Und wehe, es ist die Landeslotterie!
Marco Büsch - Wenn man Anrufe bekommt von unbekannten Teilnehmern und sie nicht entgegen nehmen kann. Und das um 8:30 Uhr morgens. Wer ruft um diese Zeit schon an? Das muss doch ein Notfall sein!
1. Es könnte jemandem aus der Familie etwas passiert sein und jemand anderes ruft jetzt von dessen Handy aus die „zuletzt gewählte Nummer“ an. Völliger Blödsinn, die anrufende Nummer war ja unbekannt.
2. Es könnte einem guten Freund oder einem Kumpel etwas passiert sein. Kann aber auch verworfen werden, weil siehe Punkt 1.
3. Es könnte ja die Polizei sein oder ein Krankenhaus. Aber die würden sicher mit einer leichter zu merkenden Nummer anrufen und nicht von einem Handy aus. Und überhaupt, bei einem Notfall ruft man doch nicht nur einmal an. Nicht einmal den öffentlichen Betrieben traue ich so etwas zu. Und denen traue ich so einiges zu.
4. Vielleicht habe ich letztes Wochenende jemandem meine Nummer gegeben. Wobei ich zwar Alkohol konsumiert habe, aber nicht in solch rauen Mengen, dass ich mich nicht daran erinnern könnte. Und wenn schon, warum ruft man dann um 8:30 Uhr morgens an?
5. Vielleicht ein Kumpel von mir, dessen iPhone kein Akku mehr hat. Soll ja vorkommen bei iPhones. Und der ruft jetzt von einem anderen Handy aus an. Ist jedenfalls schon vorgekommen
6. Vielleicht wollte mir jemand endlich ein gut bezahltes Praktikum bei einer grossen Zeitung anbieten. Oder gleich eine Kolumne auf der ersten Seite. Vielleicht hätte ich doch abnehmen sollen.
7. Vielleicht war es aber auch einfach die deutsche Landeslotterie. Die haben ja nichts Besseres zu tun, als immer zu den ungünstigsten Zeiten anzurufen. Vielleicht nun auch auf Handys. Könnte ja sein. Ich habe letztens auch meinen ersten SMS-Spam bekommen. Nein, ich will kein Viagra. Auch wenn Bruce Willis ebenfalls Viagra nimmt, wie in diesem SMS erwähnt wurde. Ich schiesse ja auch niemanden über den Haufen, nur weil Bruce Willis das in seinen Filmen so macht.
Ungeduldig sass ich fast zwei Stunden auf meinem Stuhl in diesem kleinen Raum und konnte mich kaum konzentrieren. Das erste Mal bereute ich, dass ich damals gegen eine Zwischenpause nach 45 Minuten gestimmt habe. Bin ja kein Raucher. Ich beruhigte mit damit, dass von meiner Liste Nummer 5 am wahrscheinlichsten war. Insgeheim dachte ich aber immer, es wäre etwas von 1-3. Oder gar 6. Nummer 6 hätte mich am meisten gereut. Nur weil ich nicht vorzeitig aus dem Raum rennen wollte, verpasste ich nun die Chance meines Lebens.
Nun denn, die fast zwei Stunden gingen vorüber und ich hastete hinaus und hörte sofort meine Combox ab: Ein lautes Piepen. Ich war leicht verwirrt, rief aber sogleich die unbekannte Nummer an und eine junge Frau hob ab. In breitestem Berndeutsch machte sie mir klar, dass sie keine Ahnung habe, wer ich sei noch warum ich anrufe. Aber sie hatte doch angerufen? Nein, hatte sie nicht, versicherte sie mir. Wir legten beide auf, beide mit der leichten Angst, der andere könnte ein Stalker sein oder sonst so etwas Psychopathisches. Auf eine Weise war ich erleichtert, aber es war irgendwie doch nicht so das gewesen, was ich erwartet hatte. Allerdings eines habe ich gelernt: Ich bin nicht gemacht für unbekannte Anrufe während einer Vorlesung. Das endet sonst irgendwann in Panikattacken. Und das mag ich nicht.