagegen? Das ist Ihr Recht! Und es ist auch Ihr Recht, etwas mittels Volksinitiative oder Referendum zur Abstimmung zu bringen!

Es gibt bei jeder Abstimmung Argumente für und gegen etwas. Aber seien Sie auf keinen Fall gegen die Direkte Demokratie, nämlich Ihr Recht, über all diese Fragen selber zu entscheiden. Genau das ist zunehmend gefährdet. Nach dem Ja zur Minarettinitiative brachten ihre Gegner umgehend die Forderung ein, unliebsame Volksinitiativen wegen angeblicher Verletzung von Völkerrecht für ungültig zu erklären.

Direkte Demokratie als Bremse: Keine Politik gegen den Bürgerwillen
Von uns Bürgerinnen und Bürgern geht alle Staatsgewalt aus. Mit dem Recht auf Volksabstimmung können wir unsere Stimme viel differenzierter zum Ausdruck bringen: Die Direkte Demokratie ist eine riesige Bildungsveranstaltung. Die Dänen und die Iren wissen viel besser über die EU Bescheid als die Deutschen - weil sie darüber abgestimmt haben. Vor Volksabstimmungen kommt es zu einer breiten, oft zugespitzten, aber doch auch aufklärend wirkenden Diskussion. Volksabstimmungen decken Widersprüche zwischen Politikern und Wählern auf. Immer wieder entscheiden die Bürgerinnen und Bürger anders als zuvor das Parlament. Wer gefragt wird, wendet sich nicht ab. Ausschaffungsinitiative ungültig?!

Bezeichnend ist, wie nun plötzlich auch die Initiative zu Ausschaffung von schwer kriminellen Ausländern in Frage gestellt wird. Man müsse solche Initiativen verunmöglichen. Nur wenige Tage nach dem Ja zur Minarettinitiative wurde die Ausschaffungsinitiative denn auch an die zuständige Kommission im Ständerat zurückgeschickt. Man kann für oder gegen die Ausschaffungsinitiative sein. Aber man kann nicht im Ernst behaupten, sie sei völkerrechtswidrig. Würde sie angenommen, könnte sie problemlos umgesetzt werden.

Entlarvender Bericht des Bundesrates
Der Bericht des Bundesrates vom 5. März 2010 zum Verhältnis vom Landesrecht zum Völkerrecht zeigt, wo es hingehen soll. Die Landesregierung macht dort den Vorschlag, Volksinitiativen zukünftig vom Bundesamt für Justiz und von der Direktion für Völkerrecht auf ihre Gültigkeit überprüfen zu lassen. Die drei formulierten Reformziele sind entlarvend:„1. Die Initiantinnen und Initianten und die Stimmberechtigten sollen kompetent und glaubwürdig informiert sein, wenn eine Volksinitiative völkerrechtswidrig ist; damit soll die Wahrscheinlichkeit der Einreichung, des Zustandekommens und der Annahme völkerrechtswidriger Volksinitiativen vermindert werden.2. Es soll Frustrationen vorgebeugt werden, die sich ergeben, wenn in guten Treuen Unterschriften gesammelt und bei den Unterzeichnenden Erwartungen geweckt wurden, unddie Räte die Initiative danach ungültig erklären.3. Durch eine damit verbundene Erhöhung der Eigenverantwortung der Initiantinnen und Initianten können Hemmungen in den Eidgenössischen Räten gegenüber notwendigen Ungültigkeitserklärungen abgebaut werden.“Der Bundesrat sieht als weitere Option zur Vorabklärung, vor der Volksabstimmung das Bundesgericht zu konsultieren. Er denkt auch darüber nach, immer dann obligatorisch einen Gegenentwurf zu erstellen, wenn eine Volksinitiative mit dem Völkerrecht in Konflitk gerät. Ganz ernsthaft wird also im Bund diskutiert, wie Volksinitiativen für ungültig erklärt werden können oder sollen.

Ausdünnung der Volksrechte
Das ist eine komplett neue Interpretation der Volksrechte. In Artikel 5 Absatz 4 der Bundesverfassung werden Bund und Kantone aufgefordert, das Völkerrecht zu „beachten“ und gemäss Artikel 194 muss eine Teilrevision der Bundesverfassung die Einheit der Materie wahren und darf die zwingenden Bestimmungen des Völkerrechts nicht verletzen. Nicht mehr und nicht weniger. Abgesehen davon, dass nur wirklich zwingendes Völkerrecht eine Schranke der Verfassungsrevision bildet, ist das Völkerrecht keine Schranke für die demokratische Rechtsetzung. Solange eine Volksinitiative zwingendes Völkerrecht nicht verletzt, gibt es also keinen Grund, eine Volksinitiative für ungültig zu erklären. Auch in Zukunft wird bei uns also zwingendes Völkerrecht (z.B. Verbot des Völkermordes, des Angriffskrieges, der Folter, der Sklaverei, der Zwangsarbeit) anerkannt und geachtet. Das Problem liegt darin, dass selbsternannte Experten, Funktionäre, Politiker etc. ihre eigene Auffassung als «zwingendes Völkerrecht» verkaufen wollen. Wenn eine Bundesrätin vor der «Macht der Mehrheit» warnt und eine Ständerätin von «schrankenlosem Mehrheitstotalitarimus» spricht und der Schweizer Bevölkerung vorhält, «auch Hitler kam demokratisch an die Macht», so spricht das Bände. Unsere Direkte Demokratie mit Hitlerdeutschland zu vergleichen, ist ungeheuerlich. Historisch gab es immer wieder Diktatoren, Despoten, absolute Herrscher, Politbüros etc., die vor einer «Machtübernahme» durch das Volk warnten. Der Schaffung der Demokratie dauerte lang. Sie war mühselig und blutig. Es ist unglaublich, wie Politiker und generell die «geistige Elite» bereit ist, diese Entwicklung zu zerstören.

