Die Beatsteaks, ein Hasenkostüm und der tiefe Fall
Patrick Holenstein - Die Beatsteaks zählen sicher mit zu den erfolgreichsten Bands, die Deutschland gegenwärtig zu bieten hat. Daneben gelten die Berliner als absoluter Live-Geheimtipp und diesem Ruf wurden sie in Zürich gerecht. Irgendeine Chemie, die man als Uneingeweihter nicht versteht, herrsc...
Irgendeine Chemie, die man als Uneingeweihter nicht versteht, herrscht zwischen den Beatsteaks und ihren Fans, jedenfalls wurden während des Konzertes immer wieder Schlachtrufe gebrüllt, die offenbar im Universum der Beatsteaks sehr bekannt sind. Das macht aber nichts, denn aussen vor steht hier niemand. Im Gegenteil. Schon mit dem Opener, Hello Joe, glich das ausverkaufte Volkshaus einer einzigen Masse aus klatschenden Händen und zuckenden Körpern. Auch wenn durch die perfekten Drei-Minuten-Punk-Songs – so viel Kritik muss sein - eine temporäre Eintönigkeit zwischenzeitlich nicht vermeidbar war, so vermochten die Beatsteaks auf das ganze Konzert gesehen zu überzeugen und haben eine packende Show gespielt.
Automatic zählte sicher mit zu den Highlights im Set. Der Reggae-Beat des Songs machte richtig Laune. Wenig erstaunlich, denn seinen Groove verdankt der Song nicht zuletzt Peter Fox, wie die Beatsteaks im Students-Interview erklärten (Hier nachzulesen). Aber auch Hey du, der einzige deutschsprachige Song im Set, in breitestem berliner Dialekt gesungen, wurde zur balladesken Oase im punkigen Songmeer der Beatsteaks. Aber nur kurz, genau richtig dosiert, denn Beatsteaks-Fans wollen feiern und Ausdauer haben sie. Während weit über eineinhalb Stunden wurde gesprungen und mitgesungen. Zwischen den Songs erzählte Sänger Arnim Teutoburg-Weiß kleine Geschichten oder prämierte sogar das Outfit des Abends. Es ging an eine junge Frau auf dem Balkon. Sie trug ein Hasenkostüm. Warum auch immer. Polterabend? Man erfährt es nicht. Weiter im Takt. Punk-Hymnen wechseln sich Alternativkracher ab und schon beendeten die Beatsteaks ihr schweisstreibendes Set mit Let Me In. Natürlich nicht, ohne ein Lob von Arnim: „Wir sind jetzt das neunte Mal in der Stadt. Das letzte Mal war schwer zu toppen, doch ihr habt es geschafft!“
Hände bildeten Herzen in der Luft, Kehlen schrien, für die Schweiz typische OhOhOh-Rufe erfüllten das Volkshaus. Dann waren die Beatsteaks für eine Zugabe zurück. Mit Jane Became Insane und Cut Off The Top hauten sie endlich zwei ihrer heissersehnten Knaller in den Saal. Als Arnim während der Zugabe auf den Balkon kletterte, sich den Weg zur Häsin mit den Top-Outfit des Abends suchte und inmitten der Leute sang, war im Publikum das eine oder andere erstaunte Gesicht zu beobachten. „Der wird doch nicht...“, fragte jemand ungläubig neben mir, nur Sekunden bevor der Beatsteaks-Sänger sich vom Balkon in die Tiefe fallen liess. Natürlich wurde er von dutzenden Händen weich abgebremst. Zum Schluss brachten die Berliner mit I Don’t Care As Long As You Sing die Halle noch einmal derart zum Beben, dass die Erschütterung jede Nadel auf einer Richterskala zum Hüpfen gebracht hätte.
Die Beatsteaks machten eine gute Figur, vermochten zu begeistern, liessen immer wieder prägnante Riffs und packende Drumsalven durch die Songstrukturen auftauchen. Zudem hat sich die Stimme von Arnim als feste Basis erwiesen. Die Jungs aus Berlin zeigten sich überaus spielfreudig und haben mächtig überzeugt. Mehr noch, sie haben dem Zürcher Publikum so richtig eingeheizt. Schweissgetränkt, verausgabt, müde, aber glücklich zogen die Fans danach ab in die Kälte.