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7. Februar 2011, 17:13 Konzert Music

Lovebugs rocken das Casino Basel

Patrick Holenstein - Am fünften Februar, einem gewöhnlichen Samstagabend in Basel, ist das Casino nicht wiederzuerkennen. Klassisches, älteres Konzertpublikum, sich an ihrem Cüpli festhaltend, junge Männer mit Dreitagesbart und Bierflaschen, Girlies in sehr kurzen Röcken, Kinder in übergrosse...

Am fünften Februar, einem gewöhnlichen Samstagabend in Basel, ist das Casino nicht wiederzuerkennen. Klassisches, älteres Konzertpublikum, sich an ihrem Cüpli festhaltend, junge Männer mit Dreitagesbart und Bierflaschen, Girlies in sehr kurzen Röcken, Kinder in übergrossen Lovebugs T-Shirts, Männer mit Fastnachtsplaketten, schöne Menschen in Designerkleidern – alles drängt sich im Foyer des Stadtcasinos zum Konzert der Lovebugs mit dem Sinfonieorchester Basel.

Text von Annekatrin Kaps

Einige ganz eingefleischte Fans behaupten ja, dass Lovebugs der grösste Exportschlager Basels seit LSD seien, das Sinfonieorchester Basel ist dafür ebenso wenig wie die Basler Fasnacht oder der FCB aus Basel wegzudenken. Im Konzertsaal hört man kaum das stimmen der Musiker durch den Geräuschpegel des brechend vollen Raumes.

Es wird halbdunkel, eine tiefe Hollywoodstimme kündigt zu symphonischer Musik die Lovebugs an, der Saal tobt. Robert Emery, ein britischer Dirigent im braunen Samtanzug lächelt gutgelaunt ins Publikum, die Reibeisenstimme aus Hollywood schwingt sich, unterstützt vom Orchester zu neuen Höhen auf, unter frenetischen Applaus kommt die Band auf die Bühne.

Adrian Sieber im schwarzen Blazer über legeren, gelben T-Shirt singt sich die Seele aus dem Leib, der Gitarrist Thomas Rechenberger und Florian Senn am Bass dagegen, Einer mit schwarzer Wollmütze zu rotkarierten Holzfällerhemd, der Andere im blassblauen Hemd, wirken noch recht unbeteiligt. Dahinter spielt das Sinfonieorchester hingebungsvoll mit dem standesgemässen Ernst.

Es klingt ein bisschen nach Genesis, während Sieber eine Geliebte um eine Chance beschwört. Dann begrüsst er das Publikum mit einem lakonischen „Alles klar?“ und erzählt, dass sie es nach siebzehn Jahren ins Casino geschafft hätten, dem Orchester hätten vier Proben gereicht. Das nächste Stück beginnt mit viel elektronischem Klavier, unverkennbar Beethovens Mondscheinsonate, der Pianist Stefan Wagner ist mit seinem Piano, versteckt im Orchester, kaum zu sehen. „Leave me alone in my own world“ singt Sieber, aber wer will das schon. Zur kräftigen, leicht rauchigen Stimme kommen pulsierende Gitarren, es wird leicht schwülstig. Dann übernehmen wieder Beethoven und das Klavier. So klingt Romantik heute.

Es geht romantisch weiter, Streicher und Flöten imitieren einen alten Hit, der zwar bekannt vorkommt, dessen Name jedoch längst vergessen ist. Der Sänger erzählt jetzt von den Proben. Der noch sehr junge, leicht rothaarige Engländer hätte eigentlich nur zwei Sätze gesagt: „Trust me, it`s gonna be great“ und „Ich reise ab.“ Abgereist wäre er dann doch nicht, aber bei einem Lied hätten sie „doch ganz fescht trusten müsse“, er beschwört unter einem dichten, elektronischen Klangteppich „Don’t let go.“

Dann wird es sphärisch di ersten Worte von Musik makes my World go round erinnern an ABBA, unaufgeregt strömt die Musik, selbst der Schlagzeuger Simon Ramseier in seinem weissen Hemd mit schwarzer Weste sieht auf einmal wie Benny Andersson aus. Zu donnernden Rhythmen schweigt das Orchester, ist darauf sehr wenig zu hören. Auch der Sänger ist manchmal schlecht zu verstehen. Doch insgesamt gesehen überzeugen die furiosen Arrangements von Moritz Schneider und Robin Hoffmann.

Danach wird’s melancholisch, in den verhaltenen Gitarren schwingt Traurigkeit durch, nur die Geigen retten vor der Tristesse. Beim nächsten Song pfeift Wind, lodern Blitze, auf einmal klingt es nach Guggenmusik und irgendwie leicht chinesisch, das Klavier hämmert und schraubt sich dann elektronisch verstärkt in die Höhe. Sieber singt dazu etwas, was nach Goldfinger tönt und man nicht so genau versteht, aber egal. Emery hüpft beim dirigieren auf der Stelle, Wagner schmuggelt „Morgen kommt der Weihnachtsmann“ rein.

Kurz danach klingt es nach dem Phantom der Oper, was von einer Bachadaption mit Orgel und Schlagzeug abgelöst wird. Von Eternity singt Sieber jetzt, Hände werden geschwenkt, auch die Streicher geben alles. Lovebugs rocken den Saal, das Orchester ist längst von der Euphorie angesteckt. Die Massen sind nicht mehr zu halten, stehen und tanzen.

Emery mit geröteten Gesicht und blitzenden Augen scheint sich prächtig zu amüsieren und dirigiert elegant beschwingt. Dann flippt er völlig aus, tanzt mit dem Rücken zum Orchester, rollt mit den Schultern, aber bleibt immer hübsch im Takt. Im Orchester spielen einige Musiker mittlerweile im stehen. Die Zuhörer sind längst nicht mehr zu halten.

Bei Xylophonklängen und der ersten Zugabe mit Coffee and Cigarettes beginnen Pärchen im ehrwürdigen Casino zu knutschen, die übrigen Zuhörer trampeln, schreien, pfeifen und toben zwischen den anderen folgenden Songs. Nach gut zwei Stunden ist alles vorüber, während sich einige Ältere zum durchhalten beglückwünschen, verabreden sich die Jungen zum Ausgang.

Alle Bilder von Usgang.ch. Die ganze Galerie gibt es HIER.

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