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8. Mai 2011, 22:52 Kultur

Chercher le Bleu IV

Junges Schauspielhaus - Die Spannung steigt. Die Nächte werden kürzer, der Zigarettenbedarf grösser. Bis zur Premiere von „Blauer als sonst“ am 11. Mai wird jeder Tag für letzte Änderungen und Feinarbeiten genutzt.

Am Montag, 2. Mai, proben Anna Ka, Oriana, Fabian und Thomas von zehn bis achtzehn Uhr die mittleren Szenen, Steffen bespricht sie mit ihnen, dann wird wieder gespielt, Petra kommt dazu, fügt dem Gesagten ihre Sicht hinzu, dann wird wieder gespielt – am Dienstag, 3. Mai, ist Fabian krank, aber Steffen kann (zumindest äusserlich) nichts aus der Ruhe bringen, sie proben ab 15 Uhr Einzelszenen, am Abend schleift Oriana an ihren Monologen, sie trifft sich mit dem Sprecherzieher Wollie, zusammen machen sie ein intensives Sprachtraining um Haltungen zu definieren – am Mittwoch, 4.Mai, sind die Schauspieler immer noch zu dritt, sie klären von sechzehn bis zweiundzwanzig Uhr die Beziehungen ihrer Figuren, definieren ihr Miteinander klarer, – am Donnerstag, 5. Mai, ist Fabian wieder da und es wird in Paaren geprobt: zwischen zehn und vierzehn Uhr die Szenen zwischen Jule und Finn, „Weniger Nähe. Weißt du, was ich mein? ...Los! Merkst du den Unterschied? Ja, weil man muss es ja auch miteinander machen.“, dann fragen sie Steffen nach seiner Meinung, manchmal gibt er ihnen kryptische Antworten, manchmal klare Ansagen oder auch nicht: „Du möchtest, dass ich dir die Entscheidung abnehme? Da hast du dich geschnitten.“ – „Ach, Pietschie.“ Anna Ka lacht - dann proben zwischen sechzehn und einundzwanzig Uhr Fabian und Oriana die Szene 30 von Finn und Frau Seidel, in der sie alle Stimmungen von superironisch bis totalverletzlich durchmacht und das in nur einer Szene – dann...

...ist Freitag, der 6.Mai. Neunzehn Uhr acht, die HP1 (Hauptprobe Nummer eins) beginnt. Auf der einen Seite des Zuschauerraumes sitzen der Regisseur (Steffen), die Bühnen- und Kostümbildnerin (Anne), die Theaterpädagogin (Anesta), die Regieassistentin (Tina) und ein Herrenschneider (Mario). Auf der anderen die Dramaturgin (Petra), der technische Direktor (Dirk) und ich. Der Beleuchter (Rasmus) und der Musiker (Nicolas) sind hinter dem Mischpult installiert. Der Fotograf klettert während des ganzen Stücks im Bühnenraum herum und macht Fotos von allen Seiten. Es ist dunkel, die laute Lüftung abgestellt. Langsam wird die Bühne beleuchtet, die Schauspieler kommen einer nach dem anderen herein. Franks (Thomas) Schuhe quietschen auf dem Boden. Die Musik von Nicolas beginnt, Jules (Anna Ka) Reissverschluss tönt. Jule und Frau Seidel (Oriana) setzen sich langsam in Bewegung, checken die Zuschauer ab, Frank und Finn (Fabian) machen aus der Bühne für einen kurzen Moment einen Catwalk. Jule und Frau Seidel quatschen leise, Frank und Finn rangeln. Dann setzt sich Jule auf die Rampe, Frau Seidel schaut ihr dabei zu. Sie wärmt sich auf, Finn macht mit. Dann beginnt er mit seinem Fussballtraining und Jule schaut ihm dabei zu. Der erste Satz fällt. „Heute hat sie uns beim Training zugekuckt.“, sagt Finn, die Musik wird leiser. Ich tauche ein – und plötzlich ist es zwanzig Uhr dreissig und die HP1 vorüber.

„Willst ’n Stück Luft?“ fragt Fabian Steffen. Die Luft ist so dick, dass man sie kaum einatmen kannt. „Da muss was total Neues hin.“, Anne wird ihr Lichtkonzept überdenken. Zu heiss war es in der Matchbox und alle flüchten zum Bühneneingang. Draussen geht ein milder Wind, wir nehmen die Treppe in Beschlag. Thomas holt Bier für alle, einen Augenblick lang ist es still. In den kommenden Tagen wird noch Feinstarbeit geleistet. Einzelne Situationen müssen noch geklärt werden, Unsicherheiten ausgeräumt werden. In einem ständigen Austausch, miteinander.

Fortsetzung folgt nächste Woche...

Fotos: Steffen Pietsch / Eva Rottmann

Von Maja Bagat

Maja Bagat, geboren 1985, ist Dramaturgiepraktikantin am Jungen Schauspielhaus Zürich und begleitet die Produktion "Blauer als sonst". Sie studiert in Basel Germanistik und in Bern Theaterwissenschaft.

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