Die Fantastischen Vier
Silvan Gertsch - In diesem Jahr hat sich der Osterhase etwas besonderes ausgedacht: Er verteilt das neue Album der 'Fantastischen 4', die 'Fornika', in den Plattenläden! Smudo äussert sich im Interview. Ist es schwierig, sich auf jedem Album neu zu erfinden?Smudo: Ja, allerdings. Das ist auch u...
Ist es schwierig, sich auf jedem Album neu zu erfinden?
Smudo: Ja, allerdings. Das ist auch unser Antrieb. Bei uns muss alles abwechslungsreich sein – das war immer schon so. Wir sind ja auch zu Beginn von englischsprachiger Rapmusik zu deutschsprachiger Rapmusik gekommen. Das liegt wohl auch daran, weil wir halt schon viel Musik gemacht haben und deshalb viele Ideen geäussert haben. Und dass man jedes Mal, wenn man etwas Neues schreibt, das auch vergleicht: Hatten wir so etwas schon mal gemacht? Das ist schon schwieriger, je fortgeschrittener die musikalische Künstlerkarriere ist.
Wie kämpft ihr gegen den musikalischen Stillstand an?
Findest du? Ehrlich gesagt habe ich dieses Sendungsbewusstsein gar nicht. Wir machen unsere Musik und damit ist gut. Wir wollen und können damit nicht die Musikwelt ändern.
Michi Hausmarke hat gesagt, dass die neue CD „Fornika“ ein Schritt nach Vorne sei. Anhand welcher Elemente äussert sich das genau?
Beim letzten Album „Viel“ haben wir viel mit verschiedenen Produzenten gearbeitet und das hat uns abwechslungsreicher gemacht und es war auch kreativ anregend, mal mit anderen Leuten zusammen zu arbeiten. Hinzu kam auch noch, dass wir zusammen zu den Aufnahmestudios gefahren sind und zusammen eine gute Zeit verbracht haben. Das haben wir damals zum ersten Mal so gemacht. Und das haben wir jetzt verbessert und verfeinert. Wir wissen jetzt viel besser damit umzugehen. Wir haben auch sehr viel mehr die Ideen wieder verworfen und ganze Strophen neu geschrieben. Alles, was nicht hammergeil ist, muss raus, war eine Ansage von uns. Und es gab auch produktionstechnisch einen Schritt nach vorne. Alles ist komplexer. Und auch poppiger.
„Fornika“ sei unter anderem die Angst davor, dass einem nichts mehr einfalle. Ist sie euch bei der Arbeit am aktuellen Album begegnet?
Ja, genau, die hat uns geprägt. „Fornika“ ist eigentlich ein Fantasiebegriff, den wir beispielsweise auch im Zusammenhang mit Paranoia eingesetzt haben, im Stile von: „Wo sind meine Zigaretten? Die sind weg. Was? Die „Fornika“ hat sie?“ Oder auch Spannung, Grusel, ist die „Fornika“ und die Schreibblockade kann sie sein.
Ihr seid oftmals stundenlang zusammengesessen und habt getextet. Und am Ende des Tages blieben nur ein paar wenige Zeilen übrig. Ist das nicht ernüchternd?
Das kennen wir ja. Das ist ja bereits unser siebtes Studioalbum, das ist unser Alltag. Nur die Rate, wie viel man wegschmeisst und wie viel man behält, die ist vielleicht krasser. Es ist normal, den ganzen Tag rumzusitzen und am Ende kommt nur wenig dabei heraus. Für einen Aussenstehenden klingt das irgendwie erschreckend, ernüchternd oder frustrierend. Mein Gott, einen ganzen Tag arbeiten und es kommen nur zwei oder vier Zeilen dabei raus. Ja, es dauert so lange, bis es gut ist. Ansonsten kann man ja auch nur irgendeinen Scheiss reimen, der sich nur ein bisschen reimt, und wo keine Aussage dahinter ist. Ich finde schon, dass das wichtig ist. Das Wichtigste.
