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20. Februar 2013, 07:56 Kolumnen

Aus Alfredos Heimat

Marco Büsch - Ein lehrreiches Mittagessen neben Nella Martinetti und Tante Martha aus „Fascht ä Familie“: Das gibt es nur in der Silberkugel. Gutes Essen aber auch bei Alfredos.

Letztens ging ich wieder einmal über Mittag in die Silberkugel essen und setzte mich auf einen der letzten freien Plätze. Wie das so kommt, wenn man ein bisschen länger auf sein Silberbeefy mit Käse warten muss, lauschte ich ein bisschen den Gesprächen um mich herum. Linkerhand sassen zwei ältere Damen, von denen eine aussah wie Nella Martinetti (Gott habe sie selig) und die andere wie Tante Martha aus „Fascht ä Familie“ (Gott habe Martin Schenkel selig). Sie waren anscheinend Arbeitskolleginnen, denn es wurde viel über die Arbeit gemotzt, aber eigentlich mehr über eine ihrer Arbeitskolleginnen, eine gewisse Henriette. Die rede immer so viel. Nella meinte dann, Henriettes Mann, der Heiri, sei viel angenehmer, der lege sich – wenn er bei ihnen zu Besuch sei – immer nach einer Stunde kurz auf’s Sofa und schlafe dann ein. So einer ist der Heiri, ein ganz Feiner. Nicht so eine Quasselstrippe wie die Henriette. Die wollte sie, die Nella und ihren Mann, doch tatsächlich in ein Restaurant einladen, zu einem Mexikaner. Oder zu einem Thailänder. Nella schnaubte, sie esse doch nicht so einen ausländischen „Saugrümpel“! Lieber esse sie im „Leuen“, ihrer Dorfbeiz. Und das wisse die Henriette ganz genau. Ich dachte so ganz leise bei mir, dass der Silberbeefy mit Käse jetzt auch nicht gerade das Allerschweizerischste ist.

Aber an der währschaften Schweizer Küche ist wirklich nicht viel auszusetzen. Als Geheimtipp sei hier das Restaurant „Utoburg“ bei der S-Bahnstation Binz zu nennen: Eine nette Bedienung, faire Preise und feines Essen. Und jeden Abend ungefähr die gleichen fünf Nasen, die um einen Tisch sitzen und ein Bier nach dem anderen in sich hineinkippen. Eine richtige Dorfbeiz halt und das mitten in der Stadt; wunderbar. Der Nella könnte ich die Beiz aber wahrscheinlich trotzdem nicht schmackhaft machen, denn seit Alfredo der neue Koch in der „Utoburg“ ist, wurde auch die Speisekarte entsprechend angereichert. Es gibt zwar immer noch die gleichen Speisen, aber nun auch noch Gerichte „aus Alfredos Heimat“. Und das sind nicht etwa Spaghetti, Pizza und Gnocchi, sondern Lammcurry, Gemüsecurry und Pouletcurry. Ich bin wirklich kein Ethnologe (oder welchen Studiengang man dazu auch immer belegt haben muss), um das zu wissen, aber ich denke, es handelt sich bei Alfredo um einen Inder. Oder zumindest ist er ungefähr von diesem Teil der Erde. Und Nella hätte da wohl ernsthafte Probleme damit. Aber ausser der Nella würde ich die „Utoburg“ also jedem wärmstens weiterempfehlen, sie haben sogar einen Jassteppich auf einem der Tische, falls jemandem danach ist.

Abschliessend möchte ich noch erwähnt haben, dass ich es durchaus auch gerne mal ein bisschen schweizerischer mag, es muss ja nicht immer alles so international sein. Als ich nämlich in der Silberkugel vor der Kasse anstand, redeten zwei Anzugmenschen vor mir nonstop über den Yen-Wechselkurs und wie viele Wochen denn der letzte Japanbesuch schon wieder zurückliege. Weisst du, wegen dem Globalmiddleupperhedgefundleerverkaufzinsguthabendefizit. Um das zu regeln. Nein, weiss ich nicht. Hört bitte auf, sonst werde ich noch zum Globalisierungsgegner wie die Nella. Da halte ich es eher ein bisschen wie die Occupy-irgendwas-Leute: Mit so einem „Saugrümpel“ mag ich mich nicht auseinandersetzen. Ich esse lieber Lammcurry bei Alfredo.

Kolumne auf ronorp.ch

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