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28. August 2011, 17:47 Kultur

Wenn der Vater mit dem Sohne

Robert Salzer - Spielerisch zeigt „This is my dad“ die Generationenunterschiede. Die Performance des holländisch-israelischen Ilay den Boer ist dieses Jahr am Theaterspektakel zu sehen.

„You have the life of my dad in your hands“ steht auf dem Büchlein, das der Zuschauer zu Beginn des Abends in die Hand gedrückt bekommt. Die Jahre 1959 bis 2010 sind aufgeführt und in manchen davon steht ein Ereignis wie „Year of big changes. Divorce.“ oder „Stopped smoking“. Es sind Ereignisse im Leben von Gert den Boer, der im weissem Muskelshirt mit seinem Sohn Ilay im Trainer auf der Bühne steht.

„My dad and I are quite different“, sagt Ilay. Er weist das Publikum ein, ihm Zeitpunkte im Leben des Vaters zu nennen, in denen die Unterschiede deutlich werden. Jahre werden aus dem Büchlein herausgesucht und den Performern zugerufen. Ilay läuft dann jeweils nach hinten zu einer Art riesigem Adventskalender, der mit Jahreszahlen versehen ist, öffnet ein Türchen und bringt einen repräsentativen Gegenstand zum Vorschein. Vater und Sohn erzählen dann, was in jenem Jahr genau geschah. Der Vater erzählt und macht Witze, Ilay mahnt zur Seriosität und fragt immer wieder aus dem Blickwinkel des Sohnes nach. Erst noch sehr vergnügt erzählen die beiden später, dass Ilay einst ein talentierter Torwart war. Gert begleitete ihn jeweils an die Spiele. Die Stimmungslage kippt, als Ilay von antisemitischen Übergriffen anderer Teammitglieder erzählt. Gert will diese nicht wahrhaben: „Come-on. not every violance against jews is antisemitism“ und „my son has a big imagination“. Wer Recht hat, wird nicht aufgelöst. In einem wunderbaren Schluss wird der Unterschied zwischen den beiden deutlich gezeigt: Während Gert die Spuren des Abends aufräumt, breitet sie Ilay wieder aus.

Der Abend lebt vom Live-Moment. Jeden Abend kann (zumindest am Beginn des Abends) eine andere Geschichte entstehen. Ilay und Gert gehen auf das Publikum ein. Natürlich ist da eine Gesamtdramaturgie und das merkt man auch, aber es stört nicht. Vater und Sohn versprühen eine gemeinsame Energie, die ansteckt und die neugierig macht, wie es weitergeht. Schade ist dann, dass der Moment des Konfliktes schon von Anfang an angekündigt war und eintrifft.

Der Zuschauer weiss nicht, ob da jetzt eine reale oder erfundene Geschichte erzählt wird. Die Daten im Leben des Vaters scheinen echt, aber da stehen doch zwei Schauspieler auf der Bühne, die auch eine Rolle spielen – ist es ihre eigene? Ausserdem: Hat jetzt der Sohn wirklich nur eine blühende Phantasie und die Vorfälle sind nicht eingetroffen oder ist der Vater tatsächlich auf beiden Augen blind gegenüber Antisemitismus? „This is my dad“ gibt darauf keine Antworten und genau das ist die Stärke des Abends.

Copyright foto’s: Rene den Engelsman en Moon Saris
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