Choo Choo - Cannes
Patrick Holenstein - Die erste Single aus dem zweiten Choo Choo-Album Cannes hat die Erwartungen ziemlich in die Höhe geschraubt. Auch Students hat die Single im Oktober als „gefühlvollen Indie-Pop-Knaller zum Mitsingen“ bezeichnet und gleich noch gefragt, ob das Album wohl halten kann, was die...
Weg aus der Berner Peripherie und raus in die weite Popwelt. Diesen Weg gehen Choo Choo, musikalisch gesehen, mit ihrer zweiten Platte. Cannes heisst die CD. Cannes steht für Cüpli schlürfen und Steuern sparen, für unanständig viel Geld und vordergründige Oberflächlichkeiten. Aber im Fall von Choo Choo trifft nichts davon zu. Viel eher ist man versucht, den Küstenort auf die geografische Lage zu reduzieren. Die malerische Mittelmeerküste, die Joie de vivre, die traumhaften und rauen Gebirgsabschnitte an der Côte d’Azur und natürlich die französische Küche, das fällt einem ein, wenn man Choo Choos Musik mit dem Titel der Platte verbindet. Leben wie Gott in Frankreich. Aber ich schweife ab.
Zurück zum Album. Der Sprung in der musikalischen Entwicklung war absolut clever. Choo Choo konzentrieren sich auf das was sie offenkundig am besten beherrschen. Sie zelebrieren Indie-Pop und haben dabei riesig viel Spass. Bites & Pieces beispielsweise nimmt mit der endlos repetierenden Gitarre sofort gefangen und sprüht vor Energie, die an Del Amitri und ihren Song Roll With It erinnert. Die melancholische Gitarre bei The Sun wirkt anfangs als wäre sie an Neil Young angelehnt, kippt dann aber eher in die Gefilde von Coldplay. Die Kunst dabei ist, dass man die Einflüsse zu hören glaubt, aber nur ganz sanft. Choo Choo konstruieren auf dem musikalischen Background ihre ganz eigene Songlandschaft. Für den Hörer ist es aber durchaus spannend, sich nach den Fragmenten umzuhören, die an andere Künstler erinnern.
Aber dieser Spass ist zweitrangig, denn Choo Choo lassen sich nicht auf Bruchstücke aus der musikalischen Vergangenheit reduzieren, zumal diese durchaus Zufall sein könnten. Und wenn es so wäre, dann würde es Choo Choo wohl wenig interessieren. Dafür wirkten die Songs viel zu entspannt und selbstbewusst. Die Band weiss ganz genau, was sie wert ist und das zeigt sie mit auf Melodie fokussierten Songs, die allesamt überzeugen. Den Abschluss des Albums macht dann We’re Trying und der Track gehört klar zu den Highlights auf der Platte. Wunderschöne Akustikklänge, die den noch weit entfernten Frühling zu rufen scheinen und Cannes, ein frühes Highlight im diesjährigen Schweizer Musikschaffen, gebührend abschliessen.
Mit Cannes ist Choo Choo eine wunderbar verspielte Indie-Pop-Platte gelungen, die ihnen bestimmt zu einem grossen Schritt nach vorne in ihrer Karriere verhilft. Zu gönnen wäre es dem Berner Quartett. Denn die CD beinhaltet zehn absolut überzeugende Songs, die sich in keinster Weise vor dem internationalen Vergleich verstecken müssen. Von Choo Choo wird man hoffentlich noch viel hören.
Die erste Single aus Cannes von Choo Choo - It's A Good Thing
- Choo Choo
- Cannes
- Das Album ist ab 21. Januar im Handel erhältlich.
- Label: Chop Records