Kino: Ai Weiwei – Never Sorry
Gregor Schenker - Die Dokumentarfilmerin Alison Klayman hat den chinesischen Künstler und Aktivisten Ai Weiwei drei Jahre lang begleitet. Daraus ist ein spannendes Porträt nicht nur des Künstlers, sondern auch der politischen Situation in China geworden.
Nebenher rollt Klayman seine Biographie auf: Die Kindheit während der Kulturrevolution (sein Vater fällt als Poet in die Hände der Revolutionäre). Das Kunststudium in New York (er gehört zur ersten Generation von Studenten, die das kommunistische China verlassen dürfen). Seine Rückkehr nach Hause und sein Beitrag zu einer neuen chinesischen Kunstszene. Und schliesslich sein öffentlicher Einspruch gegen die Olympischen Sommerspiele von 2008 in China, die ihn schlagartig international bekannt machen (nicht zuletzt, weil er das „Vogelnest“-Stadion mitkonstruierte).
Der Dokumentarfilm vermittelt anschaulich, wie sich bei Ai Weiwei Künstlerisches, Politisches und Persönliches verbindet. Sein Prominentenstatus als international bekannter Künstler, der regelrechte Personenkult um ihn erlaubt ihm Aktionen, für die andere eingesperrt werden. Kollisionen mit den Behörden gibt es dennoch: Eines Abends wird er von einem Polizisten am Kopf schwer verletzt. Den schuldigen Beamten haftbar zu machen, wird zu einer Odyssee durch die Behördenstellen. Trotzdem, Ai Weiwei hält sich in seinem Kampf gegen die Ämter penibel an die gesetzlichen Vorgaben, um den Wahnwitz und die Willkür der chinesischen Justiz blosszustellen.
Ai Weiweis Werdegang der letzten Jahre wäre nicht denkbar ohne Soziale Medien. Nachdem sein Blog verboten wird, wendet er sich per Twitter an seine Fans. Jede politische Aktion wird sofort getwittert, inklusive Bilder. Es wird aber auch nicht verschwiegen, dass Ai Weiwei genau so von der politischen Öffnung der letzten Jahrzehnte profitiert. In den Achtzigern wäre sein jetziges Tun unmöglich gewesen.
Dennoch hat China noch einen langen, langen Weg vor sich: Schliesslich wird der Künstler doch noch verhaftet, unter anderem wegen angeblicher Steuerhinterziehung, Pornografie und Bigamie. Er wird zwar freigelassen, aber mit einem Redeverbot gestraft. Bis heute darf er das Land nicht verlassen. Ein bestürzendes Ende für den Film.
Bewertung: 4 von 5
- Titel: Ai Weiwei: Never Sorry
- Land: USA
- Regie: Alison Klayman
- Verleih: Look Now!
- Start: 13. September 2012