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19. Juni 2010, 12:30 Movie

DVD der Woche: Wahl der Waffen

Christina Ruloff - Das Ende der Gangster: Alain Corneau inszenierte 1981 einen Abgesang auf den französischen Kriminalfilm – stilvoll, traurig und originell ist Wahl der Waffen ein Kontrapunkt zum Genre.Die Vergangenheit lässt einen nie los, Zufall oder Schicksal – je nach Lesart – sind une...

Das Ende der Gangster: Alain Corneau inszenierte 1981 einen Abgesang auf den französischen Kriminalfilm – stilvoll, traurig und originell ist Wahl der Waffen ein Kontrapunkt zum Genre.

Die Vergangenheit lässt einen nie los, Zufall oder Schicksal – je nach Lesart – sind unerbittlich. Und doch hat man eine Wahl! So stellt sich Alain Corneau dem klassischen Fatalismus des Kriminalfilms entgegen und gibt dem Gangster seine menschliche Freiheit zurück. Der Gangster ist hier längst keiner mehr, sondern ein alter Mann, der sich vor Jahren aus dem Geschäft zurückgezogen hat und sich der Pferdezucht widmet. Er steht jeden Morgen um 4.20 Uhr auf, um sich um seine kranke Stute zu kümmern und redet am liebsten nur mit seiner Frau. Niemand würde auf die Idee kommen, dass er vor 30, 40 Jahren Banken ausgeraubt und Menschen erschossen hat. Doch ist alles nur Fassade? Kann sich der Mensch wirklich ändern?

Zwei Gangster, zwei Stars: Yves Montand und Gérard Depardieu.

Der Drehbuchautor Corneau schickt Noël seinen alten Freund Serge aufs Land, der mit Mickey aus dem Gefängnis getürmt ist. Eine Reihe von Dummheiten sorgt dafür, dass Mickey plötzlich glaubt, von Noël an die Polizei verpfiffen worden zu sein und ihm Rache schwört. Doch auch ein übereifriger Polizist ist dem Duo auf den Fersen. So kommt es zur Katastrophe...

Von der spannenden Handlung darf hier nicht mehr verraten werden, dafür muss unbedingt über die Darsteller geredet werden: Ohne Yves Montand, Catherine Deneuve und Gérard Depradieu und auch Gérard Lanvin wäre dieser Film nicht halb so grossartig. Grau in Grau und in langsamen Einstellungen gefilmt, zeigt Wahl der Waffen wie Mickey überhaupt derart übergeschnappt und brutal werden konnte. In den Betonvorstädten aufgewachsen, nur der Clique verbunden und ohne Ziel, dafür mit viel krudem Ehrgefühl ausgestattet, hat ein Menschenleben (vor allem das eigene) für ihn keine Bedeutung mehr. Nur der Moment (am ebenfalls grauen Meer mit der Tochter, fast wortlos und ganz und gar unsentimental inszeniert) zählt, die Zukunft existiert nicht. Noël hingegen hat sich aus dieser Existenz befreit und ein Leben aufgebaut, das er um jeden Preis schützen will. Daher fällt er in die alten Muster zurück und ehe er begreifen kann, was er (unwillentlich und unbewusst) angerichtet hat, ist es zu spät. Die wenigen Szenen zwischen Yves Montand und Catherine Deneuve gehören zum Schönsten, was das französische Kino zu bieten hat – nicht grosse Worte, sondern Blicke, Bewegungen, kleine Andeutungen zeigen, was die beiden sich bedeuten. Catherine Deneuve im Übrigen ist so stilvoll, zart und doch stark, dass man sich die Augen reiben muss. Es handelt sich bei den Charakteren in Wahl der Waffen um Menschen, nicht um Abziehbilder und genau das begreift der wütende Polizist fatalerweise zu spät.

Die Frau, um die sich alles dreht: Catherine Deneuve

Am Ende sucht Mickey nach Ausreden; alles habe er anders gewollt, seine Schuld sei es nicht gewesen. Noël hält ihm verzweifelt die Waffe an den Kopf. Und doch drückt er nicht ab – er hat ja noch eine Aufgabe, er wird gebraucht, er lässt sich nicht mehr gehen.

Wahl der Waffen ist neu auf DVD erschienen!

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