20. Juni 2010, 10:52
Politik
Gekaufte Parteien
Nadine Masshardt - Am 1. Juni begann in Bern eine neue Legislatur. Im Grossen Rat bedeutet das, dass Anliegen wieder eingebracht werden können, die das Parlament in den letzten vier Jahren abgelehnt hat. Für mich war lange vor den Wahlen klar, dass ich erneut mehr Transparenz bei den Parteifinanz...
Am 1. Juni begann in Bern eine neue Legislatur. Im Grossen Rat bedeutet das, dass Anliegen wieder eingebracht werden können, die das Parlament in den letzten vier Jahren abgelehnt hat. Für mich war lange vor den Wahlen klar, dass ich erneut mehr Transparenz bei den Parteifinanzen fordern werde – ein Kernanliegen einer gut funktionierenden Demokratie. Denn nur wenn wir wissen, von wem Parteien Geld erhalten, kennen wir auch deren Abhängigkeiten. Mit nur einer Stimme Unterschied wurde das Anliegen 2008 abgelehnt. Die neue Zusammensetzung des Parlamentes mit der erstarkten BDP bedeutet eine neue Chance für dieses Thema. Die BDP müsste ein vitales Interesse an der Offenlegung der Parteifinanzen haben. Im Wahlkampf zumindest kritisierten auch BDP-ler die gigantische Kampagne der SVP-Konkurrenz und fragten nach der Herkunft der dafür nötigen Gelder.
Völlige Transparenz sowohl über die Budgets als auch die Herkunft der Gelder wäre wichtig. Die fehlende Transparenz in der Schweiz rügte jüngst auch die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). 2008 kam deren Wahlbeobachtungs-Mission zum Schluss, dass die Offenlegung der Parteienfinanzierung zu erhöhter Transparenz des Wahlvorgangs beitragen würde. Andernfalls sei es für finanzkräftige Kreise möglich, unbe-merkt grossen Einfluss auf die Politik zu nehmen. Die OSZE ist der Meinung, dass Transpa-renz für demokratische Wahlen zentral ist. Zu unterschiedlich sind die Mittel der Parteien. Zu viele Politikerinnen und Politiker vertreten in erster Linie eine Bank, Versicherung oder einen Verband – spezifische Interessen also, die nicht immer zwingend im Sinne der Gesamtgesellschaft agieren. Das erleben wir nicht zuletzt bei den Diskussionen um UBS und Staatsvertrag. Da diktieren die Interessen der Grossbanken praktisch nach Belieben die Politik von SVP, FDP, CVP und BDP.
Umso wichtiger ist es also, dass das Stimmvolk weiss, welche Verbindungen zwischen Politikerinnen und Politkern, Parteien und Wirtschaft bestehen. Auch wenn klar ist, dass es in der Politik immer auch um Vertretungen von Interessen geht: Bindungen, die durch finanzielle Abhängigkeiten entstehen können, sollen mit der Offenlegung der Parteienfinanzen transparent gemacht werden.
Nadine Masshardt, 25, Grossrätin (SP/JUSO) im Kanton Bern, Stadträtin in Langenthal und MA-Studentin der Geschichte und Philosophie.
Völlige Transparenz sowohl über die Budgets als auch die Herkunft der Gelder wäre wichtig. Die fehlende Transparenz in der Schweiz rügte jüngst auch die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). 2008 kam deren Wahlbeobachtungs-Mission zum Schluss, dass die Offenlegung der Parteienfinanzierung zu erhöhter Transparenz des Wahlvorgangs beitragen würde. Andernfalls sei es für finanzkräftige Kreise möglich, unbe-merkt grossen Einfluss auf die Politik zu nehmen. Die OSZE ist der Meinung, dass Transpa-renz für demokratische Wahlen zentral ist. Zu unterschiedlich sind die Mittel der Parteien. Zu viele Politikerinnen und Politiker vertreten in erster Linie eine Bank, Versicherung oder einen Verband – spezifische Interessen also, die nicht immer zwingend im Sinne der Gesamtgesellschaft agieren. Das erleben wir nicht zuletzt bei den Diskussionen um UBS und Staatsvertrag. Da diktieren die Interessen der Grossbanken praktisch nach Belieben die Politik von SVP, FDP, CVP und BDP.
Umso wichtiger ist es also, dass das Stimmvolk weiss, welche Verbindungen zwischen Politikerinnen und Politkern, Parteien und Wirtschaft bestehen. Auch wenn klar ist, dass es in der Politik immer auch um Vertretungen von Interessen geht: Bindungen, die durch finanzielle Abhängigkeiten entstehen können, sollen mit der Offenlegung der Parteienfinanzen transparent gemacht werden.
Nadine Masshardt, 25, Grossrätin (SP/JUSO) im Kanton Bern, Stadträtin in Langenthal und MA-Studentin der Geschichte und Philosophie.
Das Problem sind allerdings nicht unbedingt nur Parteispenden, die die bürgerlichen (wahrscheinlich aus Scham) nicht offenlegen. Das weitaus grössere Übel sind Ämter und Mandate in der Privatwirtschaft, welche einzig zu dem Zweck geschaffen werden, Politiker für ihre Interessensbindungen zu entlöhnen. Wenn ein CVP-Bundesrat bspw. jahrelang Agrarpolitik einzig im Sinne der Grossverteiler und Nahrungsmittelmultis gemacht hat, und er dann "zufällig" nach dem Rücktritt ein Verwaltungsratsmandat beim Milchproduzenten Emmi erhält, dann grenzt das doch schon an Korruption. Ähnliche Geschichten findet man bei der Néstlé, der Swiss Re, CS und UBS sowie bei der NZZ. Immer wieder erhalten Politiker "aus heiterem Himmel" Verwaltungsratsmandate von Firmen, die in Branchen arbeiten, für die der zu bestechende Politiker über keinerlei Qualifikationen verfügt. Man muss nur einmal als Nationalrat gewählt werden und schon erhält man mindestens 20 Verwaltungsratsmandate - mit entsprechenden Boni, Fringe Benefits und Abzockerlöhnen.
Man muss nicht den ehemaligen Nationalratspräsidenten Peter Hess (CVP) erwähnen oder den freisinnigen Wirtschaftsfilz, der sich regelmässig für die Economiesuisse (politisch) prostituiert. Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Bürgerlichen durch und durch korrupt sind.
Mich wundert es da nicht, graut es den Bürgerlichen vor einer Offenlegung. Womöglich müssten sie sich dann zutiefst schämen für ihre einseitige Lobbypolitik, ihre Käuflichkeit, ihr ewiges Duckmäusertum und ihren Kadavergehorsam gegenüber multinationalen Konzernen.