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15. Februar 2007, 00:00 Interview

Adrian Weyermann

Silvan Gertsch - Adrian Weyermann ist der 'Faust der Schweizer Rockszene'. Im Interview spricht er über sein neues Album 'Pool' sowie über die Auftritte im 'El Lokal', wo er während anderthalb Jahren fast jeden Montag aufgetreten ist. Adrian Weyermann.„Pool“ klingt viel rockiger als die Vo...

Adrian Weyermann ist der 'Faust der Schweizer Rockszene'. Im Interview spricht er über sein neues Album 'Pool' sowie über die Auftritte im 'El Lokal', wo er während anderthalb Jahren fast jeden Montag aufgetreten ist.

Adrian Weyermann.

„Pool“ klingt viel rockiger als die Vorgänger. Sind das Nachwirkungen deiner Auftritte im „El Lokal“?

Adrian Weyermann: Das sind garantiert Nachwirkungen dieser Konzerte. Als ich hier im „El Lokal“ ankam, zögerte ich zu Beginn noch etwas, meine Gitarre gross aufheulen zu lassen. Aber unter anderem weil hier drinnen immer ein grosses Geschwätz ist, musste ich manchmal etwas laut werden, die Leute abholen, um dann wieder leiser zu werden. Ich konnte die ganze Dynamik nutzen und auch die Möglichkeiten der elektrischen Gitarre. Irgendwie merkte ich, dass dies ein wichtiger Teil meiner Palette ist.

Wovon hast du am meisten profitiert im „El Lokal“? Vom wilden Musizieren oder vom Zusammenspiel mit den Gästen?

Es war die Mischung. Ich habe mir zum Ziel gesetzt, keinen Abend gleich anzugehen und bei jedem Auftritt ein neues Repertoire zu bieten. Ich habe zwar selber auch etwa 190 Kompositionen, aber die waren irgendwann aufgebraucht. Und dann habe ich immer mehr Coverversionen gewählt. Die forderten mich, weil ich Melodien singen musste, die ich nicht selber geschrieben habe. Ich bin dadurch als Performer sicher besser geworden.

Würdest du es wieder tun?

Ich würde es sofort wieder machen. Jetzt, wo die Tournee losgeht und ich mich fürs Album einsetzen muss, wäre definitiv nicht der richtige Zeitpunkt dafür. Das wäre eine Doppelbelastung. Aber ich bin sicher, dass ich das wieder machen werde. Gerade wenn es ums Sammeln von Ideen geht oder ums locker werden. Das ist Gold wert.

Vor deinem ersten Solo-Album „La Poeta“ bist du nach Amerika gegangen. War dieses Mal kein Tapetenwechsel nötig?

Nein. Der Tapetenwechsel waren die wöchentlichen Besuche im „El Lokal“. Wobei, nein, stimmt gar nicht. An einem Abend war ich extrem am Zaudern, wie ich es genau machen will. Ich war extrem angespannt. Dann schlug mir meine Frau vor, fort zu gehen. Ich solle einen Flug nach London buchen und am nächsten Tag dorthin fliegen. Ich habe immer von London gesprochen. Obschon mir mein erster Besuch dort total schräg eingefahren ist. Wir gingen dorthin, um ein Album von Crank zu mastern. Ich fand alles ein wenig komisch. Aber London ist halt der Ort, wo all die Musik herkommt, die mir gefällt. Ich ging also ein paar Tage dorthin und das war absolut zündend. Ich hatte zwar schon einige Songs zusammen, aber es war wichtig für die Energie.

„Pool“ – Wie würdest du die CD charakterisieren?

Sie klingt genau so, wie ich geträumt habe, dass sie klingen soll. Ich bin stolz, dass es exakt der Vision entspricht, wie ich sie machen wollte. Für mich ist es eigentlich wie eine moderne Version der alten Musik, die ich gerne habe. Wenn mich jemand fragt, was ich für Musik mache, dann antworte ich immer, dass ich Musik in der Tradition der 60er und 70er mache, was man damals als Popmusik verstanden hat. Aber ich mache sie heute. Mit all dem, was aktuell ist.

Im Studio hast du Poster aufgehängt, um dich zu inspirieren.

