Mein Kampf mit Tolstoi
Marco Büsch - Eine kurze Kolumne darüber, warum man die grossen Klassiker der Weltliteratur lesen sollte. Oder zumindest versuchen sollte, sie zu lesen. Oder sie sich wenigstens auf DVD ansehen. Insbesondere Tolstois "Krieg und Frieden".
„Krieg und Frieden“ zu lesen war zu Anfang wahrlich kein Vergnügen. Das Buch hatte unendliche 700 Seiten und begann ohne auch nur den Hauch einer Einleitung. Es gab an die hundert Hauptpersonen, welche alle einfach in die Szenen traten, ohne dass sie gross vorgestellt wurden. Und dann hiessen sie alle ungefähr gleich: Rostow, Kutusow, Irgendwasow. Das Ganze war eine äusserst schwierige Angelegenheit. Bis ich nach zweihundert Seiten herausfand, dass ich den zweiten Band von „Krieg und Frieden“ las und vielleicht besser mit dem ersten begonnen hätte. Denn das Buch hatte nicht 700, sondern 1400 Seiten. Ich fühlte mich ein bisschen dumm. Da liest man die grossen Klassiker der Weltliteratur und man müsste sich dabei eigentlich besonders schlau vorkommen und dann so etwas. Wer liest schon freiwillig „Krieg und Frieden“ in Zeiten der mehrteiligen Fernsehfilme und Wikipedia-Zusammenfassungen? Aber so ist es halt: Man versucht sich an einem Klassiker der Weltliteratur und wird vom Leben gnadenlos dafür bestraft. Das letzte Mal hatte ich mich beim Lesen so blöd gefühlt, als ich ein japanisches Manga von links nach rechts zu lesen versucht habe. Da hatte ich lange gedacht, es sei vielleicht eine Eigenart der Japaner, dass sich die Geschichten rückwärts abspielen. Aber das hat grosse Literatur so an sich: Man wächst an ihr.
Nun habe ich begonnen Dostojewskis „Schuld und Sühne“ zu lesen, nicht ohne vorher genauestens nachzuforschen, ob es nicht doch ein Mehrbänder sei. Ist es nicht. 700 Seiten ohne Falltüren oder doppeltem Boden. Dafür mit einer grässlich unsympathischen Hauptperson. Vielleicht beginne ich doch wieder mit dem zweiten Band von „Krieg und Frieden“. Da wusste man zwar nicht, wer genau wer war, dafür war aber die Auswahl an Hauptpersonen um einiges grösser.
@dollarhyde: danke, mal schauen wie erfolgreich dieses unterfangen wird, bis jetzt hat sich jedenfalls noch nicht viel getan
Na, viel Glück damit.