Theater im St.Germain: The city is yours
Robert Salzer - Theater im St.Germain: Andy Warhol, Velvet Underground, „permanent beauty problem“ versus „temporary beauty problem“, "Do you like my Oberschenkel?"
Mit dem Lift geht es ins Dachgeschoss des Bally-Ladens und vor Beginn der Vorstellung kann man noch einen Blick von oben auf die Abendstimmung an der Zürcher Bahnhofstrase werfen. Champagnerflaschenscherben auf dem Balkon vor der Fensterfront zeugen noch von Partys der „jeunesse dorée“ und auch sonst hat man nicht das Gefühl, dass der Raum nicht mehr für Parties verwendet wird, denn als Bühnenbild dient einzig eine glitzrig-silbrig gefärbte Couch, die ausgezeichnet in den Club passt.
Andy Warhol steht auf dem Programm. Er, bzw. der Abend „A.N.D.Y.“ (die Abkürzung steht für „all nerds die young“ – Aha!), soll der Grund gewesen sein, warum das Neumarkt überhaupt ins St. Germain durfte, wollte oder sollte. Der Club soll an das legendäre Studio 54 erinnern, in welchem Andy Warhol verkehrte.
Regisseur Stefan Müller hat Teile der gesammelten Weisheiten von Andy Warhols The Philosophy of Andy Warhol : (From A to B and Back Again) zu einem Theaterabend verarbeitet. Das Buch wird denn auch schon in der ersten Szene von den Schauspielern präsentiert und daraus zitiert. Während es in Zürich langsam eindunkelt, wird im St. Germain über temporary und permanent beauty problems sinniert oder sich gefragt Are all people beauties at one place? Deutschsprechende Schauspieler zitieren in englisch. Geht das gut? Müller benutzt den Kunstgriff, dass sich Deutsch und Englisch vermischen: I get everything was ich will, fällt oder Do you like my Oberschenkel? Das klappt eigentlich ganz gut, denn so ganz akzentfrei american english wird im St. Germain nicht gesprochen. Ausserdem führt es dazu, dass die Schickimicki-Weisheiten nicht als amerikanische, sondern als globale aufgefasst werden. Aufgelockert wird der Abend durch konstante musikalische Einlagen. Am besten passt zu Warhol natürlich die von ihm unterstützte Band The Velvet Underground. Und da ja everybody ein Star ist, versuchen sich die Schauspieler auch am Keyboard und singen unter anderem My eyes on you. Es kommt ganz kurz Club-Atmosphäre auf - aber wir sitzen ja im Theater, schon vergessen?
Einen durchgehenden Plot sucht man vergebens und es gibt immer wieder Passagen, nach denen man denkt, das ist jetzt aber ein gutes Schlusszitat... doch es geht weiter.
Irgendwann ist dann aber wirklich Schluss und man fragt sich, was der Abend jetzt genau hätte aussagen sollen. Über der Lifttür runter in die Stadt hängt ein Schriftzug The city is yours. Der hing da wohl noch nicht als die Banker noch im St. Germain Champagner schlürften. Da hätte er gepasst.
Weitere Informationen und Spieldaten auf der Homepage des Theaters Neumarkt.