Seid ihr auch anspruchsvoller geworden, was die Texte betrifft?
Durch das viele Musikmachen ist es halt so, dass die Gefahr, sich zu wiederholen grösser wird, weil man auf einen grösseren Fundus zurückgreift. Deshalb ist es in der Natur der Sache, dass man anspruchsvoller wird, glaube ich.
Wie ist es zu den Zusammenarbeiten mit anderen Künstlern auf dem Album gekommen? Waren das Wunschpartner?
Münchener Freiheit, Herbert Grönemeyer, Max Herre sind die Gäste. Das war mehr zweckgebunden, diese Leute einzusetzen. Beispielsweise Münchener Freiheit: Wir wollten im Refrain eine Harmonie haben, und eine der besten Harmonien früher hat die Münchner Freiheit gemacht. Das ist natürlich sehr „schlageresk“. Aber wir dachten, wir rufen sie an und fragen, ob sie mitmachen wollen. Das haben sie auch gemacht und wir haben einen Teil davon benutzen können. Oder bei Herbert Grönemeyer war es so, dass ich das Demo vom Song „Einfach sein“ aufgenommen habe und alle haben gesagt, dass klinge irgendwie nach Herbert. Ich hab gedacht, den kann ich ja mal anrufen. Herbert, hast du Lust? Und er sagte: „Ja, auf jeden Fall.“ Ich fragte, ob er es sich nicht zuerst anhören wolle, wie es sei. Vielleicht gefalle es ihm ja nicht. Und er meinte: „Nee, das mach ich auf jeden Fall, klingt super.“ Ich schickte es ihm, er solle seine Stimme drauf tun, es mir zurückschicken und dann würde ich mich bei ihm wegen dem Geschäftlichen melden. Er meinte: „Da brauchst du dich nicht mehr zu melden. Das interessiert mich gar nicht. Mach ich auf jeden Fall.“
Aber wir machen jetzt nicht dick einen auf Featuring. Max Herre haben wir dabei, weil er ein ganz guter Balladenschreiber ist. Und Michi wollte diese Ballade mit seiner Hilfe machen, weil er Sorgen hatte, das werde sonst zu langweilig. So wie es momentan alle machen. Bushido hat seine Rap-Ballade und Sido auch. Und so was wollten wir nicht haben. Max ist ein guter Songwriter, deswegen haben wir seine Hilfe in Anspruch genommen. Es war sehr zweckgebunden. Es ist nicht so gewesen, dass wir gesagt haben, dass wir schon immer einen Song mit dem oder dem machen wollten. Das ist noch nie der Fall gewesen.
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Du hast angesprochen, dass das Album poppiger sei. War das schon vorher der Fall, oder hat sich das erst durch diese Zusammenarbeiten ergeben?
Nein, das hat damit nichts zu tun. Das ist einfach unser momentaner musikalischer Zustand. Wenn ich das Album Jahre später anhören werde, werde ich sagen, dass mir das gefällt. Warum es poppiger ist, vermag ich gar nicht zu sagen. Also mich persönlich langweilt Rapmusik gerade sehr. Auch international. Ich finde das so monothematisch. Mir hat Hip-Hop-Musik mal gefallen weil das Regeln gebrochen hat. Da wurde nicht von der Liebe gesungen, sondern vom Ficken geschimpft. Und es wurde gebrüllt, es war Party, es war Punk. Und dieses Aufbrechen gibts nicht mehr. Es ist total spiessig. Es geht nur noch um Street und wer der „badeste Nigger“ ist. Alle sagen in immer gleichen, langweiligen Beats, dass sie was Besonders sind.
Gabs auch einen Song, auf dem du dich austoben konntest?
