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25. März 2007, 00:00 Interview

Beatsteaks (D)

Silvan Gertsch - In ihrem aktuellen Video spielen sie fünf kranke Typen - und trotzdem können sie die Rockmusik retten. Bassist Torsten von den Beatsteaks spricht im Interview über den 'Limbo Messiah'! Students.ch: Wie gehts dir?Torsten: Mir gehts ganz gut. Wir proben gerade wie bekloppt und ...

In ihrem aktuellen Video spielen sie fünf kranke Typen - und trotzdem können sie die Rockmusik retten. Bassist Torsten von den Beatsteaks spricht im Interview über den 'Limbo Messiah'!

Students.ch: Wie gehts dir?

Torsten: Mir gehts ganz gut. Wir proben gerade wie bekloppt und heute haben wir frei, deshalb machen wir die Interviews.

Wie geht ihr mit dem Druck um, der nach dem Erfolg von „Smack Smash“ auf euren Schultern lastet?

Von diesem Druck kriege ich eigentlich immer erst in den Interviews etwas mit, wenn ich dazu befragt werde. Weil wir haben uns eigentlich nur den Druck gemacht, dass uns die Aufnahmen genau so flashen sollen, wie bei „Smack Smash“. Wir wollten nicht eine erfolgreiche Platte machen, die sich 300'000 Mal, oder keine Ahnung wie oft, verkauft, sondern wir wollten eine Platte machen, die uns einfach total gut gefällt. Nur am Ende, kurz vor der Fertigstellung war noch ein weiterer Druck da, weil es wie immer knapp wurde.

Darf man euch als deutsche Retter der Rockmusik bezeichnen?

Natürlich. Wir sind sicherlich die Retter der Rockmusik. Weil wenn du ernsthaft überlegst, gibts nicht viele gute deutsche Rockbands, die man kennt. Es gibt Milliarden gute deutsche Rockbands, aber die fristen ein Dasein in kleinen Clubs. Jetzt freut man sich halt über Bands wie Gods of Bltiz. Aber was war denn ansonsten deutscher Rock bis jetzt?

Phu. Gute Frage...

Siehst du? Genau diese Antwort: Phu... Ja gut, ich würde uns natürlich nie als Retter des deutschen Rocks bezeichnen. Oder als Rockhoffnung. Aber wenn man das ein bisschen global sieht, dann sind wir halt eine Band, die jetzt gerade Glück hat und die in ihrem eigenen Land gut zu funktionieren scheint. Es wäre natürlich schön, wenn es im Verlauf des Jahres auch woanders klappen würde. In Frankreich, England, Portugal, keine Ahnung wo. Seit Kraftwerk oder Rammstein gibts ja nicht wirklich eine deutsche Band, die es im Ausland geschafft hat. Tokio Hotel noch...

Arbeitet ihr konkret für den Erfolg im Ausland?

Wir arbeiten schon daran. Wir spielen unsere Konzerte und Festivals in Deutschland. Die ganz grossen Sachen, womit man auch Geld verdient. Und dann gehts auch gleich, im Herbst wahrscheinlich, auf eine mehrwöchige Europatournee, wo wir wieder viel Geld verballern. Wenn irgendwo in Europa oder auf der Welt unsere Platte veröffentlicht wird, dann spielen wir dort auch. Das kostet uns halt ein Schweinegeld, weil wir dort zwar keine hohe Gage kriegen, aber uns die Sache enorm wichtig ist.

Ihr seid ja bereits im Ausland getourt.

Genau, 2005 waren wir im Osten unterwegs, Kroatien, Slowakei, Ungarn... Das hat ultra viel Spass gemacht. Da kommen 300 Leute an ein Konzert und die drehen total durch. Man hat einen grandiosen Abend, weil die Leute da nicht so übersättigt sind. In Polen gibts ein tolles Festival, wo 300- bis 500'000 Leute sind und man auf einer zehn Meter hohen Bühne steht, von der man um Gotteswillen nicht runterfallen darf. Wir haben da gespielt und auf einmal sangen 200'000 Leute ein Lied für uns, weil wir ihn noch eines spielen sollten. Die Amis spielen halt dort nicht, weils nur etwa 1000 Euro Gage gibt. Wir haben damit unsere Crew und die Unkosten bezahlt und den Rest selber draufgezahlt. Aber die Erfahrung, die wir dort gemacht haben, war grossartig.

In eurer Biographie kommt ihr als Band rüber, die enorm viel Spass hat und bei der alles ziemlich spontan abläuft. Trifft das zu?

Ich finde es super, dass dieser Eindruck entsteht. Aber letztendlich ist es so, dass jeder Move, den wir machen, von uns durchgeplant ist und jede Entscheidung von uns selber getroffen wird. Spielen wir hier? Wie heisst die Platte? Wie sieht das Cover aus? Da wird um alles ewig lange diskutiert, damit alle fünf zufrieden gestellt sind. Das ist oft ein harter Weg. Das ist auf jeden Fall anstrengend, aber letztendlich zeigt es sich, dass die Entscheidung die richtige war. Weil wenn alle fünf eine Entscheidung getroffen haben und damit zufrieden sind, kann man die Sache auch gegen aussen hin vertreten. Und dass es Spass machen muss, steht ausser Frage. Wir haben das Glück, dass wir den besten Job der Welt haben. Und wenn der keinen Spass mehr macht, dann muss ich Verkäufer werden oder so.

