Kirschblüten-Hanami
Sebastian Mayr - Die japanische Kirschblüte (sakura), deren Schönheit die Japaner in den etwa 10 Tagen ihrer Blüte in jedem Frühjahr mit „Kirschblütenfesten“ feiern (hanami), ist ein Symbol. Sie steht für die zerbrechliche weibliche Schönheit sowie für Aufbruch und Vergänglichkeit un...
Rudi arbeitet im Kreisverwaltungsamt und hasst Veränderungen. Zusammen mit seiner Frau Trudi führt er in einem kleinen Dorf im bayerischen Allgäu ein ereignisarmes Leben, das von liebevollen Ritualen, Gleichklang und Harmonie geprägt ist. Da die Kinder ausser Haus sind, hat das Paar nur noch sich. Nichts scheint diese Ordnung jemals aus den Fugen bringen zu können, bis Trudi plötzlich von den Ärzten erfährt, dass ihr Mann Krebs im Endstadium hat.
Da sie es nicht übers Herz bringt, ihm dies zu erzählen, folgt sie kurzum dem Rat der Ärzte und überredet Rudi zu einer letzten Unternehmung. Spontan setzen sie eine Reise zu den Kindern in Berlin an. Dort angekommen merken sie, dass sie nicht wirklich willkommen sind und dass man sich auch sonst recht fremd geworden ist. Sie fahren weiter an die Ostsee, wo die Handlung eine unerwartete Wendung nimmt. Nicht der Mann, sondern die Frau stirbt. Erst in seiner Trauer nimmt Rudi die innerlich gehegten, aber stets aus Liebe zu ihm zurückgestellten Wünsche seiner Frau wahr: Einmal den japanischen Ausdruckstanz Butoh lernen und den Fujijama sehen. In dem schlechten Gewissen, dem Glück Trudis jahrelang im Weg gestanden zu haben, möchte Rudi dies wieder gut machen und fährt, mitsamt den Kleidern und dem Schmuck seiner Frau im Koffer, zu seinem jüngsten Sohn (Maximilian Brückner) nach Japan. Dort lernt er im Park unter den Kirschblüten das junge Strassenmädchen Yu (Aya Irizuki) kennen, mit deren Hilfe er hofft, die Wünsche seiner Frau doch noch erfüllen zu können...
Kirschblüten ist ein ruhiger, mehrschichtiger Film, der auf intime Weise zeigt, wie beruflicher Alltag, die Kraft der Gewohnheit, aber auch eventuell falsch verstandene Rücksichtnahme, Menschen aneinander vorbeileben lassen können und Träume deshalb ungelebt bleiben. Nur durch die Einsicht in die bittere Realität, die manchmal grossen Schmerz erfordert und den Mut, sich von allen Banden zu befreien, um die Gelegenheit beim Schopfe zu ergreifen, kann sich die Lebensblüte entfalten. Was Trudi während ihrer Ehejahre niemals wagte, vollendet Rudi mit einer Reise in die Gefühls- und Gedankenwelt seiner Frau.
Wieviel Überwindung dies kosten und wie schwierig das sein kann, wird denn auch in den sehr real dargestellten Innenansichten der Familienstrukturen, Alltagsabläufen und Figuren deutlich. Der fernsehfilmische Charakter des mit dem Bayerischen Fernsehen koproduzierten Werkes mag hier (ausnahmsweise) zuträglich sein. Viele der Zuschauer dürften sich in den wie aus dem Leben geschnittenen Situationen und Dialogen ertappen und gezwungen sein, ihr Verhältnis zu den Eltern oder dem Partner zu hinterfragen. Der Film ist deshalb trotz einiger Längen nicht nur grosses märchenhaftes Gefühlskino (Taschentücher bereit halten!), sondern auch Sozialkritik, wofür er bereits mit zwei bayrischen Filmpreisen („Bester Film“ und „Bester Darsteller“) und einer Berlinale Nominierung belohnt wurde.
Bewertung: 4.5 von 5
Land: Deutschland
Genre: Romantik, Drama
Länge: 121 Min.
Regie: Doris Dörre
Darsteller: Elmar Wepper, Hannelore Elsner, Aya Irizuki, Maximilian Brückner u.a.
Verleih: Ascot Elite
Filmstart: 27.März 2008
Offizielle Internetseite: www.kirschblueten-film.de