Review: Duke Special @ Mascotte
Christina Ruloff - When the Duke comes around: Ein ernsthafter Musiker, sein exzentrischer Schlagzeuger und sein verträumtes Publikum erleben ein schönes Konzert, das lange in Erinnerung bleiben wird. When the Duke comes around: Weihnachtsgefühl ist angesagt.20.30 Uhr ertönt scheinbar aus dem a...
When the Duke comes around: Weihnachtsgefühl ist angesagt.
20.30 Uhr ertönt scheinbar aus dem antiken Grammophon auf der Bühne (mit Hundeplakette „His Master’s Voice“) eine etwas seltsame Musik, die sich am ehesten mit dem vergleichen lässt, was beim Besuch von Disneyland in den Bähnchen ertönt. Ein scheuer, in sich gekehrter Mann betritt von der Seite die Bühne. Er trägt eine kunstvoll an den Knien aufgeschnittene Hose, einen schwarzen mit Orden behängten Anorak und ein Halstuch. Die Augen hat er sich schwarz geschminkt. Die Rastazottel, die ihm übers Gesicht hängen, lassen keinen Zweifel zu: Es ist Duke Special in Person. Das Publikum klatscht höflich bis euphorisch, denn der Mann nimmt kaum Notiz, sondern greift sogleich zu Handorgel, spielt und singt... und verbreitet diese wunderbar verträumte Stimmung, die den ganzen Abend über im Raum hängt und auch nach dem Konzert im Kopf hängen bleiben wird; sie stellt sich magischerweise immer dann wieder ein, wenn man Duke Specials Album Songs from the Deep Forest hört.
Duke Specical stellt sich sogleich vor sein antiquiertes Klavier und begleitet sich zu Everybody wants a little something. Das Publikum beginnt ganz automatisch mitzuwippen, mitzuschunkeln, mitzusingen und ist begeistert. An einem überdimensionalen Schlagzeug mit Pauke und allem, was das Drummerherz begehrt, sitzt ein strahlender Chip Bailey, den der Duke angeblich auf einem Flohmarkt aufgetrieben hat. Höhepunkte in einem Konzert, das alle Wünsche erfüllt und jeden Song seines Albums bringt, sind eine grossartige Version von No Cover Up, ein einfach schönes Last Night I nearly Died und natürlich Brixton Leaves.
Eine kleine Unstimmigkeit gab es, für die der Duke aber nichts konnte. Unter das bewundernde, staunende und verträumte Publikum, das die Musik stillschweigend und respektvoll genoss, das ganze Konzert per Handy nach Hause übertrug oder strahlend und mit geschlossenen Augen dastand, hatte sich eine kleine aber laute englische Kolonie gemischt, die – ähnlich wie in einem Fussballstadion – johlend („East Belfast!“) für Stimmung zu sorgen suchte, sehr zum Leidwesen des deutlich gequälten Sängers und seiner Anhängerschaft („Pssst!“). Duke Special versuchte die Engländer zu ignorieren und bedankte sich regelmässig artig, ja leicht beschämt bei denen, die sich im Sinne des Sängers still amüsierten.
Die Stimmungsschwankungen des Publikums taten dem Konzert aber keinerlei Abbruch, sondern steigerten eher noch die Exzentrik und die Stimmung des Abends, der für Publikum und Sänger etwas Besonderes war. Dieser betonte, sichtlich emotional mitgenommen, dass dies der letzte Abend auf seiner Europatournee sei und er sich furchtbar gefreut habe, das zweite Mal in Zürich zu sein. Während This Could Be My Last Day schaute er elegisch zu den Sternen, beziehungsweise zu den Scheinwerfern, während sein Drummer zum Entzücken des Publikums sein Schlagzeug mit einem Schwingbesen bearbeitete – mit erstaunlich gelungenem Resultat – und hinterher mit einer Rassel und einer Käseraffel den Takt angab.
Am Ende war die Stimmung bombastisch. Duke Special wanderte nach dem vermeintlich letzten Song mit dem Schlagzeuger von der Bühne in die Menge und stieg auf einen Stuhl, wo er eine englische Volksweise sang. Die englische Bande stürmte die Bühne, hisste den Union Jack und johlte trotz inständiger Bitten des Sängers („Sing it like your mother would do it!“) den Refrain inbrünstig mit.
Weihnachten fand am 23. März im Mascotte statt und wahrscheinlich wo immer Duke Special auf ein derart begeistertes Publikum trifft.