Eros Ramazzotti @ Moon and Stars 2010
Christina Ruloff - Da taut sogar Eros auf: Tausende strahlende und singende Fans auf der fantastischen Piazza in Locarno feiern ihr Idol und das Idol lächelte sogar ab und zu. Die heiss begehrten Schweisstücher verschenkt er trotzdem nicht.Eine Viertelstunde zu spät kommt er und niemand weiss ei...
Eine Viertelstunde zu spät kommt er und niemand weiss eigentlich warum: Rechts von der Bühne hinter der Absperrung haben ihn aufmerksame Fans schon lange erspäht, mit Millimeterhaarschnitt und der obligaten Sonnenbrille. Beim ersten Song bleibt er hinter der Bühne und dann geht es zackig mit Appunti e note los durch über 20 Jahre bewährte und geliebte Musik. Wer es sich leisten kann, wunderbare Hits wie Dove c’è musica und vor allem Stella Gemella schon fast achtlos gleich zu Beginn des Sets zu verbraten, der ist ein echter Star und braucht kein Konzert zu scheuen. Eros Ramazzotti hat, so hat man zumindest den Eindruck, zu Beginn seines genau zweistündigen Konzertes Spass: Er tänzelt über die Bühne, wippt zum eigenen Sound, lässt die Fans (alles von weinenden Teenies bis zu reifen Herren) mitsingen und wackelt mit dem Hintern (was natürlich mit frenetischem Gekreisch quittiert wird). Und er erfüllt vor allem die Erwartungen seiner Anhänger, in dem er alle Songs spielt, die man gehört haben muss: Terra Promessa, Adesso Tu, Storia Importante, Musica è und Se Bastasse gehören einfach zu einem Eros-Konzert.
Und weil es so viele Songs gibt, die der Meister glaubt zu spielen müssen, prügelt er sich pflichtschuldig und einigermassen genervt durch sein eigenes Konzert. Er wirkt nie entspannt, sondern höchstens befriedigt mit der eigenen Leistung. Zwischen den einzelnen Songs gibt es zwar keine Überleitung, aber auch gerade mal 10 Sekunden Pause (also überhaupt keine Zeit zum Verschnaufen). Zum Improvisieren bleibt ohnehin kein Platz, die Videoshow diktiert sekundengenau den Auftritt. Und wenn mal etwas nicht klappt (mit dem Licht gab es mehrmals Probleme, die dem Publikum allerdings gar nicht aufgefallen wären, hat es doch nur Augen für Eros), wird er stinkwütend und flucht herum. Und das Publikum kann es ihm auch nie recht machen: Unzählige Male fordert er zum mehr Klatschen, mehr Winken, mehr Jubeln auf: Mehr, mehr, mehr! Die Beziehung zu den Fans ist zwiespältig: Sie sollen begeistert sein, aber ja nicht zu nahe kommen – Fankontakt gab es daher keinen. Eros Ramazzotti scheint narzisstisch, zugleich aber unsicher zu sein – kaum ein anderer Star würde in seinen eigenen Fanartikeln (verschiedene T-Shirts und Baseballkappe) auf der Bühne defilieren.
Die Folge ist ein fast perfektes Konzert, bei dem die ganze Wärme und Begeisterung vom Publikum ausgeht. Es feiert das Image des Stars und vor allem die eigene Jugend und die eigenen romantischen Träume. Eros ist mit Parla con me und dem abschliessenden Più bella cosa nur der Auslöser dieser Gefühle. Und als solcher hat er seine Pflicht mehr als nur erfüllt!