Umgehung demokratischer Auseinandersetzungen
Wem eine Volksinitiative politisch nicht passt, der kann sie nicht einfach als völkerrechtswidrig bezeichnen. Zu glauben, die eigene Meinung sei die einzig rechtstaatlich vertretbare, zeugt von Arroganz und Hochmut. Wenn eine Volksinitiative mit 100‘000 Unterschriften zustande kommt, dann ist dies ein Zeichen der Bevölkerung an die Politik. Die entscheidende Frage ist und bleibt: Wer bestimmt, was Recht ist? Wer entscheidet, was der demokratische Verfassungsgeber darf und was nicht? Gibt es ein besseres Organ als dasVolk selbst? Natürlich gibt es Volksentscheide, die ich persönlich lieber anders gesehen hätte. Aber das ist bei Gerichtsurteilen nicht anders, und erst recht nicht anders ist es bei Feststellungen durch Expertenkommissionen. In jedem Staat muss jemand das letzte Wort haben, was letztlich gelten soll und was nicht. Vertrauen wir der Urteilskraft des Volkes mehr als einer staatlichen und international verbandelte Gerechtigkeitsexpertokratie! Auch Professoren und Richter sind nicht frei von Fehlern. Je breiter der Entscheidungskreis desto grösser die Abstützung.

Für eine verantwortungsvolle Politik
Die Weichen für die kommenden Generationen werden heute gestellt. Renten, Wirtschaft, Umwelt, Gesundheit, Technologie, Migration, Sicherheit und die Aussenpolitik werden auch unsere Kinder und Enkel beschäftigen. Weitreichende und häufig nicht mehr rückgängig zu machende Entscheidungen brauchen eine breite Basis. Weil niemand ihre Folgen genau vorhersagen kann. Keine Regierung und kein Parlament kann hierfür allein die Verantwortung übernehmen. Es bedarf eindeutiger Entscheidungen des Souveräns, der Bürgerinnen und Bürger.

Schein-Demokratie verhindern
Alle politischen Entscheidungen betreffen die Menschen. Insofern ist es selbstverständlich, dass den Betroffenen die Chance gegeben wird, sich an Lösung und Diskussion der Probleme zu beteiligen. Durch Volksentscheide werden die Menschen ernst genommen und beteiligen sich stärker an der Politik. Dadurch werden die Problemlösungsfähigkeit der Menschen und ihr Verständnis für die Politik gefördert. Eine Entscheidung der Bevölkerung wird eher akzeptiert als die einer Regierung oder eines Parlaments. Wenn das Volk nun nur noch über unwichtige Themen entscheiden kann und bei grossen und wichtigen Fragen als „unmündig“ abgekanzelt wird, so ist das allerhöchstens noch eine Scheindemokratie! Aus diesen Gründen müssen wir jegliche Versuche, die Direkte Demokratie abzubauen, verhindern und scharf bekämpfen.

Lukas Reimann (26) ist SVP-Politiker, jüngstes Mitglied im Nationalrat und studiert Rechtswissenschaften an der Universität in Zürich.

www.lukas-reimann.ch

Kommentare
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Wendeadvokat
Wendeadvokat 15.02.2011 um 18:31
Das Recht ist immer auf der Seite des Stärkeren. Dafür werden vor allem windige Advokaten ausgebildet, mit wenigen Ausnahmen auch Rechtsanwälte u.a. NR L. Reimann.

Seit wir von einem längeren Auslandaufenthalt zurückgekehrt sind, werden wir bei jedem Ansinnen-Kauf, Behörden, Advokaten, Firmen auschliesslich vorsätzlich Belogen und nach Strich und Faden Betrogen, wie wir dies nur aus Krimis und Diktaturen vom Hören her kennen.

Jetzt werden noch wohlwollende Verträge mit der korruptesten und Menschenverachtenden afrik. Regierung Nigeria durch Frau Somaruga erstellt und besiegelt. Errinert an Hr. Merz. Menschenrechtsverletzungen unwürdigster Art der Aermsten sind hier einfach ohne Regung ausser Kraft gesetzt.
Da ist doch was Oberfaul? Das merkt doch auch der senilste hörige Schweizer.

Abstimmen über eine Volksinitiative ist doch der grösste Hohn. Wenn es dem weibl. Geschlecht im Bundeshaus nicht passt, so wird das doch einfach mal als grob als Verfassungswidrig und ungültig erklärt und auf Jahre hinaus mit der gewohnten Verzögerungstaktik irgenwann versenkt. Dabei wurde doch noch nie die Verfassung und der Volkswillen beachtet oder mit der staatlichen Macht so manipuliert , wie dies vor 75 Jahren schon praktiziert wurde.

Wir könnten hier diese Kolumne mit zig-Betrügereien welche die oben Genannten an uns verbrochen haben bis und mit zum heutigen Tag füllen, die gegen fast alle Artikel des StGB verstossen und durch 99% der Parlamentarier und Regierungsräte gedeckt werden.

N.B. wenn Mehrheiten von Parlamentariern Ihre Macht der Diktaturbefugnisse unbegrenzt ausüben, ist dies noch ohnmächtiger und tyrannischer als eine Einmann-Dikatur .