Kino: Dead Fucking Last
Marco Büsch - Eine aus den 80er-Jahren rübergerettete Velokurier-Genossenschaft bekommt plötzlich Konkurrenz und kriegt es mit dem freien Markt zu tun, was einiges an Aufruhr in ihr Leben bringt. Das klingt im Ansatz komisch, ist es in der Praxis jedoch nur bedingt. Trotz gutem Cast.
Das funktioniert auch wunderbar, bis mit den „Girls.Messengers“ harte Konkurrenz auf den Plan tritt: Eine Truppe von hübschen, toptrainierten jungen Frauen, welche per GPS ihre Ziele erreichen und auch vor einem schicken Internetauftritt oder einer gut geführten Werbekampagne nicht zurückschrecken. Das überrumpelt die älteren Herren der „Genossenschaft“ natürlich gewaltig, welche immer noch mit den gleichen Göpeln von früher herumfahren und alle Strassen der Stadt im Kopf auswendig wissen. Es beginnt ein harter Konkurrenzkampf, den die „Genossenschaft“ zusehends verliert. Schon bald stehen sie nahe am Bankrott. Aber so leicht geben die alten „Genossenschafter“ nicht auf, denn schlussendlich heisst es immer noch: „Alle für einen, einer für alle!“
DFL versucht diesen ganz eigenen Kosmos der Zürcher Velokuriere auf Film einzufangen und teilweise gelingt das auch wirklich, allzu oft sind die Gags aber zu platt, der Plot zu einfach gestrickt und die Figuren zu eindimensional gezeichnet. Wenn zum Beispiel der Hauptdarsteller Tom ausgerechnet mit seinem Velo der Chefin der Konkurrenz vor ihren Killerchlapf fährt und sich daraus dann eine Affäre ergibt, dann ist das einfach zu einfach. Das ist nicht einmal ein müder Lacher wert, sondern einfach nur todlangweilig, sowie es auch die Charakterzeichnungen sind.
Wenn Ritzel zum x-ten Mal irgendetwas anzünden will oder sich gegen den Kapitalismus ausspricht, dann ist das einfach nur ermüdend. Vielleicht bin ich in der falschen Generation geboren und frühere Semester finden das urkomisch, aber ich finde diese Art von Überzeichnung unglaublich bemüht und anstrengend.
Sowie auch Mike Müllers Rolle. Wieso muss der eigentlich in Komödien immer das kleine Tubeli spielen? Aber er scheint ein bisschen auf das abonniert zu sein, irgendwie schade. Im allgemeinen finde ich es bedauerlich, dass der stringente rote Faden für ein paar lausige Gags und pseudolustige Szenen geopfert wurde.
Dabei könnte DFL so gut sein, denn die Thematik hätte sicherlich Potential gehabt. Das schimmert auch in den spärlich gesäten guten Szenen durch, die wirklich für einen Lacher gut sind, wie zum Beispiel, wenn die ganze Genossenschaft zusammen am essen ist und Tom zu Ende hin fragt, wer denn jetzt abwäscht und alle sich sofort mit fadenscheinigen Ausreden aus dem Staub machen. Warum so viele bemühte Gespräche über Sinn und Unsinn von Sozialismus und Kapitalismus einbauen, wenn eine so kleine Szene wunderbar aufzeigt, woran der Sozialismus meistens scheitert: Es bleibt halt meistens doch nur bei einer für alle.
Während ich an DFL inhaltlich kaum ein gutes Wort lassen kann, spielen die Darsteller allesamt recht ordentlich und auch technisch fällt kaum auf, dass es sich um eine Low-Budget-Produktion handelt (ausser die Musik, welche teilweise gar unpassend gewählt ist).
DFL hätte ein lustige Film sein können, die Thematik jedenfalls passte. Die Herangehensweise hätte dafür aber ein bisschen subtiler sein müssen. Was aber herausgekommen ist, ist ein Film über einen Haufen alter Männer, welche sich peinlich benehmen und damit ist nicht lustig peinlich gemeint, sondern einfach nur peinlich peinlich. Die Fremdscham-Gefahr ist bei diesem Film besonders hoch, dabei wäre es doch möglich gewesen ein bisschen weniger verkrampft unverkrampft mit dem Thema 80er-Jahre und Genossenschaften umzugehen. Nun ja, diese Chance wurde vertan und der Schweizer Film ist wieder um eine unlustige Komödie reicher.
Bewertung: 2 von 5
- Regie: Walter Feistle
- Cast: Michael Neuenschwander, Mike Müller, Markus Merz
- Filmstart: 27. Dezember 2012
- Vorstellungen: hier
Ein Honorar fürs Zeichnen kriegen, schön wärs. Dafür verbietet mir auch keiner, in den Kommentarspalten zu schreiben (was auch etwas seltsam wäre).
Wohlgemerkt: Ich kritisiere die Filmemacher ja nicht dafür, für wen sie arbeiten, sondern für das, was dabei rausschaut.
Und wenn sich jemand derart über die Kritik an "Dead Fucking Last" aufregt, scheint sie ebenfalls einen Kern zu treffen, ob fundiert oder nicht (ich meine, Lob muss man anscheinend auch nicht fundieren, gell).
"Junges modernes Kino", ich glaube, es hackt. "Off Beat" zum Beispiel ist junges modernes Kino aus der Schweiz. "DFL" ist bemühte Spiesserkacke, der man jede Sekunde anmerkt, dass sie von alten Säcken ab 40 gedreht wurde. Das eine oder andere "fuck" macht noch keinen frechen Film.
Die drei Hauptdarsteller sind rasend komisch und allein für dieses Trio lohnt sich der Kinobesuch schon. Auch Roeland Wiesnekker ist extrem cool als fieser Bösewicht. Also, ich hab mich bestens unterhalten und kann den Film mit gutem Gewissen weiterempfehlen.