Magazin durchsuchen

Neuste Blogs

10. November 2010, 11:29 Kultur

Pole oder Nazi – das ist hier die Frage

Patrick Holenstein - Ernst Lubitschs kongeniale Version von „Sein oder nicht sein“ stand bei der Aufführung im Badischen Bahnhof Pate. Über Esprit, feinsten Klamauk und andere gute Gründe, um wieder mal bei den Förnbachers vorbeizuschauen, lest ihr hier.Von Annekatrin KapsErnst Lubitschs Kom...

Ernst Lubitschs kongeniale Version von „Sein oder nicht sein“ stand bei der Aufführung im Badischen Bahnhof Pate. Über Esprit, feinsten Klamauk und andere gute Gründe, um wieder mal bei den Förnbachers vorbeizuschauen, lest ihr hier.

Von Annekatrin Kaps

Ernst Lubitschs Komödie wurde als sophisticated gerühmt und hat selbst Jahrzehnte nach ihrer Uraufführung nichts von ihrem beissenden Spott eingebüsst. Auch wenn als Parodie der Nazis gedacht, ist es vor allem eine Hommage ans Theater. Was liegt also näher als eine Bühnenadaptaion? Das mag sich auch Helmut Förnbacher gedacht haben, der das Stück auf die Bühne seines Theaters gestellt hat und den Theaterdirektor selber spielt.

Es beginnt mit einem Blick in ein Büro mit imposantem Schreibtisch, unübersehbaren Hakenkreuzfahnen und Hitler als Wandtapete. Im Nebenzimmer ein Telefon mit Wandanschluss, dann erscheint ein Junge in der khakibraunen Uniform der Pimpfe, der mit seinen Erläuterungen das Warschau kurz vor dem Einmarsch Deutschlands beschwört. Dabei ähnelt der Knabe mit seinem frischen Gesicht und blitzenden Augen genau dem Typ des sauberen, deutschen Jünglings.

Dann wird er ins Büro gerufen und erhält als Geschenk vom Führer einen überdimensionierten Spielzeugpanzer. Der Führer persönlich erscheint und als er mit „Heil ich selber“ zurückgrüsst, ist die Probe gelaufen. Aber kurze Zeit besiegelt der Zensor das Aufführungsverbot und die Theatertruppe greift wieder mal auf Shakespare zurück. Keiner der Schauspieler ist wirklich begeistert, der Theaterdirektor sowieso nervös, da seine Frau schon den dritten Tag Blumen erhält. Dann erhebt sich auch noch ein Leutnant in der dritten Reihe und verlässt das Theater während seines grossen Monologes. Abend für Abend, das gibt dem eitlen, selbstgezogenen Mimen den Rest.

Derweil erlebt die Gattin, die als die schönste Frau Warschaus gilt, Höhenflüge ganz besonderer Art. Doch verwickelt wird es erst mit dem Auftauchen des Leutnants, der sich der Untergrundbewegung in London angeschlossen hat und einem Verräter eine geheime Liste abjagen muss. Nicht nur aus patriotischen Gründen, Grünberg, einer der Schauspieler, ist als Jude hochgefährdet, hilft ihm die Theatercrew. Es beginnt ein mörderisches Katz- und Mausspiel mit slapstickartigen Verwicklungen.

Michel R. Buseke als passioniertem Nacktwanderer und selbstverliebtem Gruppenführer Erhardt auf dem Tisch jonglierend, sollte man gesehen haben. Kristina Nel überzeugt nicht nur als femme fatal, ihre gehauchte Begeisterung beim Fliegen hört man sich gern zweimal an. Helmut Förnbacher würde man auch gern ein viertes Mal zusehen, wie er sich um Contenance bemüht, während sich der Leutnant durch die dritte Reihe arbeitet. Und Dieter Mainka als Bronski begeistert nicht nur als Hitler wegen seiner schuhcremschwarzen Perücke. Einzig dem noch sehr jungen Reto Ziegler als Erzähler würde man etwas mehr Sprecherziehung wünschen.

Einmal mehr zeigt sich die Förnbacher Company als Adresse für beste Unterhaltung, von Reservierungen in der dritten Reihe ist dennoch abzuraten.

  • Förnbacher Theater am Badischen Bahnhof Basel
  • nächste Aufführungen 16., 18., 24. Und 30. November
  • Karten zu 50,- 52,- und 57,-Franken, Studenten für 27,-
  • Weitere Infos findet ihr auf der Homepage des Theaters.
Kommentare
Login oder Registrieren