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20. März 2013, 00:00 Movie

Kino: Himmelfahrtskommando

Joel Walder - Mit seinem Erstling "ZuFallBringen" gelang Regisseur Dennis Ledergerber ein Achtungserfolg. Mit "Himmelfahrtskommando" wollte er nun nach den Sternen greifen. Nur geklappt hat’s nicht so richtig.

Ich kann es gleich vorwegnehmen: Himmelfahrtskommando ist kein guter Film. Ein arroganter Einstieg, ich weiss, doch es sollte nicht allzu schwer fallen, diese Behauptung zu stützen. Der Film hat mehrere Probleme, die einem über die gesamte Spielzeit hinweg regelrecht auf der Nase herumtanzen.

Gottlingen ist ein verträumtes Dorf, das unter finanziellen Nöten leidet. Dann jedoch zieht eine amerikanische Sekte ein, die für ihre Unterkunft bereitwillig horrende Summen hinblättert und somit gleich mehrere anstehende Projekte der Gemeinde quersubventioniert. Nun kommt es, dass die Bande in ihrem VW-Buss singend in den Tod fährt – die Bremsen scheinen versagt zu haben – und sich die Gemeindeversammlung einhellig dafür entscheidet, die restlichen Koffer voll Geld, die noch im Haus der Sektierer gefunden werden, in den kränkelnden Haushalt zu integrieren, um Sportplatz und Altersheim zu sanieren.

Kompliziert wird es, als weitere Sektenmitglieder ankommen, um ihre Genossen zu suchen und die Dorfbewohner sich in einem Netz von Lügen und Gaunereien verfangen. Klingt möglicherweise lustig, ist es aber nicht. Der Plot mag zwar einigermassen wendungsreich sein (und unlogisch, was mich aber nicht störte), das Drehbuch ist aber schwer zu verdauen. Es erweckt den Eindruck, als ob die Autoren die leicht surreale Geschichte mit frischen, teilweise überspitzten Dialogen unterstreichen wollten. Bis auf wenige Ausnahmen (eine, glaube ich) schiessen die Pointen aber ins Leere und die gekünstelt wirkenden Dialoge schwanken zwischen durchschnittlich-unangenehm bis schlichtweg nervig. Dazu kommt, dass die meisten Figuren grob an Glaubwürdigkeit mangeln. So zum Beispiel der Bauerngehilfe aus Russland, der wohl den harten Kerl markieren soll, aber mehr nach Stadthipster mit aufgemalten Tattoos aussieht.

Organisiert ist die Geschichte in einer einigermassen komplexen Rückblenden-Struktur, die immer wieder neue Informationsschnipsel serviert und auch für die eine oder andere Überraschung gut ist. So erfährt der Zuschauer zum Beispiel erst gegen Schluss, von wo die Sekte überhaupt so viel Geld hat. Auch die Identität und Motivation zweier vermummten Gestalten, die in einer nächtlichen Aktion Hühner vergiften gingen, wird erst im Nachhinein gelüftet. Diese Verschachtelung der Narration kippt zwar irgendwann von komplex zu verwirrend, stellt aber das Highlight des Filmes dar.

Die wohl grössten Probleme sind auf technischer Seite zu suchen. Der Film wirkt schlichtweg unfertig. So, als ob dem Team mitten in der Postproduktion das Geld ausgegangen wäre. Die Tonspur zum Beispiel wurde zwischen vielen Einstellungen schlecht abgemischt, sodass die Tonperspektive hin- und herspringt und die Lautstärke der Hintergrundgeräusche und Dialoge von Schnitt zu Schnitt sprunghaft wechselt. Ausserdem werden Szenen ständig ein- und ausgeblendet, sodass man während der gefühlten Hälfte des Filmes auf eine schwarze Leinwand starrt. Auch diese Übergänge sind manchmal schlecht ausgeführt. In einem Fall blendet der Ton gleichzeitig mit dem Bild ein, sodass eine Zeile Beat Schlatters zur Hälfte unverständlich ist. Das gibt dem ganzen Werk einen provisorischen Charakter.

Man muss den Filmemachern zugutehalten, dass sie mit einem Budget von weniger als 100‘000 Franken in knapp dreissig Tagen den kompletten Film abgedreht haben. Die berühmteren Schauspieler wie Andrea Zogg und Walter Andreas Müller verzichteten auf eine Gage. Das ist zwar sympathisch, ändert aber nichts daran, dass der Film auf einem unreifen Drehbuch basiert und formal wie ein „work in progress“ erscheint.

Man wünscht dem Jungregisseur Dennis Ledergerber und seinen Kollegen beim Nächsten Mal mehr Erfolg.

Bewertung: 1.5 von 5

  • Titel: Himmelfahrtskommando
  • Land: Schweiz
  • Regie: Dennis Ledergerber
  • Drehbuch: Dennis Ledergerber, Stefan Millius
  • Darsteller: Walter Andreas Müller, Beat Schlatter, Andrea Zogg, Isabelle Flachsmann
  • Verleih: Movie Biz GmbH (Jonas Frei)
  • Start: 21. März 2013
Fotos von Movie Biz GmbH
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