Review: Gurtenfestival 2010
Carlo Clivio - Woah. Das war heftig. Line-Up, Organisation und Wetter verzauberten die Stimmung am Gurtenfestival 2010. Grossartige Auftritte der Headliner, fantastische Performances auf der Zeltbühne sowie vielversprechende Schweizer Bands am idyllisch gelegenen Waldrand beigeisterten das Pub...
Donnerstag
Mit der Verpflichtung von Babyshambles, Empire of the Sun und Jet hatten die Verantwortlichen des Festivals ein gutes Händchen bewiesen: Der Auftakt zum viertägigen Konzert-Marathon ist erfolgreich geglückt. Mit frenetischem Beifall wurden fast alle Bands von der Bühne begleitet. Lest die Berichterstattung zum Auftakt des Gurtenfestivals hier.
Interview Jet
Vor dem Konzert der australischen Indie-Rocker Jet am Donnerstagabend beantwortete Chris Chester, Drummer und Sänger der Band, einige Fragen von Students.ch. Wie es sich anfühle, heute der Schlagzeuger der Band Jet zu sein, meinte Chris mit breitem Grinsen im Gesicht lapidar: „Better than yesterday.“ Eine Operation an den Zähnen hatte während etlicher Tage schmerzhafte Nachwirkungen hinterlassen. Das tolle an seinem Job sei speziell auf dieser Tour, die freien Montage, Dienstage und Mittwoche zwischen den Festivals. In Zürich habe die Band in den letzten drei Tagen ausschliesslich lange geschlafen, hervorragend gegessen, Schweizer Lager getrunken, in der Sonne gelegen und im Zürichsee gebadet. Ob der Hype um die Band in Australien nach dem einschlagenden Debutalbum Get Born vor sieben Jahren immer noch anhält, antwortete Chris mit „Oh Yeah.“ Im Herbst steht eine riesige Abschiedstournee der Band Powderfinger quer durch ganz Australien an, wofür Jet als Support-Act ausgewählt wurden. Die dritte Single hält sich hervorragend in den Charts und auch das Album stösst bei den Kritikern auf positive Resonanz. Chris macht wirklich einen glücklichen Eindruck und lacht beim Überlegen, wie toll es ist, der Schlagzeuger von Jet zu sein. Angesprochen auf das Leben auf Tour mit seinem Bruder, dem Frontman der Band, sagt Chris, dass man die Konflikte mittlerweile gut löse. – Wie? – Mit Bier. Auf die Setlist für das Gurtenfestival angesprochen, verspricht Chris einen Rock’n’Roll-Gig mit nur drei Balladen.
Sängerin Skunk Anansie in der Menge
Freitag
Dichtes Gedränge herrscht auf dem Gurten. Das Festival ist ausverkauft. Anstehen am frühen Abend bei der Gurtenbahn dauert eine gute Stunde. Der Weg zwischen Zelt- und Hauptbühne ist verstopft. Vor den Toiletten bilden sich lange Schlangen. Da empfindet man im Nachhinein die Zustände am Donnerstagabend mit 8'000 Besuchern als beinahe zu paradiesisch. Die Sonne brennt, kein Lüftchen geht mehr. Die Masse schwitzt. Kurz kracht ein Gewitter über den Gurten. Der Boden hält dem Guss stand. Die Headliner Faith No More machen mehr Krach als Musik. Der Auftritt vermag nicht zu überzeugen. Vor der Bühne bemüht sich eine Gruppe etwas Stimmung zu machen. Die Welle schwappt jedoch nicht auf die anderen Festivalbesucher über. Vor weniger als tausend Zuschauern spielen sich dafür Navel tief in die Herzen der Anwesenden Waldbühnen-Freunde. Mit dreckigem Rock’n’Roll, einem genialen Neil Young Cover, und Basler-Charme lassen sie den durchzogenen Auftritt von Faith No More vergessen. Danach sind wieder enttäuschende Headliner an der Reihe. Editors erinnern an eine billige Coldplay-Kopie und scheitern damit arg. Von den Musikkritikern zu unrecht gefeiert, zeigt die Band wenig von ihrem nachgesagten Können. Bis zum Ende des Konzerts haben viele Besucher den Platz vor der Hauptbühne verlassen.
Samstag
Ein Tag in grau. Die Sonne zeigt sich erst als das John Butler Trio auf der Bühne steht. Zu melodiösen Rhythmen tanzt das Publikum im Sonnenschein. Die Stimmung ist ausgelassen und fröhlich. Ein solider Festivalauftritt, welcher auch die letzten Reihen zum mitklatschen animiert. Mit Einbruch der Dunkelheit sanken auch die Temperaturen rapide. Auf der Zeltbühne wurde aber eingeheizt. Für das Konzert der walisischen Band Stereophonics mit dem charismatischen Frontman Kelly Jones versammelten sich Tausende im Zelt. Dichtes Gedränge herrschte. Die Behauptung von Carlos Leal (Sens Unik), bei überdachten Konzerten würde eine bessere Stimmung erzeugt, als bei nicht überdachten Konzerten, bestätigten Stereophonics mit ihrem Auftritt. Der Auforderung auf dem Bühnenbild "Keep Calm And Carry On" leistete niemand Folge. Ein Set, mit fast allen grossen Hits, und einer Band in spielfreudiger Laune, rockte die Zeltbühne während 75 Minuten und erhielten verdient tosenden Applaus.
Sonntag
Während viele Besucher mit 3- und 4-Tagespässen abreisten. Strömte am Sonntag eine Schar von Bernerinnen und Bernern, ausgestattet mit dem Sonntag-Tagespass, auf den Gurten. Auf der Hauptbühne wurde nicht harter Rock sondern feine Klänge von Amy MacDonald und Skunk Anansie gespielt. Bei der abschliessenden Medienkonferenz zogen die Organisatoren positives Fazit. Kein Wunder, denn mit je 20'000 am Freitag, Samstag und Sonntag hat das Festival seine Kapazitätsgrenze erreicht.