The Two Horses of Genghis Khan
Christina Ruloff - So etwas haben wir noch nie gesehen: Der neue Film von Byambasuren Davaa (“Die Geschichte vom weinenden Kamel“) weckt mit spektakulären Bildern die Sehnsucht nach einer anderen, ursprünglichen Welt. Die Story verliert dabei immer mehr an Profil, so dass der dialogarme, musi...
Die Geschichte ist eine Parabel und erzählt das Märchen von einer Frau, die auszog, um ein altes Lied und damit ihre eigenen Traditionen wiederzufinden. Inszeniert ist das wie immer bei der Regisseurin Byambasuren Davaa als Mix zwischen Dokumentation und Spielfilm, am besten vielleicht mit inszeniertem Dokumentarfilm umschrieben. Die Protagonistin Urna Chahar-Tugchi spielt daher auch sich selbst; eine berühmte mongolische Sängerin aus der inneren Mongolei (Teil der Volksrepublik China), die sich wirklich für ihr kulturelles Erbe und dessen Erhaltung und Vermittlung engagiert. Sie reist nun nach Ulaanbaatar, um eine alte beschädigte Geige von einem Fachmann restaurieren zu lassen. Die Geige gehörte ihrer Grossmutter und hat während der Kulturrevolution schweren Schaden genommen – übrig ist nur noch der Geigenkopf und von dem Titel gebenden, in den Geigenkopf eingravierten Lied sind sogar nur noch ein paar Zeilen erhalten. Daher zieht die Sängerin los, ihr Lied und damit ihre kulturelle Identität wiederzufinden – und zu erhalten.
Eine echte Schamanenzeremonie - live mitgefilmt von Byambasuren Davaa.
Byambasuren Davaa hat nach einer Ausbildung in der Mongolei die Hochschule für Fernsehen und Film in München absolviert; ihre beiden in dieser Zeit entstandenen Filme wurden Welterfolge. Die Regisseurin hat sich nämlich eine Nische gefunden, von der sie gut leben kann: Sie bietet dem entfremdeten westlichen Publikum für 90 Minuten einen Einblick in eine einfache, ursprüngliche und (so wird zumindest suggeriert) bessere Welt, wo Mensch, Tier und Natur noch zusammen im Einklang leben. Wir erleben hier nicht nur, wie die Heldin durch unendliche Steppen und über vertrocknete Seen wandert, sondern sind Zeugen eines Schamanentanzes. Dazwischen sind wir mitten in einem Wüstensturm und haben den Eindruck eine riesige Pferdeherde majestätisch über die Sandhügel galoppieren zu hören. Diese Aufnahmen – mit hypnotisch berieselnder, mongolischer Volksmusik unterlegt – machen den Film zu einem einzigartigen Erlebnis. Die Bilder, besonders auf der grossen Leinwand, sind eindrücklich, bewegend und richtig spektakulär. Und wann kriegt man im Kino schon noch etwas geboten, das man noch nie gesehen hat? Wann kommt man noch richtig ins Staunen und Träumen?
Zwar nicht die beiden Titel gebenden Pferde, sondern eine ganze Herde findet die Heldin in The Two Horses of Genghis Khan!
Die fadendünne Story, die einem süsse Kinder, würdige Grossmütter und pseudotiefsinniges Geschwätz über Alt und Neu, Tradition und Fortschritt beschert, ist hingegen reiner Vorwand und anstrengender Füller. Bis es der Regisseurin gelingt, sich endlich eine richtige Geschichte mit Charakteren und Entwicklung einfallen zu lassen, wird man um den lästigen Ethnokitsch nicht herumkommen. Das Spektakel auf der Leinwand lohnt sich aber trotzdem!
Bewertung: 3,5 von 5
- Titel: The Two Horses of Genghis Khan
- Regie: Byambasuren Davaa
- Verleih: Rialto
- Release: 22. April 2010
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