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23. Januar 2008, 09:37 CD / Vinyl Music

Sharf - Eclectopop

Simon Knopf - Gelungenes Debut - Keine sharfe, sondern eine geschmeidige Sache... Von Anfang sei gesagt, mit Sharf haben wir es mit einer talentierten Elektropop-Band zu tun. Technisch raffiniert, sphärisch und eine angenehme Wärme versprühend. Sharf ist nie störend, nie zu aufdringlich, a...

Gelungenes Debut - Keine sharfe, sondern eine geschmeidige Sache...

Von Anfang sei gesagt, mit Sharf haben wir es mit einer talentierten Elektropop-Band zu tun. Technisch raffiniert, sphärisch und eine angenehme Wärme versprühend. Sharf ist nie störend, nie zu aufdringlich, aber regt doch ab und zu zum Tanzen an. Rollende wohltuende Bässe werden durch die Stimme von Carolina Hofmann versüsst. Daneben Stephan Berthouds gekonntes Gitarrenspiel, Synthie-Tüfteleien von Marc Bühler und hie und da das jazzig anmutende Saxophon von Lukas Bänniger. Meistens fliesst das prickelnde Musikgemisch groovy und nie langweilig vor sich hin (auch dank den perfekten Basseinlagen von Ueli Heiniger). Auf dem Album sind aber auch balladenähnliche und verspielte Stücke zu finden. Es macht den Anschein, als liege stets ein dünner Filter über der Musik, der die Bässe sanft abfedert und das Ganze gefühlvoller und wärmer klingen lässt. Bei den treibenden und das Tanzbein anregenden Stücken dürften die Beats ruhig noch ein wenig roher und fetter klingen, aber es scheint, als wollte die Band absichtlich leichten und luftigen Elektropop spielen, mit dem man sich geborgen fühlt. Dieser Mix aus elektronischen und akustischen Klängen ist ziemlich abwechslungsreich. Mal könnte ein Song auf eine Café del Mar-Compilation passen, mal auf eine Chill-House oder Elektro-Compilation.

Das ganze Elektropop-Kino startet mit Sub Aqua. Die fröhliche Frauenstimme und die Atmosphäre erinnern ein bisschen an 2Raumwohung und versichern dem Hörer schon einmal, dass man sich bei Sharf gut aufgehoben fühlt. Weicher Gesang, begleitet von Gitarrenklängen, Synthesizer und einem gedämpften Bass. Teilweise sind Gesangsfetzen der Sängerin geschickt übereinander gelegt, was dem Stück mehr Tiefe verleiht. Mit Refuse To Smile zeigt die Band gleich zu Beginn, dass sie durchaus radiotauglich ist und auch einer breiteren Hörerschicht gefallen könnte. Wer aber denkt, dass alle Stücke ins Radio passen würden, der irrt sich zum Glück. Der Versuchung, wiederkehrende Songmuster zu verwenden, verfällt Sharf nicht. In Oddy zum Beispiel wird auf Gesang verzichtet, bis auf ein verspieltes Sample am Schluss. Schön und aufmunternd schlängelt sich das Lied durch sphärische Klangbögen. Der abgefederte, wummernde Bass hört man sehr schön im verträumten The Weakest Spot. Man hat die Wahl zwischen Mitwippen oder auf dem Sofa Zurücklehnen und in glücklicher Melancholie zu schwelgen. Und wieder die gekonnt eingesetzten Stimm-Samples der sympathisch klingenden Sängerin. Anschliessend folgt sanft groovend Hurra. Es pumpt weicher House. Man könnte jetzt gerade bei einem Gin Tonic in einer Lounge sitzen. Das Saxophon von Lukas Bänniger gibt dem wohligen Song in der zweiten Hälfte die jazzige Note und verhindert so augenblicklich die Gefahr, dass Langeweile aufkommen könnte. Dass Sharf in ihrem Namen für das Album auf Elektro anspielen, merkt man spätestens in Devilish. Hier regen experimentelle aber doch melodische Klänge mit leicht pumpendem Beat zum Tanzen an. Der Groove ist spürbar und das ganze Drumherum tönt sehr elektronisch, teilweise psychodelisch. Darf es auch, weil es überzeugend daherkommt. Man merkt, dass Marc Bühler schon seit 15 Jahren an Samples herumbastelt und diese dementsprechend professionell klingen. Mit Attraction wird man aber schwupps wieder auf den Pop-Boden zurückgeholt und kann sich wieder an der zuckersüssen, aber nie quietschigen Frauenstimme erfreuen. Das wohl bekannteste Stück passt wunderbar ins Radio und wird dort auch regelmässig gespielt. Zusammen mit den pianoähnlichen Klängen wird es einem warm ums Herz. Manchmal klingen Sharf ein wenig kitschig, aber es stört nicht. Einige Songs resp. Balladen sind eher traurig. So zum Beispiel This Something. Ruhig und sanft säuselt es aus den Boxen. Der wehmütige Gesang wird von einer Gitarre begleitet, angereichert mit einer Prise Elektro. Während man der akustischen Gitarre lauscht, könnte man sich Sharf auch live ganz gut vorstellen. Dass sie auch auf der Bühne gut tönen, darf vermutet werden. Schliesslich sind sie vom Schweizer Fernsehen zur ersten Swiss Top Band 2008 gewählt worden und waren bereits auf DRS3 als Entdeckung der Woche zu hören.

Nach der kurzen Traurigkeit dann die erfrischende Wende. Rasputins Therapist erinnert an fröhlich modernen Jazz. Das Saxophon und der Groove sind wieder da. Langsam darf man sich wieder vom Sofa erheben. Bei My Own Track wird es nämlich wieder lauter. Diesmal nicht so verträumt, eher ein wenig rebellisch. Die Gitarrenriffs und das Schlagzeug verleihen dem Song mehr Druck. Es tönt rockig, teilweise ähnlich wie Redwood oder The Corrs. Aber eben, mit mehr Elektronik. Gerockt wird aber nur kurz. Vielleicht auch besser so. Through Deserts driftet wieder in eine wohlige Sphäre. Die Stimme von Caro Hofmann steht hier im Vordergrund, teilweise flüstert sie, teilweise hört man noch eine Art Backgroundgesang. Der Rhythmus bleibt dezent im Hintergrund. Der Lead beim chilligen Cude übernimmt das Saxophon. Irgendwie werde ich mir nicht einig, ob das Sax in diese Art von Elektropop passt oder nicht. Mit der leisen Bongo-Trommel im letzen Song Something Special ist es jedenfalls eine gelungene Bereicherung. Und siehe da, der Schlusstrack hat es in sich. Er beginnt eher ruhig und freaky, endet am Schluss mit einem kleinen Gitarrengewitter in Archive-Manier. Solche Momente könnte es noch mehr geben, warum immer so verhalten? Öfters ausbrechen aus der Schweizerischen Höflichkeit, das wäre spannend und wünschenswert.

Hierzulande wird man in Zukunft sicherlich noch Einiges von Sharf hören, man fragt sich sogar, ob sie den Sprung ins Ausland schaffen könnten...für die Schweizer Musiklandschaft sind Sharf auf jeden Fall eine erfrischende Bereicherung, an der sich sicherlich viele Leute erfreuen werden. Auch diejenigen, bei denen Elektropop noch nicht in der Plattensammlung vertreten ist.

Verfasst von Benjamin Brandenberg

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