Magazin durchsuchen

Neuste Blogs

11. Dezember 2010, 15:15 Konzert

Review: Suede @ Paradiso, Amsterdam

Marino Ferri - Gerüchte über Geldsorgen und Vergessenheitsangst gingen mit der Reunion von Suede einher. Gerüchte, die bei einer überraschenden Wiedervereinigung nach sieben langen Jahren der Trennung nicht zu vermeiden sind. Dass in diesem Falle mehr dahinter steckt, bewiesen Brett Anderso...

Gerüchte über Geldsorgen und Vergessenheitsangst gingen mit der Reunion von Suede einher. Gerüchte, die bei einer überraschenden Wiedervereinigung nach sieben langen Jahren der Trennung nicht zu vermeiden sind. Dass in diesem Falle mehr dahinter steckt, bewiesen Brett Anderson und seine vier Mitstreiter in Amsterdam mit einem energischen, engagierten Auftritt eindrücklich.

Unerbittlich kalte Aussentemperaturen, die klägliche, zu langen Wartezeiten führende Organisation des Gastgeberlokals und die durch und durch dürftige Leistung der Vorband Spirals, liessen die Vorfreude auf Suede nur stetig steigen. Als gegen neun Uhr abends die Lichter endlich ausgingen und der Sex Pistols-Hit „Bodies“ durch die prall gefüllte Halle schallte, war der Moment gekommen auf den die meisten, wenn nicht alle Anwesenden sieben oder mehr Jahre gewartet hatten: die Wegbereiter von Oasis, Placebo und unzähligen anderen britischen Bands standen wieder gemeinsam auf der Bühne – in der Besetzung, die auch auf dem erfolgreichsten Album „Coming Up“ (1996) zu hören ist.

Die grossen Worte sparte man sich, schliesslich waren es die Songs, für die alle an diesem Abend gekommen waren. „This Hollywood Life“, „She“ und ihr grösster Hit „Trash“ bildeten das explosive Anfangstriplet, welches das Publikum bereits in einen nahezu ekstatischen Zustand versetzte und aufzeigte, welches Konzept die Band den ganzen Abend über verfolgen würde: ein souveränes Soundgerüst wurde von den im Halbkreis gruppierten Musikern geliefert, bei denen im Verlaufe der Show insbesondere Gitarrist Richard Oakes aufblühte, während man Mastermind Anderson den Raum überliess um seine perfekt einstudierten, exaltierten Posen zur Schau zu stellen.Es war die Kombination dieser makellosen musikalischen Darbietung mit den händeschüttelnden, flaschenkickenden, mikrofonschwingenden Gebärden von Brett Anderson, die den Auftritt so gelungen machte. Dass seine Stimme nach wie vor einwandfrei alle Höhen und Tiefen zu bezwingen weiss, kommt dazu.

Band und Publikum steigerten sich gleichermassen von Song zu Song. Die Fans euphorisiert durch die Aneinanderreihung von Hits, die die Band zum Besten gab; diese selbst angestachelt dadurch, dass auch nach all den Jahren der Abwesenheit noch ein tausendstimmiges „Na-na-na-na“ bei „The Beautiful Ones“ gebrüllt wurde, und dass selbst bei eher unbekanntem Material wie der B-Side „Killing of a Flash Boy“ eifrig mitgesungen wurde. Das rundum gelungene Konzert wurde nur von einer kurzen, allzu kurzen Zugabe getrübt. Anderson solo mit der akustischen Gitarre gab „The Living Dead“, eine weitere B-Side, zum Besten und darauf schlossen alle zusammen mit „Saturday Night“.

Manch ein Klassiker blieb trotz des dichten Programms ungehört, so hätten bestimmt viele noch gerne „Europe Is Our Playground“ (auch der Aufdruck der offiziellen T-Shirts) gelauscht, oder „Lazy“, oder „Filmstar“, oder… bedenkt man aber, dass die Band zwei Stunden lang wirklich alles gegeben hat und ausserdem direkt weiter nach Berlin musste, erscheint die spärliche Zugabe nicht weiter schlimm.Nicht weiter schlimm waren auch die weiterhin eisigen Aussentemperaturen für die rundum glückliche Zuschauerschar, die mit frierenden Händen und Füssen, aber einem noch lange gewärmten Herzen den Heimweg antrat. Und ich bin sicher, ich bin nicht der Einzige, der hofft, dass dies nicht das letzte Suede-Konzert seines Lebens bleiben wird.

Kommentare
Login oder Registrieren