Ja. „Du mich auch“ ist mein Song. Er ist inspiriert von einer BBC-Doku, die heisst „Grand-P Old Men“, wo Männer ab Vierzig bis Sechzig schimpfen. Ab einem gewissen Alter fangen Männer an, zu grummeln, zu schimpfen: „Die jungen Leute da, mit ihren Tätowierungen und so!“ Die schimpfen nur noch. Bob Geldof hat auch teilgenommen. Daraus kann man lesen, dass das sehr oft Frustration über Träume, die nicht in Erfüllung gegangen sind, ist. Ich bin selber nicht so. Ich bin kein so pessimistischer Mensch. Aber diesen Teil in dieser Gefühlspalette kenne ich auch. Ich hab als Jugendlicher in der Friedenskette gestanden, gegen Atomkraft demonstriert und für die Legalisierung von Marihuana. Und heute schaue ich zurück und denke, nichts davon ist in Erfüllung gegangen. Gegen Nazis gekämpft, und heute stelle ich fest, es gibt ganz klar ein rechtes Problem. Atomkraftwerke werden jetzt plötzlich sauber gesprochen und für Marihuana kriegt man richtig Stress in Württemberg oder Bayern. Nichts davon ist in Erfüllung gegangen. Und dann muss man doch sagen: „Scheisse, wofür habe ich gekämpft?“ Das ist diese Wut, die in „Du mich auch“ zu hören ist. Das ist mein Song. Geht ab wie die Sau. Sehr kraftvoll. Das ist ein richtiger Hip-Hop-Song. Der einzige auf dem Album, glaube ich.
Eure Single „Ernten was wir säen“: Kann man das so verstehen, dass ihr in Deutschland den Hip-Hop gesät habt und jetzt die Früchte ernten müsst?
Ich mag das nicht so sehen. Ich sehe uns durchaus auch als Urväter des deutschen Sprechgesangs. Heute ist das ganz selbstverständlich. Aber das hätte durchaus auch eine andere Band sein können. Wir haben uns sehr früh schon um einen Plattenvertrag bemüht. Im Nachhinein hat sich dann herausgestellt, dass es ganz viele Bands gab, die auch überwiegend in englisch gerappt haben und dann und wann Experimente auf deutsch gewagt haben. Wir waren da schon drüber hinaus. Aber hätte es uns jetzt nicht gegeben, dann wäre das irgend eine andere Band von denen gewesen. Das war relativ knapp. Sido hat in einem Interview erzählt, dass „Die da“ der Schlüssel zur Rapmusik für ihn war. Der grösste Pophit von uns, hat ihn dann als Kind zum Hip-Hop hin geführt. Deshalb gibt es diese Verbindung bestimmt, und das ist auch schön. Aber es interessiert mich nicht so. Ich finde es viel interessanter, dass wir in der deutschen Popwelt eine Musik machen, die eigentlich gar keine Hitmusik ist. Dass wir als künstlerisch vielseitige Band einen guten Ruf haben. Das ist etwas, worauf ich wirklich stolz bin. Aber unser Einfluss auf die Rapmusik ist eigentlich nicht so wichtig.
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Gehört ihr auf dem Gurten schon zum Inventar?
Das ist ein super Festival. Wir sind schon Stammgäste dort (lacht). Super. Toll. Ich finde das Gurten super. Es ist so in den Bergen drin und das Line-up ist auch meistens sehr gut. Ich finde, das ein super Festival.
Am 12. April übernehmt ihr das Zepter auf MTV und du synchronisierst dort eine Folge von...
...den Osbournes. Auf schwäbisch. Und Elijah Wood kommt auch drin vor. Das ist der Typ, der einen Hobbit gespielt hat. Der spricht dann schweizerdeutsch.
Students.ch und SonyBMG verlosen ein von der Band signiertes 'Toilettenbild' sowie drei special editions von der 'Fornika'!
Fanta Vier live:
Am 20. Juli auf dem Gurten.
Am 14. November im Hallenstadion.