10 Jahre Caprices Festival
Michael Heger - Am Caprices Festival in Crans Montana treffen elektronische Klänge auf akustische, Skifahrer auf Clubber und kiffende Hip-Hop-Stars auf pflichtbewusste Walliser Polizisten.
Björk live
Wir entschieden uns zum Einstieg für den verträumten Avantgarde-Pop der isländischen Sängerin Björk. Die Sängerin, Songwriterin und Schauspielerin ist bekannt für ihren experimentellen Umgang mit Elementen aus Popmusik, Elektronik, klassischer Musik und Jazz. Mit einem 14-köpfigen Frauenchor, eigens entwickelten Instrumenten, einer elektronischen Orgel, mit einem Schlagzeuger und vielen elektronischen Spielereien gestaltete Björk mysteriöse und hypnotische Klangbilder zwischen Noise und elfenhaften Sounds.
Björks eindrucksvolle Visuals sollten am gleichen Abend von Amon Tobin in den Schatten gestellt werden. Der brasilianische Klangtüftler entwickelte mit „Isam“ ein audiovisuelles Gesamtkunstwerk, welches viele offene Münder zurückliess. Der Versuch, dieses Projekt in Worte zu fassen, ist von vorne herein zum Scheitern verurteilt. Dem interessierten Leser sei deshalb ein Liveausschnitt von seinem letztjährigen Auftritt in Graz ans Herz gelegt.
Ein Highlight des Festivals war das Konzert der britischen Trip-Hop-Pioniere Portishead. Beth Gibbons und ihre Mitstreiter zeigten eine umfassende Retrospektive ihres Schaffens. Auf ruhige Klänge wie im wohl traurigsten Lied der Welt, „Roads“ traf das brachiale Stampfen und Dröhnen eines „Machine Gun“, immer getragen von der warmen, eindringlichen Stimme Beth Gibbons. Am Schluss blieb die Erkenntnis, dass Portishead wohl nicht die ideale Festivalband ist. Zu mitreissend, zu berührend, schlicht zu ergreifend war das Konzert gewesen, um die aufgebaute Stimmung anschliessend durch andere Klänge „verderben“ zu lassen.
Beth Gibbons (Portishead) live
Wer jedoch nur die Konzerte in der Stadt selbst besuchte, verpasste einen der Höhepunkte des Festivals. So setzte sich der wagemutige Club-Gänger bereits um 12 Uhr mittags neben dem Skifahrer in die Gondel auf den Cry d’Err, wo ihn inmitten der imposante Walliser Bergewelt auf über 2200 Metern Höhe die Beats von Elektronik-Grössen wie Carl Craig, Henrik Schwarz oder Ricardo Villalobos erwarteten. Eindrücke dazu findet Ihr im Artikel von Daria Kocher.
Für eine amüsante Randnotiz sorgten am letzten Festivalabend Cypress Hill. Die bekennenden Verfechter üppiger Sportzigaretten stellten ein Video online, das sie in ihrem Hotelzimmer bei ihrer Lieblingsbeschäftigung zeigt. Die Walliser Polizei zeigte sich darüber wenig erfreut und stattete der Band daraufhin in ihrem Hotelzimmer einen Besuch ab. Für kurze Zeit soll das Konzert sogar auf der Kippe gestanden haben. Schlussendlich ging jedoch alles planmässig über die Bühne.
Rund 60 000 Besucher fanden dieses Jahr den Weg in die Walliser Bergwelt. Damit hat sich das Winter-Festival als eines der grössten seiner Art in der Schweizer Festivallandschaft etabliert. Die Veranstalter lassen durchblicken, dass das Caprices Festival 2014 wohl an drei aufeinanderfolgenden Wochenenden jeweils Donnerstag, Freitag und Samstag stattfinden wird.