Im Video zu „Jane Became Insane“ spielt ihr kranke Typen. Hats Spass gemacht, in diese Rollen zu schlüpfen?

Das war das erste Mal, dass ein Videodreh ultra viel Spass gemacht hat. Das fing um acht in der Früh an und ging bis nachts um zwei und war zu keiner Sekunde langweilig. Wir machten das mit Daniel Harder, der schon vorher Videos mit uns gemacht hat. Und im Video „abzuspasten“, das war echt super!

Fünf Patienten retten die Rockmusik: Torsten ist links im Bild.

„Limbo Messiah“ heisst eure neue CD. Ist dieser Titel wirklich spontan entstanden, wie ihr in einem Interview auf MTV erklärt habt?

Wir sassen in einer Kneipe und haben überlegt, nachdem wir von der Plattenfirma die Anfrage gekriegt hatten, dass sie langsam einen Titel brauchten. Dann kamen wir auf Limbo, mit tanzen und so, und dann meinte einer Messias. Daraus wurde „Limbo Messiah“ und schon hatten wir den Titel, alles cool. Irgendwann sassen wir mit ein paar Leuten zusammen und darunter war auch Dirk von Lowtzow, der Sänger von Tocotronic. Der meinte: „Oh, ist ja voll geil. Wisst ihr was das heisst?“ Und wir meinten: „Nö.“ Dann haben wir halt doch mal zuhause bei Wikipedia geguckt und gemerkt, dass das total viele Bedeutungen hat. Vorhof zur Hölle, Langweile und so.

Die CD klingt ziemlich härter als die Vorgänger. Stimmt dieser erste Eindruck?

Die Platte ist auf alle Fälle ein Brocken, find ich. Es ist alles viel gröber, spielerisch anspruchsvoller und viel gereifter. Das hat sich so ergeben, die Demos trudelten nach und nach ein und immer wenn wir uns einen Song vorgenommen haben, wurden wir immer härter. Dazu mussten aber noch ein paar chilligere Stücke her. Aber ansonsten geht die Platte voll auf die Zwölf, auf jeden Fall.

Einer dieser chilligeren Songs ist „She Was Great“. Der klingt ziemlich soulig. Ist das eine neue Facette bei euch?

Soul, super. Endlich mal wieder jemand, der eine Ahnung von Musik hat. Sonst spricht man ja immer von Justin Timberlake und solchem Scheiss. Arnim hat irgendwann im Proberaum diesen Song vorgesungen und wir dachte: „Boah ist das geil“. Und ich musste gleich an Marvin Gaye denken und an Motown-Geschichten, Prince und Lenny Kravitz. Wir proben den Song jetzt im Proberaum und merken, dass er ziemlich schwer zu spielen ist. Laut spielen, so rumpel, rumpel, können wir gut. Und deswegen war es gut, dass wir eine Aufgabe hatten, den Song gut rüberzubringen, weil wir den auch Live bringen wollen.

Ihr seid eine begnadete Liveband. Wie würdest du dich verhalten, wenn du an einem Beatsteaks-Konzert im Publikum stehen würdest?

Die ersten zwei Jahre stand ich tatsächlich im Publikum als ich noch nicht Teil der Beatsteaks war, und die waren damals meine absolute Lieblingsband. Ich hab damals viel Underground-Punkrock gehört und da hab ich mich nicht für grosse Bands interessiert. Bands, die bei einem grossen Label waren, habe ich gehasst. Ich hab die Beatsteaks damals ein paar Mal live gesehen und fand den Sänger total durchgeknallt. Und irgendwann waren wir auch befreundet und Arnim hat mir öfters mal das Mikrofon zugesteckt. Also ich glaube, wenn ich jetzt an ein solches Konzert gehe und nicht total betrunken bin, dann würde ich eher hinten stehen und die Musik feiern. Aber ich bin mittlerweile halt auch zehn oder zwölf Jahre älter als die meisten, die an diesen Konzerten sind. Wenn ich jünger wäre, würde ich aber auf alle Fälle auch durchdrehen und stagediven. Und bei den Beatsteaks würde ich auch moshen. (lacht)

Letzte Frage, passend zum letzen Song auf der CD: Wer hat das grösste Ego in der Band?

Das grösste Ego? (überlegt) Gute Frage. Ich kann dir sagen, wer das kleinste hat: Thomas. Aber wer das grösste hat? Es kommt immer darauf an. Was die Band anbelangt, ist Arnim derjenige, der am zuversichtlichsten und am optimistischsten ist. Wenn wir irgendwo spielen wollen, ist Arnim der erste, der sagt: „Ja, das können wir voll kriegen, lasst uns dort spielen.“ Er traut der Band am meisten zu und das kann man mit Ego verwechseln. Ansonsten: Wir sind glaube ich keine Ego-Band, deshalb darf ja jetzt auch ich dir ein Interview geben. Ich glaube, wir sind alle relativ normal. Stolz auf unsere Band, aber zum grossen Egomanen hat sich bei uns keiner entwickelt. Wenn jemand Gefahr läuft, mit Sonnenbrille und Whiskyflasche über eine Festivalbühne zu laufen, dann gibts gleich Leute, die sagen: „He Alter, komm mal kurz her, steh kurz stramm, so geht das nicht. Du machst uns und dich da draussen lächerlich. Hör auf damit.“ Da sind wir unsere härtesten Kritiker. Weil wenn das Ego grösser wird als die Band, dann wirds nur noch peinlich.

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