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7. Dezember 2010, 21:30 Movie

Benda Bilili

Raphaël Rück - Ein melodischer Name, den man am besten laut ausspricht um einen Vorgeschmack auf diesen rhytmischen Dokumentarfilm zu bekommen (für Worterklärung siehe Interview). Die Franzosen Renaud Barret und Florent de la Tullaye folgen dem Staff Benda Bilili, einer Musikgruppe von kongol...

Ein melodischer Name, den man am besten laut ausspricht um einen Vorgeschmack auf diesen rhytmischen Dokumentarfilm zu bekommen (für Worterklärung siehe Interview). Die Franzosen Renaud Barret und Florent de la Tullaye folgen dem Staff Benda Bilili, einer Musikgruppe von kongolesischen Paraplegikern, von ihren anfänglichen Musikproben auf Kinshasas Strassen bis zur ersten Bühnenshow an einem grossen französischen Festival.
Wie ihr Album, das sie „Très Très Fort“ tauften, fehlt es den 6 Musikanten nicht an Selbstbewusstsein. Doch authentisch bleiben sie trotz ihres Erfolgs: Aufgenommen wurde das Album im heuntergekommenen Zoo von Kinshasa. 2009 gewann es den im Bereich der Weltmusik renommierten Womex Award...

Der Doku ist nicht bloss die Bebilderung einer afrikanischen „success story“, sondern reflektiert auch über die Unterschiede zwischen dem Westen und dem vergessenen Kontinent. Der Streifen trieft von Lebensfreude und lädt zum Mitwippen ein.

Bewertung: 5 von 5


Interview mit Florent de la Tullaye

Was heisst Benda Bilili?

Benda Bilili heisst auf Lingala wörtlich übersetzt: „Bilder ziehen“. Es heisst im übertragenen Sinne, dass man über den ersten Eindruck hinwegsehen soll, dass man sich nicht vom Schein blenden lassen darf. Es ist ziemlich prophetisch, denn Ricky (Älteste der Band) sagte uns schon 2004, als wir ihn kennenlernten: „Mit euch werden wir die bekannteste behinderte Musikgruppe der Welt“. Wir sahen sie auf ihren Kartonunterlagen spielen und sahen, dass der Weg noch lang war. Roger meinte, dass er mit seiner Blechdose (ein selbsterfundenes Saiteninstrument) seine Familie ernähren würde. Das sind zwei Figuren, die sehr stark an ihre Fähigkeiten glauben und die alles daran setzten das zu erreichen, was sie heute erreicht haben.

Wann seid ihr in Kinshasa angekommen? Was war der ursprüngliche Plan?

Also am Anfang waren wir zwei „boozing fiends“ und wir hatten keinen präzisen Plan, aber wir waren an Musik interessiert. Renaud war Graphiker und ich machte viel Photographie, viele Photoreportagen, solche Sachen. Wir haben uns vor Ort mit Kameras ausgerüstet, weil wir Musiker filmen wollten. Wir hatten gar nicht die Absicht richtige Filme zu machen. Unser erster Wunsch mit Benda Bilili war ihr Album aufzunehmen. Wir dachten, es sei einfacher, als es dann wurde (er lacht).Wir haben immer alles aufgenommen. Da wir die Internetgeneration sind, musste Benda Bilili auch im Internet zu sehen sein. Das hat uns sehr geholfen, als wir eine Plattenfirma suchten, denn die Videos wurden bis zu 500'000 Mal angeklickt. Die Tatsache, dass sie behindert waren machte den Labels ein wenig Angst. Schliesslich ist ein belgisches Qualitätslabel eingestiegen, weil sich gerade einer ihrer Toningenieure in Kinshasa aufhielt. Es ist zu dieser Zeit – also ab 2006 – dass wir angefangen haben, uns mit unserem Bruttomaterial auseinanderzusetzen und uns dachten, da entwickelt sich was besonderes.

Welche Art von Kameras habt ihr zur Aufnahme benutzt?

Wir haben alles mit kleinen Sony DV-Kameras gefilmt. Als die HD-Kameras auf den Markt kamen, haben wir nicht gewechselt, weil wir nicht unterschiedliche Aufnahmequalitäten wollten. Der Film wurde dann auf Filmspulen transkribiert. Das ist eine kostspielige Sache, aber es war notwendig, um den Film in Kinos zu zeigen.Wir haben immer sehr diskret und einfach gearbeitet, denn es ist ziemlich kompliziert in Kinshasa zu filmen. Als Weisser fällt man schnell auf. Es gibt eine Art Paranoia und auch wegen dem Geld wird man dauernd dumm angemacht. Auch die Polizei nützt jeden Vorwand um dich zu verhaften.

Ohne euch hätte es Benda Bilili wahrscheinlich nie soweit geschafft?

Natürlich nicht und trotzdem war die Erfahrung für beide gewinnbringend. In gewisser Weise haben sie uns auch zu Regisseuren gemacht, deshalb ist die Dankbarkeit absolut gegenseitig.

Hat sich der Staff verändert seit er so erfolgreich ist?

Ich würde sagen, dass einige Mitglieder richtig aufgeblüht sind. Das ist sehr schön zu sehen. Zum Beispiel „Cabossé“, der immer über seine Krücken gekrümmt war, und eher scheu und misstrauisch war, ist sehr herzlich geworden. Ihr Leben hat eine glückliche Wende genommen und das scheint sie nicht übermütig gemacht zu haben. Sie sind ziemlich gleich geblieben – mit einer gewissen Gaunermentalität natürlich, aber voll Humor und ihren Wurzeln treu. Sie versuchen nicht grosse Bourgeois zu werden!

Im Film wirkt Roger ziemlich beeinflussbar und man weiss nicht in welche Richtung es ihn verschlagen wird. Wie hat er sich entwickelt?

Roger ist für mich ein kleines Musikgenie. Es stimmt, dass er seine Grenzen hat. Ich habe ihn zwar aufgemuntert Lesen und Schreiben zu lernen, aber es hat ihn immer gelangweilt, darum ist er immer noch Analphabet. Auf der anderen Seite investiert er in kleine Geschäfte, damit er für seine Familie aufkommen kann und von ihr in Ruhe gelassen wird. Es gefiel ihm mit meinen Foto- und Videokameras zu spielen und darum hat er sich auch einen Laptop und elektronisches Zeug gekauft. Jetzt führt er eine kleine Foto- und Filmagentur, die Videoaufnahmen von Hochzeiten, Beerdigungen usw. macht.

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