Das waren Bilder mit Symbolen oder Aussagen. Das eine waren Poster von Miles Davis. Er ist lustigerweise, obschon man es eigentlich gar nicht hört in den Songs, eine der Hauptquellen für meine Ideen. Und zwar jene Phase, von 1967 an, als er elektrisch wurde und total frei war. Er klang eigentlich wie Jimi Hendrix. Ich nehme häufig Bilder, die mit mir nichts am Hut haben. Man hat dann das Gefühl, dass man einen weiten Weg dorthin gehen müsse – das ist wie ein Aufbruch. Ein Bild zeigte die Beatles von hinten – man sieht das Publikum. Ausserdem hing dort eine Aussage von Jeff Buckley: „Just feeling is a subversive act. Expressing it is rebellious.” Und dann war da noch eine Aussage von mir, die hiess: “Bold Statements”.

Pool von Adrian Weyermann.

Wie hast du deine Bandmitglieder ausgesucht?

Luca Ramella, der Schlagzeuger, war ja bereits auf meiner letzten Tournee mit mir dabei. Für mich ist er der Schlagzeuger, den ich das ganze Leben gesucht habe. Er lernte Thomy Jordi an einem Jam kennen. Bei uns hat es einfach „giiget“. Und Mario Scarton habe ich hier auf der Bühne im „El Lokal“ kennen gelernt. Er hat eine super gute, impressionistische Ader. Düde Dürst kannte ich von 'Krokodil', natürlich. Er war für mich immer eine Legende, ich habe auch seine alten Platten und habe mitgekriegt, wie viel Wert diese haben. Eines Abends kam er im „El Lokal“ vorbei und sagte, dass er mit mir spielen wolle. Auch mit ihm hat es „giiget“.

Und die restlichen zwei?

Das ist eine lange Kameradschaft, Freundschaft. Wir sahen uns auf der Bühne oder trafen uns hinter der Bühne. Als ich Hendrix das erste Mal spielen sah, war an einer Geburtstagsparty. Er liess sich überreden, am Klavier ein paar Songs zu spielen und ich stand wie angewurzelt da. Ich habe ihn zuerst auf englisch angesprochen weil ich dachte, er sei Amerikaner. Bis ich merkte, dass er 'Ackle' heisst und nicht „Äckl“. Einen Musiker hab ich noch: Martin Tillmann. Er ist seit einigen Jahren ein Freund von mir. Er pendelt immer zwischen Zürich und Los Angeles und arbeitet zusammen mit Hans Zimmer an den Hollywood-Scores. Im Moment ist er mit Pirates of the Carribean 3 beschäftigt.

Ende Sommer wird schon der nächste Streich erscheinen: „Wood“. Wieso hast du die beiden CDs nicht als Doppelalbum veröffentlicht?

Am Anfang war das so geplant. Ich habe immer an eine Doppel-CD gedacht. Es gab in letzter Zeit ja auch ein paar Bands, die das gemacht haben. Ben Harper oder die Foo Fighters. Aber die haben die Trennung zwischen der langsamen und der schnellen CD derart konsequent auf die Spitze getrieben, dass es langweilig wurde. Das erschöpft sich irgendwie. Zudem erschlage ich die Leute, wenn ich ihnen 26 Songs auf einmal um die Ohren haue. Deshalb habe ich mir gedacht, dass ich sie verteilen sollte. Ich möchte die ruhigere „Wood“ lieber im Herbst live vorstellen.

Auf „Pool“ präsentierst du dich sehr vielseitig. In Anlehnung an Goethe: Bist du der „Faust“ der Schweizer Rockszene?

Ja. (lacht) Ich glaube schon. Und das schönste ist, dass ich die zwei Seelen in meiner Brust sehr inbrünstig zum Besten geben kann. Aber etwas habe ich hier im „El Lokal“ gemerkt: Wenn ich ein Stück am Klavier gespielt habe, das beinahe kammermusikalisch war, und ich mich dazu von einem Cello habe begleiten lasse, dann konnte ich im Anschluss daran fast nicht eine Nummer spielen, die Jimi Hendrix „chönnti abem Charre gheit si“. Aber ich will das beides.

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Quelle: Berner Zeitung BZ (Link)
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