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13. März 2008, 18:22 students.ch Kolumnen

Rückblende: U2 - The Joshua Tree

Simon Knopf - 1987 Island Wie aus dem Nichts tauchen da diese sanften Orgelklänge auf, werden intensiver, verdichten sich langsam zu einer Atmosphäre. Ebenso unscheinbar setzt darauf eine helle Gitarrenlinie ein, gewinnt an Volumen, und wird schliesslich zum treibenden Teppich von Where Th...

1987

Island

Wie aus dem Nichts tauchen da diese sanften Orgelklänge auf, werden intensiver, verdichten sich langsam zu einer Atmosphäre. Ebenso unscheinbar setzt darauf eine helle Gitarrenlinie ein, gewinnt an Volumen, und wird schliesslich zum treibenden Teppich von Where The Streets Have No Name.

Selbst 20 Jahre nach dem Release von The Joshua Tree raubt einem die Ouvertüre von U2s fünftem Album für einige, wenige Sekunden den Atem. Dass dieses Album noch heute als Meilenstein sowohl für die Band, wie auch für die Musikwelt angeschaut werden muss, kann kaum bestritten werden. Mit The Joshua Tree katapultierten sich die vier Iren auf einen Schlag in den Olymp der Rockmusik. Während mehr als einem halben Jahr besetzten die insgesamt vier Single-Auskopplungen aus dem Album die goldenen Treppchen beinahe aller Charts beidseits des grossen Teiches. Innert kürzester Zeit ging die LP über 15 Mio. Mal über die Ladentheke.

Die Frage, die sich also hier stellt ist, weshalb wurde The Joshua Tree zu einem so grossen Erfolg? Um dies beantworten zu können, muss das Album sowohl in den Kontext des vorherigen Schaffens der Band, wie auch in jenen der damaligen Musikwelt gestellt werden. Mit Acts wie den Bangles und John Farnham dominierte 1987 immer noch Synthi lastiger 80er Pop die Charts. Auch Irlands Beitrag zum internationalen Musikgeschehen war mit dem Eurovision-Gewinner Johnny Logan eher in der Ecke Schmalz einzustufen. U2 auf der anderen Seite hatten sich mit ihren ersten drei Alben stark an der englischen Musikszene und Bands wie Joy Division orientiert. Musikalisch waren Boy, October und War also tief in der Post-Punk Ära verwurzelt gewesen, inhaltlich hatten sich die Alben überwiegend auf heimischem Torf bewegt.

Und nun war da plötzlich The Joshua Tree. Ein Album von Weltformat mit einem Sound von bahnbrechender Fülle, der den Mainstream gehörig aufmischte. U2 hatten sich musikalisch wie auch thematisch nicht nur von ihrer Heimat, sondern von Europa abgelöst. Mitten in einer wirtschaftlich bedingten Emigrationswelle in Irland hatten sich auch die vier Musiker den USA zugewandt. Blues-, Gospel- und Rockelemente, The Edges glasklare Riffs, sowie das Fingerspitzengefühl der zwei Produzenten Brian Eno (ex-Roxy Music) und Daniel Lanois resultierten in einem energetischen uns sphärischen Sound, der fortan zum Markenzeichen von U2 werden sollte.

„… nothing to win/And nothing left to lose.” singt Bono in With or Without You und tut dies mit einer Innigkeit, die noch heute Gänsehaut erzeugt. Kurz danach gipfelt das Lied in einem epischen Schlussteil, während dem sich der Sänger nichts weniger als die Seele aus dem Leibe schreit. Ein Song, der wie die Druckwelle einer Bombe durch die Hitparaden gegangen sein musste. Doch nicht die gewaltige, erste Single allein ist es, welche The Joshua Tree zu einem der grossen Alben der Rockgeschichte macht. Es ist die Kombination aus der stilistischen Verarbeitung einer Faszination für amerikanische Musik, und dem gleichzeitigen sehr USA- und gesellschaftskritischen Unterton in Bonos Texten.

So untermalt Gitarrist The Edge Bullet the blue Sky mit einer aggressiven Slide-Gitarre, während Bono die Südamerika-Politik der Vereinigten Staaten anfangs der 80er anprangert. Gleich anschliessend, im ruhigen, beinahe bluesigen Running to stand still besingt der Frontman eine Drogensüchtige. „I see seven towers/but only see one way out“, hören wir, und kriegen dabei ein berührendes Bild einer Frau, die für das heruntergekommene, perspektivenlose Dublin der 80er steht. Der Byllmun-Housing-Estate mit seinen sieben charakteristischen Hochhäusern als Symbol fürs im Stich gelassen werden vom Staat.

Eindrückliche Bilder und kraftvolle Musik. 20 Jahre nach der Veröffentlichung kann The Joshua Tree gleich auf doppelt Weise als zeitlos angesehen werden. Bonos Texte haben kaum an Aktualität eingebüsst, und der musikalische Weg von U2 hat die Iren längst wieder dahin zurückgeführt, wo sie einst so richtig durchgestartet sind.

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