Review: The Cooper Temple Clause (UK)
Jesse Bächler - Nach einer grandiosen Eröffnung der Show von Flink (CH) rannte der Fünfer von der Insel bei der Abart- Besucherschaft offene Türen ein.Manchmal frage ich mich, wozu gewisse Leute überhaupt an Konzerte gehen. Sie kosten Eintritt, die Getränke sind teuer, man muss auch noch la...
Manchmal frage ich mich, wozu gewisse Leute überhaupt an Konzerte gehen. Sie kosten Eintritt, die Getränke sind teuer, man muss auch noch lange dafür anstehen, es ist heiss und stickig, die Musik laut. Alles Dinge, die dafür sprächen, sich voll und ganz der Musik hinzugeben und zu geniessen, wofür man gelitten hat. Aber nein, man steht den ganzen Abend da und redet. Besser gesagt, schreit von einem Gesicht ins andere. Dabei spielen Flink aus Luzern und The Cooper Temple Clause ein unglaubliches Set – der Bass legt sich wie Flüssigbeton über den ganzen Club, während die Gitarren die verbliebenen Blasen ausfüllen. Das Publikum vor der Bühne lässt den Boden des Venues schon beim dritten Lied vor Lauter Stampfen und Tanzen vibrieren und im Verlauf des Gigs wird der Moshpit – falls man das so nennen darf – immer grösser. Leider eben auch die quatschende Gilde, die sich heute allerdings diskret in den hinteren Winkeln des Abart aufhält. Der Fünfer von der Insel macht zu Beginn grad mal klar, dass sie nicht hergekommen sind, um sich die Aufmerksamkeit des Publikums zu erkämpfen. Sie decken einfach alles zu, kompromisslos und ohne grosse Kommentare. Songs wie Head oder Damage werden live zu wahren Bestien und bannen die Anwsenden von der ersten Sekunde an. In gewohnter Manier wird das Lead-Sängertum im Kreise gereicht und zwischendurch auch mal die Instrumente gewechselt.
Doch heute überzeugen The Cooper Temple Clause nicht mit einem beeindruckenden Mulitinstrumentalismus, sondern vielmehr mit ihrer Musik an sich. War die letzte Show vor knapp einem Jahr geprägt von Man-Power und Testosteron in den Saiten, lässt man heute die Musik für sich selbst sprechen. Die Songs entfalten live noch weitaus mehr ihrer Vielfältigkeit und hinterlassen dabei tiefe Eindrücke. Egal, ob ein hektischer Song wie Homo Sapiens oder „eine halbe Techno-Party“ (O-Ton von einem Freund) bei All I See Is You, sie funktionieren live prächtig! Man ist fast versucht zu sagen, dass diese Band live besser klingt als auf CD. Inmitten all dieser Intensität wirkt ihr Ur-Hit Who Needs Enemies auch schon ziemlich fahl und in seiner Melancholie fast schon etwas deplatziert.
Die Band ist sich ihres Sieges gewiss – was sie angesichts eines praktisch ausverkauften Abarts nach einem spärlich besetzten Fri-Son am Vortag auch sein kann – und wirkt deshalb gelegentlich etwas unnahbar: Interaktion mit dem Publikum sucht man vergebens, die Aufforderung „Feel free to sing along“ zu Waiting Game zeugt eher davon, dass man weiss, wo die Fans sind. Und auch die Lobgesänge an den Club und die Schweiz werden irgendwann etwas zuviel des Guten. Aber möglicherweise liegt das daran, dass The Cooper Temple Clause die ewigen Gesprächler neben ihren treuen Fans in den vorderen Reihen gar nicht wahrnehmen. Und so kann man zumindest für diese beiden Parteien gelten lassen, was Ben Gautrey nach einem fulminanten Techno-Goodbye (Panzer Attack) meint: „What a fucking great night!“