Bright Eyes – The People’s Key
David Nägeli - Conor Oberst hat sich in den letzten Jahren verändert. Das seine Musik ihm dabei folgt, ist selbsterklärend. Doch scheinen sich nicht alle Anhänger des Songwriters mit dieser Entwicklung abfinden zu können, denn das neueste Bright Eyes Album spaltet die Anhänger.
„The People’s Key“ eröffnet mit einem spirituellen Monolog eines alten Lehrers von Conor Oberst, unterlegt mit schwebenden Alpha-Wellen, und das ganze klingt irgendwie wie eine Meditations-CD, zu der sich einige Alt-68er nach 40 Jahren ohne spirituelle Erfüllung verzweifelt doch noch in das Nirvana schmuggeln wollen. Apropos Nirvana: Nach knapp zwei Minuten an Lebenslehre verwandeln sich die Schwingungen im Hintergrund (die bei Hypnosetechniken das Gehirn in den unterbewussten Alpha-Status befördern) in ein schwummriges Gitarrenriff und bis Conor mit dem Gesang einsetzt, klingt der ganze Spass erstaunlich nach einem Intro auf „Nevermind“ – angenommen Kurt Cobain wäre statt auf Drogen auf New-Age-Gurus gestanden. Was danach folgt, ist aber Bright Eyes. Etwas anders als zuvor, mehr Spiritualität, mehr Rastafari (jawohl!), aber im Herzen steckt immer noch das wundervolle Songwriting von Conor Oberst.
Das neueste Bright Eyes Album gliedert sich wunderbar in das Gesamtwerk ein. Das faszinierende an Conor Oberst ist die Ehrlichkeit in seiner Musik, all die Emotionen, die unheimlich rein in die Songs verpackt werden. Und deshalb klingt „The People’s Key“ auch so anders, Conor hat sich verändert. Ein leidenvolles „Padriac, my Prince“ oder „Lover I dont have to Love“ findet man hier nicht. Dafür erkennt man, wie die auf Cassadaga frisch entdeckte Dimension noch vertieft und weiter fortgeführt wird. Diverse Anspielungen auf den Rastafari-Glauben erzeugen zusammen mit den Zwischenmonologen das Gefühl, das der Songwriter hier einen Zugang zur Spiritualität gefunden hat. Und somit viel fassbarer, definierter und auch ein wenig monotoner geworden ist.
Wer Bright Eyes mochte, um in tiefstem Selbstmitleid zu versinken, wird mit diesem Album vielleicht enttäuscht werden. Wie gesagt: Es klingt alles so.. „glücklich“. Zumindest für die gewohnten Verhältnisse. Wenn Conor in „Shell Games“ feststellt: „I’m still angry with no reason to be“, dann klingt das optimistisch. Und auch „when the voice in the back of my head says that I don’t deserve“, dann wird kurz darauf bemerkt: „Come fire, come water, come koma, we’re all in transition“ („Jejune Stars“). Wenn Conor früher den Verlauf des Lebens mit dieser Brille betrachtet hat, so hat man ihm das hinter seiner zerbrechlichen Stimme nie wirklich geglaubt - auf einer „Lifted“ eigentlich kaum. Und seit damals mit jedem Album ein Stück mehr und mehr und mit „The People’s Key“ scheint Conor kurz vor dem Ende dieses Prozesses zu stehen. Vielleicht sollte es auch deswegen eines der letzten Bright Eyes Alben werden.
„The People’s Key“ wirkt in seiner gesamten Erscheinung extrem ehrlich. Einzelne Songs mögen nicht mit den grossen Bright Eyes Momenten mithalten können, doch der Klang des gesamten Albums ist die einzig mögliche Weiterführung der Diskografie – thematisch sowie musikalisch. Das Songwriting ist immernoch so stark wie gewohnt, die Stimme hat noch denselben unsicheren und zerbrechlichen Charakter wie früher, nur wirkt sie hier etwas näher an einer inneren seelischen Ruhe. Alles in allem ist „The People’s Key“ ein weiteres Kapitel des meisterhaften Gesamtkunstwerkes der Band.
Homepage: conoroberst.com