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8. März 2008, 12:55 Interview Music

Mad Caddies im Interview

Dominik Mösching - Letzten Donnerstag, 06. März 2008 spielten die Mad Caddies im Abart in Zürich. Students.ch sprach vor dem Konzert mit Sänger und Frontmann Chuck Robertson.Students.ch: Chuck, ihr seid jetzt vier Wochen auf Europatour. Wie geht’s?Chuck: Gut, danke! Zuerst waren wir eine Woche...

Letzten Donnerstag, 06. März 2008 spielten die Mad Caddies im Abart in Zürich. Students.ch sprach vor dem Konzert mit Sänger und Frontmann Chuck Robertson.

Students.ch: Chuck, ihr seid jetzt vier Wochen auf Europatour. Wie geht’s?

Chuck: Gut, danke! Zuerst waren wir eine Woche in England und Schottland unterwegs, als Support für die Dropkick Murphys. Das war angenehm für uns: Nur eine halbe Stunde spielen und trotzdem eine Menge neue Fans erreichen (lacht). Für die Leute, die vor allem wegen uns zu den Shows kamen, war es hingegen weniger lustig. Und klar: Das richtige Konzertfeeling stellt sich für uns natürlich nicht ein, wenn man nur so kurz spielt. Aber seit drei Wochen sind wir ja als Headliner unterwegs und spielen richtige, eineinhalbstündige Gigs. Das ist zwar anstrengender, aber viel besser!

Nach der Frühlingstour 2007 und dem letzten Openair-Sommer spielt ihr schon wieder in der Schweiz. Ihr seid extrem viel unterwegs, gerade in Europa. Weshalb?

Nun, wenn wir ein Album veröffentlichen, dann gehen wir immer etwa ein Jahr auf Tour. Keep It Going kam im Frühling 2007 in die Läden. Das heisst, dass der Zyklus bald wieder von vorn anfängt: Nach einigen Festivals diesen Sommer gehen wir nach Hause, nehmen ein neues Album auf und fahren wieder los, nach Europa, Japan oder Südamerika. Dort sind wir schlicht bekannter als in den USA. Klar haben wir auch zuhause unsere Hochburgen, vor allem an den Küsten. Aber wenn du in Amerika flächendeckend Erfolg haben willst, brauchst du eine PR-Maschinerie, musst zu den kommerziellen Radios, zu MTV und so weiter. In Amerika sind die Distanzen schlicht zu gross, um einfach mal ein bisschen durch Regionen zu touren, wo uns keiner kennt. Da verlierst du Geld anstatt welches zu verdienen.

Seht ihr denn etwas von den Städten und Ländern, die ihr bereist?

Das versuchen wir immer, ja. Heute sind wir zum Beispiel gleich nach dem Aufstehen ins Zentrum flaniert, haben die Altstadt und den See gesehen und genehmigten uns danach in einem traditionellen Schweizer Restaurant eine Bratwurst mit Schweizer Bier. Super!

Gibt es für dich Städte und Orte, an die du immer wieder gern zurückkehrst?

Ja, Berlin zum Beispiel. Ich liebe die Grossstadtatmosphäre, die vielfältige Kultur und den unglaublich freien Geist, der dort herrscht – ein bisschen wie in San Francisco. Als Surfer mag ich auch Portugal mit seinen Stränden sehr. Und in die Schweiz wollte ich schon immer einmal in die Ferien, echt! Einfach im Sommer rauf in die Berge, Bungeejumpen und in kalten Bergseen baden, oder mit der Freundin in einer kleinen Hütte und, na ja (lacht).

Du hast erwähnt, dass ihr bald wieder an einem neuen Album arbeitet. Wird es weiter in die Richtung gehen, die ihr mit Keep It Going beschritten habt, also mehr Reggae und teilweise nachdenklichere Inhalte?

