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3. Oktober 2011, 00:26 Kultur Movie Zurich Film Festival

This Must Be The Place @ Zurich Film Festival

Patrick Holenstein - „Es gibt viele Wege zu sterben. Der schlimmste ist, weiterzuleben“, sagt Cheyenne im neuen Film von Paolo Sorrentino und bringt den Ausgangspunkt des Films zynisch auf den Punkt. Was sich daraus entwickelt, ist ein unterhaltsamer Roadtrip voller Ironie, Witz und einem brillanten Sean Penn.

Sean Penn trägt den Film eigentlich alleine. Er spielt Cheyenne, jenen Rockstar mit grosser Karriere, der sich einst mit Leuten wie Mick Jagger oder Talking-Heads-Mastermind David Byrne die Bühne teilte und sich im Rampenlicht sonnte. Heute lebt er zurückgezogen mit Frau Jane, die als Feuerwehr-Frau Häuser aufbricht, auf einem riesigen Anwesen mit leerem Pool, der gleichzeitig als Sinnbild für die Leere in seinem Leben dient. Die Karriere hat er längst beendet, weil sich Jahre zuvor zwei Fans das Leben genommen hatten. Cheyenne fühlt sich dafür verantwortlich. „Ich machte depressive Musik für depressive Kids“, betont er und ergänzt resigniert, dass er jetzt einmal die Woche einen Besuch auf dem Friedhof machen würde, um seine Schuldgefühle zu beruhigen. Als sein Vater stirbt und er auf der Beerdigung erfährt, dass einer von den KZ-Peinigern seines Vaters noch immer unter falschem Namen in den USA lebt, beschliesst Cheyenne ihn zur Rede zu stellen.

Ein Lippenstift fährt kraftlos über raue Lippen. Mehr gequält als begeistert beschmiert jemand Fingernägel mit Lack. Gekonnt wird Kajal aufgetragen, in aller Ruhe die Haut geschminkt und die schwarzen Haare in gewollt zerzauste Unordnung gebracht. Der erste Auftritt von Sean Penn in der Rolle als Rockstar-Wrack sorgt für Staunen und einige herzliche Lacher. Mut zur Hässlichkeit nennt man das wohl. Wobei Penn seine Figur mit so viel Sorgfalt und Perfektion spielt, dass der glasige Blick, jedes Wort, das er mit tuntiger Fistelstimme spricht, und der betont bedrückt wirkende Gang – trotz der Tragik - für sehr viel Spass sorgen. Die Rolle von Cheyenne wurde Sean Penn wortwörtlich auf den Leib geschrieben. Penn hat nämlich den italienischen Regisseur Paolo Sorrentino wegen einer Zusammenarbeit kontaktiert und daraus entstand dieser Film.

In der Kreation des alternden Rockstars findet man problemlos Anlehnungen an reale Rockstars. Die Frisur ist offensichtlich von The-Cure-Kopf Robert Smith ausgeliehen, der Gang bei Ozzy Osbourne abgeschaut und der Kleidungsstil erinnert an die halbe Glam-Rock-Ära, also an Leute wie T.Rex-Frontmann Marc Bolan beispielsweise.
Der erste englischsprachige Film von Paolo Sorrentino, der mit der preisgekrönten Politsatire Il Divo bereits Erfolge feiern konnte, ist ein herrliches Filmvergnügen. Der Wortwitz ist bissig, die schrulligen Eigenheiten der Figuren zum Schiessen und die Storywendungen sind nicht selten bizarr. Neben Sean Penn, der mit der Darstellung von Cheyenne eine weiter Glanzleistung abliefert, freut man sich als Zuschauer über Nebenrollen beziehungsweise Gastauftritte von Charakterköpfen wie Frances McDormand, Harry Dean Stanton, Judd Hirsch oder David Byrne (spielt sich selbst).

This Must Be The Place nähert sich den Figuren mit viel Ironie und bitterbösem Sarkasmus, vermeidet aber, sie der Lächerlichkeit Preis zu geben. Über die vielen schrägen Macken und Eigenheiten der Figuren baut man als Zuschauer sofort eine emotionale Verbindung auf und nach zwei Stunden lässt man Cheyenne nur ungern wieder los. Vielleicht liegt hier das grosse Geheimnis des Films, der durchaus das Potential zum Kultfilm hat.

Der Film startet am 10. November in den Schweizer Kinos.

  • Bewertung: 4,5 von 5

  • Dauer: 118 Minuten

  • Regie: Paolo Sorrentino

  • Darsteller: Sean Penn, Frances McDormand

Picture Credit: Zurich Film Festival Press Picture

Kommentare
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dollarhyde 04.10.2011 um 18:01
Schade, dass ich am ZFF nicht einen Penn-Film gucken konnte. "This Must be the Place" merk ich mir jedenfalls vor.