Die Fantastischen Vier – Fornika
Dominik Mösching - Artist: Die Fantastischen Vier Album: FornikaRelease: 06.04.2007Label/Vertrieb: Sony BMG Lange bevor Sido, Bushido und Konsorten „Rap“ buchstabieren konnten, machten sie Sprechgesang auf Deutsch salonfähig: Michi Beck, Thomas D, Smudo und And.Ypsilon alias Die Fantastischen ...
Album: Fornika
Release: 06.04.2007
Label/Vertrieb: Sony BMG
Lange bevor Sido, Bushido und Konsorten „Rap“ buchstabieren konnten, machten sie Sprechgesang auf Deutsch salonfähig: Michi Beck, Thomas D, Smudo und And.Ypsilon alias Die Fantastischen Vier. Allerdings ohne Street Credibility, wenn man den puritanischen Szene-Gurus glauben wollte – schon die 92er Durchbruch-Platte Vier Gewinnt sei kein „richtiger“ Hip Hop gewesen. Zu poppig, zu verspielt, zu ironisch.
Genau diese Zutaten waren es aber, die die vier Schwaben zu einer der Top-Adressen der deutschsprachigen Popwelt gemacht haben. Denn wenn das musikalische Korsett nicht zu eng ist und die Songs inhaltlich weit über die Strasse/den Block/die Gang (Zutreffendes bitte ankreuzen) hinausweisen, ist mit jedem neuen Album vieles möglich – nur keine Langeweile. Mit Fornika verschieben die Fantas ihre stilistischen Grenzen noch einmal weiter weg vom Hip-Hop-Kern, um den sich im Band-Universum nach fast 20 Jahren sowieso immer weniger dreht. Das illustriert schon Ernten Was Wir Säen, ein veritabler Rock-Kracher, der seit einigen Wochen Radio- und TV-Stationen erzittern lässt.
Im Gegensatz zu den damals ebenfalls überraschenden MfG (1999) und Troy (2004) repräsentiert die Vorabsingle 2007 die musikalische Linie des Albums weniger. Denn die Quintessenz von Fornika liegt wohl irgendwo zwischen den sphärischen Klängen des Openers Mehr Nehmen, der mächtig stampfenden Yeah Yeah Yeah-Hookline und dem unterkühlten Groove bei Ichisichisichisich: Elektronisch, funkig, ein bisschen 80er, etwas unnahbar. Dazu passen auch die beiden Instrumentals aus dem Hause And.Ypsilon bestens.
Kontrapunkte setzen das dadaistisch anmutende Nikki War Nie Weg mit Posaune und Songtitel-Dropping sowie eine Kooperation mit Herbert Grönemeyer: Den Chorus bei Einfach Sein („Es könnt alles so einfach sein/Isses aber nicht“) bringt ganz einfach keiner so schön aussichtslos hin wie das singende Gewissen Deutschlands. Textlich sind die Fantas tatsächlich zum Teil nachdenklicher und fragmentierter geworden, auch wenn man das Westentaschen-Philosophieren von Thomas D schon länger kennt.
Dennoch fehlen die Party-Tracks und obligaten „Hier sind die Vier wieder“-Nabelschauen nicht – auch in dieser Disziplin können sie immer noch locker mit deutlich jüngeren und vermeintlich cooleren Bands mithalten. Fornika schafft den Spagat zwischen dem effektiven Alter der Jungs von knapp 40 Jahren und dem gefühlten von 25, auch wenn der Platte gegen Schluss etwas die Puste ausgeht. Trotzdem ein tolles Album. „Die Jungs haben sich kaum verändert/ausser den Augenrändern“, heisst es in Du Und Sie Und Wir. Live nachprüfbar am Gurtenfestival und im November im Hallenstadion.