Wir gehen Schritt für Schritt und haben eigentlich nicht eine bewusste Richtung, in die wir uns bewegen wollen. Keep It Going soll einfach für sich selber stehen wie auch die Alben vorher. Aber es ist schon so: Wenn man älter wird, dann verändert sich auch der eigene Musikgeschmack. Dieses Melodic-Punk-Ding wird man von uns kaum mehr hören. Insofern wird auch auf dem neuen Album sicherlich Reggae vertreten sein, neben diesen morbiden, dunklen Jazz-Sachen, die uns in letzter Zeit stark beschäftigt haben. Ich bin zum Beispiel ein grosser Tom Waits-Fan. Das fliesst dann natürlich ins Songwriting mit ein. Dennoch kann ich nicht von der Leber weg einfach irgendetwas schreiben, was mir persönlich vielleicht extrem gefallen würde. Denn ich habe immer im Hinterkopf, wie die Leute da draussen reagieren werden. Bewertet und an den Erwartungen gemessen werden, das ist für mich das Schwierigste am Ganzen. Der Fluch der Kunst sozusagen (lacht).

Äussert sich das Älterwerden auch auf Tournee?

Ja, da hat sich sicherlich vieles verändert. Wir sind definitiv erwachsener geworden. Wir waren alle um die zwanzig, als wir mit den Mad Caddies begonnen haben. Da dreht sich natürlich alles um Sex, Drugs & Rock’n’Roll: Du hast haufenweise Mädchen, jeden Tag gratis Alkohol und zerstörst Hotelzimmer... Aber mittlerweile muss ich mich schon nur wegen der Stimme etwas professioneller verhalten, auf die Ernährung achten und brauche auch ein bisschen mehr Erholung, um bei den Konzerten Vollgas geben zu können. Na ja, ich bin vor kurzem dreissig geworden (lacht).

Wäre denn für euch nach mittlerweile zehn Jahren bei Fat Wreck Chords auch der Wechsel zu einem grossen Label eine Option? Zum Beispiel, um die USA endlich zu knacken?

Um ehrlich zu sein: Ja. Wir verdienen gerade genug Geld, um essen zu können. Wir wohnen heruntergekommen, haben Schrott-Autos, und ich bin der einzige mit einer Krankenversicherung. Wenn man allerdings den aktuellen Zustand der Musikindustrie betrachtet, würde der Wechsel zu einer grossen Plattenfirma vielleicht gar keine grosse Verbesserung bringen. Denn mittlerweile bekommen Bands dort nicht nur schlechte Verträge – ein Dollar pro CD für die Band ist ja normal –, sondern müssen sogar Anteile von den Konzert- und Merchandise-Einnahmen an die Firmen abdrücken. Man hat eben gemerkt, dass das Geld nur noch dort fliesst. CDs verkaufen sich ja kaum mehr.

Wie siehst du in diesem Zusammenhang das Internet?

Für die grossen Unternehmen ist es natürlich dramatisch. Seit den 1950ern und der Abzocke der Schwarzen Jazz-Musiker kontrollierten sie die Verbindung zwischen den Bands und den Fans. Das ist nun vorbei. Persönlich versuche ich, das Ganze positiv zu sehen und zu überlegen, wie man als Band von dieser direkten Verbindung zu den Fans profitieren könnte. Ein tolles Beispiel ist Radiohead. Sie bieten ihr neues Album auf der Homepage zum Download an und stellen es den Usern frei, ob sie zahlen wollen und wie viel sie zahlen wollen. Im Schnitt waren das fünf Dollar. Bei den zwei Millionen Downloads kam ganz schön was zusammen! So zahlen die Fans weniger für eine Platte, und die Bands verdienen trotzdem mehr, als wenn sie bei einer grossen Firma unter Vertrag wären.

Ein solches Vorgehen wäre für euch also auch denkbar?

Auf jeden Fall. Und mittlerweile ist durch die ganzen Möglichkeiten am Computer auch die Produktion einer CD nicht mehr so unerschwinglich. Unser Gitarrist, Sascha, macht schon vieles in diese Richtung. Und wenn wir ein Album für 5’000 statt 100’000 Dollar aufnehmen können, wird es für die Fans wiederum billiger. Die Leute sind eigentlich bereit, für gute Musik zu zahlen, vor allem, wenn sie wissen, dass ihr Geld komplett die Band erreicht. Denn ohne Einnahmen aus der Musik gäbe es halt irgendwann auch keine Bands mehr. Aber wir kämpfen weiter!

Unbedingt. Vielen Dank für das Gespräch!

Mad Caddies

Mad Caddies @ Myspace (Bildquelle)

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