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16. Juli 2012, 00:00 Kultur Movie

DVD der Woche: Happy Happy

Gregor Schenker - Zwei Ehepaare verlieben sich übers Kreuz, das Publikum lacht und weint: "Happy, Happy" gehört zu den lustigsten und berührendsten Filmen des Jahres.

Die junge Regisseurin Anne Sewitsky stellt für ihr Spielfilmdebüt eine simple Versuchsanordnung auf: Kaja (Agnes Kittelsen) und Eirik (Joachim Rafaelsen) leben mit ihrem Sohn Theodor (Oskar Hernæs Brandsø) allein und etwas abgelegen in einem norwegischen Kaff. Die beiden vermieten ihr Zweithaus an das dänische Paar Elisabeth (Maibritt Saerens) und Sigve (Joachim Rafaelsen), die mit ihrem Adoptivkind Noa (Ram Shihab Ebedy) einziehen.

Die beiden Paare versuchen, Freunde zu werden, aber schon beim zweiten gemeinsamen Essen treten die Beziehungsprobleme schmerzhaft zutage. Als schliesslich Kaja, die unter ihrer lieblosen Ehe mit dem maulfaulen Eirik leidet, Elisabeths Gatten einen Blowjob angedeihen lässt, nimmt das Gefühlswirrwarr seinen Lauf und werden sämtliche denkbaren Fehltritte und Fettnäpfchen durchdekliniert.

Diese Art des Liebeskarussells ist spätestens seit Goethes Wahlverwandtschaften bekannt (immerhin bringt sich in Happy Happy niemand um) und Sewitsky sowie ihre Autorinnen erfinden das Genre nicht gerade neu: ob Fremdgehen aus Rache oder heimliche Homosexualität, kennt man alles schon.

Und dennoch hat mich der Film kalt erwischt! Denn es ist fast unmöglich, die Schauspieler und die Figuren, die sie spielen, nicht ins Herz zu schliessen. Sie alle haben ihre ganz eigenen Sehnsüchte und Charakterschwächen, sie alle werden derart fies und gemein behandelt, dass man zwangsläufig Mitleid bekommt – auch wenn sie selbst genau so fies und gemein zu den anderen sind. Happy Happy ist ein ungemein böser Film, bei dem man nie so recht weiss, ob man lachen oder weinen soll.

Das zeigt sich nicht zuletzt im Umgang der beiden Kinder: Weil Noa dunkelhäutig ist, zeigt ihm Theodor Internet-Clips von afrikanischen Buschfrauen ("Ich habe deine Mutter gefunden!") und spielt mit ihm die ganze Zeit "Sklave" ("Du musst alles tun, was ich dir sage!"). Noa ergibt sich seinem Schicksal, die Eltern merken nichts. Soviel zu den unschuldigen Kinderlein …

Gänzlich herzlos sind Sewitsky und Co. dann doch nicht und erlauben ihren Figuren zumindest ein halbwegs glückliches Ende. Sehr unkitschig und ein bisschen traurig, aber doch irgendwie hoffnungsfroh. Da hält man besser die Taschentücher bereit.

Das stetige Nebeneinander von Komik und Tragik, von schwarzem Humor und Warmherzigkeit macht Happy Happy zu einem der speziellsten und berührendsten Filmen der letzten Jahre. Das Tüpfelchen auf dem i ist schliesslich das Sängerquartett Lucky Four, das mehrfach mit Gospelsongs und Spirituals das Durcheinander der Gefühle kommentiert. Ganz grosses Kino.


"Happy, Happy" ist auf DVD erhältlich.

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