Kino: Paul Bowles - The Cage Door is Always Open
Gregor Schenker - Daniel Youngs Dokumentarfilm "Paul Bowles - The Cage Door is Always Open" erzählt vom Leben eines Künstlers, der ein interessantes Werk und eine spannende Biographie hinterlassen hat.
Bowles starb einige Monate später, Young hingegen verbrachte ganze vierzehn Jahre damit, Recherchen über das Leben des Künstlers anzustellen und Kollegen wie Gore Vidal, Bernardo Bertolucci und John Waters vor die Kamera zu holen, damit sie ihm etwas über den Mann erzählen. Natürlich kommen auch Bowles-Experten aus verschiedenen Fachrichtungen zu Wort.
Der Dokumentarfilm wickelt sich an Bowles’ Biographie entlang ab: 1910 geboren und in strengem Hause aufgewachsen, flüchtet er sich in die Künstlerszene New Yorks, wo er sich in den 1930ern einen Namen als Komponisten macht. Er reist nach Europa und in der halben Welt herum, bis er auf Empfehlung seiner Mentorin Gertrude Stein Tanger besucht. Er lässt sich mit seiner Frau Jane dauerhaft in der Stadt nieder, schreibt mit The Sheltering Sky seinen ersten (und bald weltberühmten) Roman und beschäftigt sich eingehend mit der marokkanischen Kultur.
Truman Capote, William S. Burroughs oder Allen Ginsberg besuchen ihn in Afrika, Tanger wird zum Geheimtipp unter Beatniks; am Ende folgen ganze Horden von Hippies. Derweil dokumentiert Bowles in Marokko volkstümliche Geschichten und Musik, um sie für die Nachwelt zu erhalten.
Die Aufzählung an Infos, Fotos, Archivaufnahmen und Interviews wird aufgelockert durch Ausschnitte aus Bertoluccis Verfilmung von The Sheltering Sky (mit John Malkovich in der Hauptrolle) und aus David Cronenbergs Kultstreifen Naked Lunch (in dieser freien Adaption des William-Burrough-Romans spielt das Ehepaar Bowles eine bedeutende Nebenrolle). Auf der Tonspur sind zudem zahlreiche Beispiele aus Bowles’ musikalischem Schaffen vertreten.
Besonders spannend sind die animierten Zwischensequenzen, die die Jungkünstler Robin Bushell und William Crook in gerade mal sechs Wochen zustande gebracht haben. Die wilde Mischung aus Knetgummi-Stop-Motion, Zeichentrick und Fotocollage (mitunter frech und obszön) sprüht vor Einfallsreichtum.
Paul Bowles: The Cage Door is Always Open bietet einen handlichen Überblick über Bowles' Leben und Werk. Und man wird auf einen Künstler aufmerksam gemacht, der heutzutage wenig bekannt ist, aber verdient hat, dass man sich mit ihm beschäftigt.
Bewertung: 4 von 5
- Titel: Paul Bowles: The Cage Door is Always Open
- Land: Schweiz/Marokko
- Regie: Daniel Young
- Drehbuch: Daniel Young
- Verleih: Look Now!
- Start: 4. April 2012