DVD der Woche: Night On Earth
Christina Ruloff - Fünf Städte, fünf Taxis, fünf Geschichten – ein Lebensgefühl. Jim Jarmuschs Night on Earth ist eine Ode an die Nacht, die Einsamkeit der Menschen und ihre jeweilige Einzigartigkeit. Jarmusch ist immer dann gut, wenn er weiss, wovon er erzählt, wenn er sich auskennt. Das m...
Jarmusch ist immer dann gut, wenn er weiss, wovon er erzählt, wenn er sich auskennt. Das macht seine amerikanischen Episoden stark und faszinierend; hier findet er stimmungsvolle Bilder und macht den grauen Alltag in Los Angeles und New York zu etwas Besonderem. Die junge Winona Ryder ist als burschikoses Taxikid einzigartig. Wie sie selbstbewusst und rettenrauchend durch die Strassen rauscht und ihrer poshen, aber durchaus sympathischen Klientin eine Lektion in Originalität und Selbstbestimmtheit erteilt, gefällt. Dabei wird nicht einmal viel geredet. Das Lebensgefühl der beiden so unterschiedlichen Frauen beginnt sich plötzlich auf merkwürdige Weise zu decken, wenn es um Männerprobleme geht. „Can’t live with them, can’t shoot them either.“, erklärt die Göre, die immer noch auf den Richtigen wartet, der sie so liebt, wie sie ist. Gena Rowlands hat das halbe Leben schon hinter sich, gebärt sich aber wie wenn die ganze Geschichte schon vorbei wäre und kann nicht anderes, als ihre junge Seelenverwandte für ihre Bestimmtheit zu bewundern. Dass diese es vorzieht, lieber Taxi zu fahren und Automechanikerin zu werden als berühmt und reich als Starlet setzt der Sache die Krone auf, gibt der irrsinnigen Geschichte aber auch Credibility.
Zusammen in der Nacht: Gena Rowlands kriegt Feuer von Winona Ryder!
Jarmusch liebt seine Charaktere und das zeigt sich in keinen Stories so sehr wie in den amerikanischen. Yo-Yo und Helmut, aus Brooklyn und Ostdeutschland, lachen gleichermassen über den bekloppten Namen des anderen. Zugleich kriegt der Ausländer eine Lektion im anderen American Way of Life erteilt, als sich Yo-Yo und seine Schwägerin Angela mit unendlichen Fuck-Tiraden anbrüllen. Beiden müssen das letzte Wort haben, freuen sich aber miteinander über den Clownauftritt des deutschen Sonderlings, der nicht mal Autofahren kann.
Wäre Jarmusch doch bei Menschen geblieben, die er kennt! Was in Paris und Rom abgeht, ist nämlich nicht sonderlich komisch und vor allem ärgerlich klischiert. Wir haben den afrikanisch stämmigen Taxifahrer, der (nicht zu unrecht) überall Rassismus wittert und sich gegenüber einem blinden Fahrgast genauso ausgrenzend benimmt („Wie haben Blinde eigentlich Sex?“). Schlimmer ist nur der verrückte Italiener (Roberto Benigni mit Endlosmonolog), der einer Pizzawerbung aus dem 90er Jahren entsprungen scheint (kein Wunder, stammt der Film ja aus dem Jahre 1991) und einen unglücklichen Priester wie das Publikum mit seinen unlustigen Sexerlebnissen quält. Da kommt die letzte trocken-traurige, finnische Episode gerade recht.
Night on Earth is in der American Independent Cinema Reihe von Arthaus erschienen und zeigt, wie (sehenswert) das alternative amerikanische Kino sein kann!