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23. November 2010, 20:26 Music

Underground Rap-Musik aus der Bay Area San Francisco

Patrick Holenstein -

Als wir in seine Blockhütten-ähnliche Behausung hinein treten, sitzt eine schwarze Person mit Waffe in der Hand auf dem Sofa. Zuerst erschrecke ich und gebe den dazugehörigen Laut von mir. Dann aber erkenne ich, dass es sich um eine körpergrosse Puppe handelt. „Keine Angst“, ruft Joshua über seine Schulter: „Der ist nur da, um Einbrecher abzuschrecken“. Ob die Waffe echt ist, frage ich. „Ja klar, sonst würden die Typen merken, dass es eine Atrappe ist“, antwortet er. Der einstöckige Bungalow ist stickig, düster und schmuddelig, laut dröhnt Drake aus dem Wohnzimmer. Ich trete in den zugemüllten Garten hinaus, um mich zu setzen und eine Zigarette anzuzünden. Einer der zwei Kampfhunde rennt auf mich los und kratzt mich am Bein bis ich ihn streichle, dann legt er sich hin und schnauft friedlich aus.

Text von Jelena Perovanovic

Joshua Durham, alias Five Hunnet, hat nicht immer so gelebt. Nach seinem tausendfach verkauften Rap-Titel, Bubble Gum Pack, wohnte er in einem neuen, schönen Haus in einer besseren Gegend, veranstaltete Parties und half seiner Familie. Jetzt, da er wieder zu Hause wohnt, weiss er noch viel mehr zu schätzen was er hatte. „Nach der Wirtschaftskrise verlor mein Stiefvater seinen Job, meine Mutter arbeitet zwar, aber sie konnte sich die Hypothek nicht mehr leisten. Also zog ich nach sieben Jahren wieder zurück, um sie finanziell zu unterstützen. Ich verdiene genug, sodass wir überleben können und ich bin stolz, wenn wir nicht dahin zurück sinken, wo wir einmal waren. „Im Ghetto von Oakland“. Er war dort immer der „White Boy“, sagt er. In der schwarzen Nachbarschaft ständig gehänselt wegen seiner weissen Haut. Obwohl seine Mutter sehr dunkelhäutig ist, waren die Gene seines portugiesischen Vaters stärker. Er kennt seinen Erzeuger nicht: „Verschwand wohl nach einem One-Night-Stand“, erklärt Five mit einem Schulterzucken. Five, so nennt ihn auch seine Mutter. „Empfindest du das nicht als distanziert, von der eigenen Mutter beim Künstlernamen genannt zu werden?“, frage ich verdutzt. Er antwortet mit einem Lächeln im Gesicht: „Es lässt mich ihre Anerkennung fühlen. Ich werde ernst genommen mit meiner Musik“.

In Oakland, umgeben von Gewalt, Waffen, Drogen, Totschlag, Mördern und verwahrlosten Kindern, beginnt Joshua im Alter von 10 Jahren sich auf dem vom Grossvater geschenkten Klavier das Spielen selbst beizubringen. Er spielt ganz ohne Noten und seiner Grossmutter gefällt es. Die Mutter ist mal im Gefängnis, mal einfach nicht im Stande sich um ihn zu kümmern. Sein Grossvater erkennt das Potential des Enkels und kauft ihm bald darauf ein Keyboard. Er klimpert was das Zeug hält und entdeckt die Welt der Beats. „Das war der schönste Moment meines Lebens. Ich erinnere mich noch genau daran, wie es einfach im Wohnzimmer stand als ich zur Tür hineintrat. So glücklich war ich nicht oft“, erzählt der Musiker nachdenklich, mit leiser Stimme. Kurz darauf lacht er aber wieder, als er mir von seinem Stanford Diplom erzählt. Er sei als 14-Jähriger auserkoren worden an einem Sommer-Jazz-Diplomkurs für musikalisch begabte Kinder an der Stanford Universität teilzunehmen. Mit Stipendium! Musikergrössen unterrichteten die Kinder und improvisierten Jazz mit ihnen. Einige Male wurde Five aus dem Unterricht geschmissen, weil man mit seiner Ungezogenheit und seinem Temperament nicht umgehen konnte. Theorie sagte ihm nichts, er wollte nur Jammen und darin war er der Beste.

Five Hunnet produzierte für Snoop Dog, tha East Sidaz, Sean Kingston und Richie Rich, um nur einige Grössen zu nennen. Gerade arbeitet er an einem Projekt mit Gucci Mane. Als wir über seine aktuellen Ziele sprechen, zeigt er mir sein selbst erbautes Studio. Ein Holzhäuschen im Garten, welches er von Grund auf selbst errichtet hat. Da stecke viel Herzblut drin, sagt er. Es sei zwar nicht die beste Isolation, aber sein eigenes kleines Studio, dass ihm ständiges Arbeiten ermöglicht. Es ist schon dunkel als ich wieder eine Zigarette anzünde und die Hündin namens Diamond streichle. Seine Musik töne nach Drake, sage ich zu ihm, da erzählt er mir, wie er vor Kurzem Backstage-Pässe hatte und darauf brannte, ein paar Worte mit Drake zu wechseln. Er sei hingegangen, hätte seinen Namen genannt und seine Bewunderung ausgesprochen, dann fährt er weiter: „Drake sagte nur zu seinen Bodyguards: „Was macht dieser Motherfucker hier! Nehmt diesen Pisser aus meiner Sichtweite!“ Ich bin dann ruhig weg gelaufen. Schade, dass er nach kurzer Zeit im Rampenlicht bereits so abgehoben ist. Schade. Aber weisst du was? Ich habe das Gefühl, dass er mir noch einmal begegnen wird.“

Five Hunnet - Bubble Gum Pack

  • Five Hunnet
  • Aktuelles Album: The Mnemonic
  • Infos und Hörproben bei Myspace oder auf der Homepage von Five Hunnet.
  • Das Album ist erhältlich bei iTunes.
Kommentare
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Raegiwombat 25.11.2010 um 19:32
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