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10. Juli 2011, 15:23 CD / Vinyl Music

Kalkbrenner macht mit Icke wieder einen auf Ego

Fabian Keller - Icke wieder kann man mit Getrost als würdigen Nachfolger von Berlin Calling bezeichnen: erwachsener, instrumentaler, aus einem Guss und ohne eine Minute der Langeweile eine Chance zu geben. Sozusagen das destillierte Gewinnerelixier aus Berlin Calling.

Bereits seit fast zwei Jahrzenten ist, der in Berlin-Friedrichshein aufgewachsene DJ, Star-Prodouzent und gefeierte Neuschauspieler in der Techno-Szene unterwegs. Man mag ihm Starallüren vorwerfen, aber wenn es um die Ausarbeitung seiner Musik geht, kennt Paul keine Grenzen. Die liebevolle und sorgfältige Art Tracks stimmungsvoll und energieversprühend aufzubauen, hat der Meister des Berlin Electro definitiv begriffen. Sein neuester Streich Icke wieder führt diese Art und Weise aufs nächste Level und lehnt an die vorhergehenden Alben Self, Zeit und Berlin Calling an, verzichtet aber gänzlich auf Gesang und Vocalelemente nicht aber auf originelle und dadaistisch anmutende Tracktitel.

Böxig Leise empfängt den Hörer mit einem wunderbaren Outdoor Openair oder auch Afterhour Groove und steht stellvertretend für die Art der restlichen Tracks: eingägige, reduzierte Melodie, treibende Bässe, sorgfältige Abmischung und Variantenreichtum – ein Tanzgarant par excellence. Gutes Nitzwerk, der Folgetrack, hätte auch die extended Version von Böxig Leise sein können und führt den Hörer in etwas melancholischere Gefilde, ohne dabei aber auch nur die kleinste Energie zu verlieren. Ich bin sehr heikel wenn es um Konzeptalben geht, aber auch der dritte Track Jestrüpp mutet an, dass es sich nicht nur um ein Nachfolgealbum, sondern um einen der besten DJ Mixes des Jahres 2011 handelt. Filigrane Klangschnipsel und sorgfältig eingewobene Geräusche, machen auch diesen Track zu einer Achterbahnfahrt aus laut-leise und einfach-komplex. Das erklärt auch weshalb die meisten Tracks des Albums eine Spieldauer von 4-7 Minuten aufweisen. Es braucht halt einfach Zeit eine solchen Aufbau richtig zu entfalten. Schön dass der Herr Kalkbrenner sich lieber diese Zeit nimmt, also reine Radio Edits hinzuschmettern.

Doch sehr experimentell und fast schon an Miami Bass angehaucht wirkt der Titel Schnakeln und finde ich persönlich etwas störend nach dem fulminanten Aufbau der ersten Tracks, erfüllt aber seinen Zweck als Break im Album dann doch sehr gut. Kleines Bubu nimmt die härtere Gangart wieder mit auf, pendelt das Album aber wieder zu meiner Zufriedenheit auf einem treibenden 4/4 Takt ein und bringt sehr schöne Violinsamples in den Aufbau. Des Stabes Reuse bricht damit zwar erneut, könnte aber im Club garantiert zu einem richtigen Arenafüller, Opening-Track oder besser gesagt Feier-Anthem werden. Ein vierminütiger Aufbau der nur von einem wirklich grossen Track gefolgt werden kann, der die angestaute Energie irgendwie befreien sollte. Etwas schade, dass Kalkbrenner sich diese Chance mit dem folgenden Sagte Der Bär-Track entgehen lässt. Isoliert betrachtet handelt es sich aber auch dabei um einen sehr düsteren, sorgfältigen und langsamen Tanztrack, der sehr gut in die frühen Morgenstunden eines Clubs passen würde und mit gedrosseltem Beat den Tanzwütigen eine angenehme Verschnaufpause verschafft. Kruppzeug führt genau das fort: eine schöne Verschnaufpause mit lockerem Beat und wirklich schönen, einfachen aber ganz und gar nicht banalen leicht-melodischen Synthie-Samples.Schmökelung holt passend zum Sonnenaufgang wieder mehr Energie ab, wirkt deutlich stampfender und verkörpert die neuen Lebensgeister, den neuen Tag und schon fast wieder den Beginn des nächsten Clubabends. Und mit dem Closing-Track Der Breuzen ist dann die Party wieder zurück am Beginn, mitten im Club, direkt auf dem Dancefloor und kompromisslos tanzbar. Das Album kann nicht einfach eingeordnet werden ist aber definitiv ein Hybrid aus Warm-Up, Slow-Down und Clubfiller auf sehr hohem Niveau. Ich bin gespannt wie die Reise des Paul Kalkbrenner weitergeht und empfehle den passenden Soundtrack dazu unbedingt reinzuziehen!

Bild-/Videoquelle: Offizielles Pressematerial

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