Tetro
Gregor Schenker - Ein ganzes Jahrzehnt hatte Francis Ford Coppola als Regisseur pausiert, bevor er 2007 mit Youth Without Youth sein Comeback feierte – ein Film, der so manchen Zuschauer ratlos zurückliess und die Kritik kaum zu begeistern vermochte. Nun folgt Tetro, ein Projekt, für welches C...
Das Werk handelt von Bennie, einem jungen Mann, der sich von seinem Vater, dem berühmten Dirigenten Carlo Tetroccini, loszulösen versucht, von der Militärakademie flieht und auf einem Kreuzfahrtschiff anheuert. Die Reise auf dem Kahn führt ihn nach Argentinien, wo er in Buenos Aires nach seinem älteren Bruder Angelo sucht. Der ist inzwischen ein psychisch angegriffener sowie erfolgloser Schriftsteller mit der Tendenz zu cholerischen Anfällen, nennt sich Tetro und will von seiner Familie nichts mehr wissen, auch von Bennie nicht.
Der lässt aber nicht locker, stöbert heimlich in den Notizen seines Bruders herum, verpasst ihm künstlerisch einen Tritt in den Hintern und nähert sich ihm menschlich an. Aber er stösst auch auf ein düsteres Familiengeheimnis …
Er habe Werke wie On the Waterfront vor Augen gehabt, als er Tetro machte, hört man von Coppola. Und tatsächlich, schon der Vorspann lässt erkennen, dass man es hier mit einer Hommage an das klassische Hollywood-Drama zu tun hat. Die schwarzweissen Bilder mit ihren harten Kontrasten sind dann auch schön anzuschauen, nicht zuletzt aufgrund des herrlichen Drehortes (wobei ab und zu der Ferienprospekt-Kitsch überhand nimmt). In Farbe gehalten sind nur die Rückblenden und einige getanzte „Zwischenspiele“ (manche der Ballett-Szenen stammen aus The Red Shoes [1948] und The Tales of Hoffmann [1951], andere wurden extra für diesen Film gedreht und spiegeln als Kunstwerk im Kunstwerk die Handlung wider).
Auch die Story bietet alles auf, was man von so einem Melodrama erwarten kann, womit dann allerdings auch die Probleme beginnen: Was ganz gut in einen Film der 1940er oder 1950er passt, wirkt hier oftmals bloss übertrieben, albern und klischeebeladen – was nicht ganz so schlimm wäre, wäre der Film wenigstens nicht so verdammt langwierig und zäh erzählt.
Selbst die südamerikanischen Klänge des argentinischen Musikers Osvaldo Golijov sind derart generisch und nichtssagend, dass man stets auf den nächsten Einsatz klassischer Musik hofft.
Am schlimmsten ist aber der oberflächliche Titelcharakter, Tetro, gespielt von Vincent Gallo, dem Calvin-Klein-Model, Darsteller und Gelegenheitsregisseur, dessen grösste Leistungen wohl waren, sein Sperma zum Verkauf anzubieten und Chloë Sevigny zu der Blowjob-Szene in The Brown Bunny zu überreden. Wie dem auch sei: Seine Rolle ist nicht mehr als ein müdes Stereotyp vom getriebenen Künstler. Schlimmer noch: Obwohl er sich wie das letzte Arschloch verhält und nichts geleistet hat, wird Tetro von allen vorbehaltlos angehimmelt und als Genie verehrt. Man kommt sich vor wie im peinlichen Tagtraum eines Teenagers, der schlechte Gedichte in Emo-Foren veröffentlicht und sich für einen grossen Dichter hält.
Viel interessanter sind da Bennie (vor allem, weil er vom talentierten Spielfilm-Debütanten Alden Ehrenreich gespielt wird) sowie Carlo und Alfie Tetroccini – Klaus Maria Brandauer in einer spassigen Doppelrolle (schade, dass er nicht mehr zu tun bekommt).
Fazit: Der Film bietet zwar Ehrenreich und Brandauer, interessante Ballettszenen und ein paar schöne Bilder, aber am Ende des Tages ist Tetro halt dennoch nicht mehr als ein zähes und klischeebeladenes Melodrama mit einer peinlichen Hauptfigur und einer unguten Tendenz zum Kitsch.
Bewertung: 2.5 von 5
- Titel: Tetro
- Land: USA/Italien/Spanien/Argentinien
- Regie: Francis Ford Coppola
- Darsteller: Vincent Gallo, Alden Ehrenreich, Klaus Maria Brandauer
- Verleih: Frenetic Films
- Start: 15. Juli 2010